Computer- und Software-Händler versorgen ihre Kunden im günstigen Fall mit Informationen zu den Fähigkeiten, Funktionen und Potenzialen ihrer IT-Lösung. Aber auch Informationen über die Anzahl der Nutzer, finanzielle Vorteile und Händlergröße sollen die Entscheidung beeinflussen. Angeboten wird oft "die perfekte Lösung des führenden globalen Anbieters". Keine der zur Verfügung gestellten Informationen beantwortet jedoch in der Regel die Frage des Mehrwertes der angebotenen Lösung.
Es gibt viele technische Lösungen, aber nur eine, die die Bedürfnisse des Unternehmens optimal erfüllt. Firmen verwenden mit der Suche, dem Verstehen und der Zielausrichtung viel Zeit und Ressourcen beim Kauf einer IT-Lösung. Wie viel Aufwand Unternehmen betreiben, um aus vielen Angeboten das für sie optimal geeignete zu finden ist nicht bekannt. Noch wichtiger ist, dass der Prozess des Findens, der Evaluation und Auswahl der richtigen Lösung immer noch nicht das Geschäftsproblem gelöst hat - es ist nur der erste Schritt.
Schmalere Budgets, längere Verkaufszyklen und höhere Vertriebskosten
Für die Anbieter bedeutet eine Falschausrichtung schmalere Budgets, längere Verkaufszyklen und höhere Vertriebskosten. Die IT-Ausgaben werden in Europa 2006 gegenüber 2005 lediglich um 1,6 Prozent steigen. Das Finden von Budgets ist schwer genug, jetzt müssen die Anbieter ihre Angebote auch noch an unterschiedliche Adressaten richten. Ihre Botschaften müssen sowohl die IT- als auch die betriebswirtschaftlichen Fachleute verstehen. Das kostet nicht nur Zeit. Händler sind heute gezwungen, mehr in Beratungskräfte zu investieren, um den erweiterten Entscheiderkreis richtig anzusprechen.
Investitionsbereitschaft mit Hindernissen
In dem Maße wie Unternehmen den wirtschaftlichen Wandel beschleunigen wollen, steigt die Interdependenz ihrer zugrunde liegenden Geschäfts- und IT-Prozesse. Den Firmen ist der "Missklang" zwischen IT und Geschäftszielen klar geworden, und sie versuchen, wo möglich, die Lücke zwischen IT- und Geschäftverständnis zu schließen. Dabei gibt es allerdings signifikante Hindernisse.
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Bereiche für Vendor-Management wachsen. Unternehmen bauen ihre internen Abteilungen für den Umgang mit IT-Dienstleistern stufenweise aus - nicht nur, um Einsatz und Lösung zu managen, sondern vor allem zur Beschaffung und Vertragsverhandlung. Gleichzeitig wird deren Verantwortung vergrößert, sie reicht von Hardware-Vertragsverhandlungen bis hin zur Netzwerk- und Software-Kontrolle.
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Mangel an Geschäftskompetenz in den IT-Abteilungen. Forrester hat 48 europäische Unternehmen danach befragt, welche IT-Kompetenzen gestärkt werden sollten. 40 Prozent gaben betriebswirtschaftliche Fähigkeiten an. 33 Prozent beklagen, dass an den Universitäten dieses Wissen nicht ausreichend vermittelt wird, 38 Prozent sind der Meinung, dass betriebswirtschaftliches Know-how in den Lehrstoff aufgenommen werden sollte.
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Bewertung von "Geschäftsfällen". Wie Forrester unter anderem bei der Bewertung von Business Cases, die von der IT-Abteilungen erstellt wurden, festgestellt hat, sind diese häufig reine Bewertungen von Funktionen und Kosten. Jedoch gab es keine Verbindung zu dem, was das Unternehmen damit erreichen wollte.
Die Anbieter haben bisher beim Lösungsverkauf mit dem IT-Bereich des Käufers kommuniziert. Als hauptsächliche Informationsquelle über die Lösung und deren Rechtfertigung im eigenen Betrieb dienten den IT-Bereichen die vollmundigen "Werbebotschaften" der Anbieter - und diese stießen auf Unverständnis im übrigen Geschäftsbereich. Die "Wichtigkeit" von IT-Botschaften richtet sich jedoch danach, wie weit die Hauptzielgruppen diese Message verstehen.
Aussagen wie "IEEE 803.11b-kompatibel" oder "CMM Level 5-zertifizierter Software-Entwicklungsprozess" erschließen sich zwar dem Fachmann, werden aber von den Wirtschaftsbereichen des Unternehmens weder verstanden, noch wird der Nutzen dieser Eigenschaften für das Kerngeschäft ersichtlich. Wenn ein Software-Entwickler den Vorteil - wie Zeitersparnis oder erhöhte Produktivität - nicht beweisen kann, ist diese Art von Marketing-Aussage wertlos. Der Sinn und Wert einer Lösung muss sich also allen erschließen und nicht nur für eine kleine Zielgruppe formuliert werden.
Als ein Ergebnis der wachsenden Interdependenz von Geschäft und IT ist die Zielgruppe für eine IT-Lösung nicht mehr die IT-Abteilung allein. Das bedeutet, dass der traditionelle technische Ansatz für die Mehrheit der Entscheider, die aus anderen Bereichen in den Prozess der Initiierung des Projekts, der Lieferantenauswahl und der Freigabe der Mittel einbezogen werden, sinnlos ist. Während sich der Einfluss anderer Geschäftseinheiten auf IT-Infrastruktur-Ausgaben in den vergangenen beiden Jahren verringert hat, ist dieser bei Fragen der Wahl der Applikation stabil geblieben. Das ist nicht verwunderlich, schließlich haben sie auch einen direkten Einfluss auf Geschäft und Erlöse. Die IT muss lernen, in Geschäftsbegriffen zu denken und zu handeln, dann werden Ausgaben, Argumente und Folgen auch für Dritte klar und nachvollziehbar.
Im Zusammenspiel der Unternehmensbereiche kann die Übersetzung von technischen Aspekten nicht die alleinige Aufgabe der Firma sein. Der Anbieter ist gefordert, seine Aussagen allgemein verständlich zu formulieren und den Nutzen nicht durch Schlagworte, sondern beispielsweise im Piloteinsatz nachzuweisen. Der Unternehmer ist bereit zu zahlen, aber nicht für "Werbung" und Vertriebskosten, sondern für den Mehrwert einer Lösung.
Pascal Matzke und Norbert Kriebel sind Principal Analysts bei Forrester Research.