Die Diskussion über Lizenzmodelle für die virtualisierte Umgebung beunruhigt Kunden und Anbieter gleichermaßen. Keine der beiden Parteien hat das Gefühl, ausreichend informiert zu sein. Während Anwenderunternehmen virtualisierte Lizenzen als Möglichkeit zur Neuordnung der Datenverarbeitung und zur Senkung der Software-Kosten ansehen, erkennen die Hersteller die gesteigerte Funktionalität als Weg zur Positionierung eines neuen Nutzens, der einen höheren Preis rechtfertigt. Dieses Dilemma kann nur durch einen neuen Standard gelöst werden, der auf magische Weise das Preis-Nutzen-Verhältnis in eine akzeptable Relation bringt. Leider ist dies nicht kurzfristig zu erwarten, sodass die Konfusion über die richtige Einschätzung von Preis und Leistung wahrscheinlich noch größer wird und zusätzliches Chaos verbreitet.
Anbieter gegen simple Lizenzmodelle
Ein einfacher Vergleich demonstriert, warum die Verwirrung anhalten wird: Nehmen wir an, Sie gehen in den Baumarkt, um einen Hammer zu kaufen, mit dem Sie ein Haus im Wert von 200 000 Euro bauen wollen. Es gibt einige Hämmer zur Auswahl, von denen jeder besondere Fähigkeiten verspricht. Sie entscheiden sich für den Hammer, der Ihre Anforderungen erfüllt, zahlen den ausgezeichneten Preis und verlassen das Geschäft. Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie mehr für den Hammer bezahlen, wenn Sie sich entscheiden, ein 900 000-Euro-Haus damit zu bauen.
Bei Software-Lizenzen hingegen versucht der Anbieter, den Preis an den erzielten Nutzen/Wert anzugleichen. Wenn also Software auf immer unterschiedlichere Art und Weise eingesetzt wird, sorgt diese Praxis dafür, dass die Nachfrage nach komplexeren Preismodellen steigen wird.
Überwachungs-Tools fehlen
Das wahrscheinlich wichtigste Hindernis für die virtuelle Lizenzierung ist das Fehlen der erforderlichen Werkzeuge zur Überwachung von Nutzung und Service Levels. Wenn der wahrgenommene Wert (und damit auch der Preis) von einer genaueren Analyse der genutzten Kapazität und Services abhängt, brauchen die Kunden automatisierte Tools, die eine Messung der Auslastung ermöglichen. Wenn zum Beispiel von IBM entwickelte Software-Tools, die Utilization Devices, bereits auf Mainframes eingesetzt werden als Voraussetzung für bestimmte Infrastruktur-Lizenzmodelle von IBM, so ist die allgemeine Lösung für unabhängige Software-Anbieter noch lange nicht klar. Zahlreiche wettbewerbsrechtliche, politische und sicherheitsbezogene Fragen müssen noch geklärt werden.
Menge und Art der durch diese Tools erhobenen Informationen lösen eine Vielzahl von Anschlussfragen aus: Können die Instrumente von IBM als Vorbild für Standard-Tools herangezogen werden? Was passiert, wenn jeder Anbieter seine eigenen Tools entwickelt? Was folgt, wenn solche Tools auch für die Nutzungsdaten von Konkurrenzprodukten verwendet werden können? Selbst wenn sich hieraus ein Standard entwickelt, wer zahlt denn dann für die weitere Entwicklung und Wartung dieser Tools? Bis dahin wird der Markt von diversen Tools gekennzeichnet werden, die jeweils verstanden und abgewogen werden müssen und auf ihre Eignung für das Asset-Management und ihre Kostenwirkung geprüft werden sollten.
Newcomer ohne traditionelle Lizenzmodelle können die Modelle für virtuelle Maschinen optimal entwickeln. Selbst wenn Sie nicht mit einem dieser Anbieter verhandeln, lohnt sich der Blick auf diese Lizenzmodelle, um die möglichen Aspekte besser zu verstehen. Die etablierten Marktteilnehmer haben versucht, ihre bestehenden Lizenzmodelle auf die virtuellen Bedürfnisse zu migrieren, um erst bei Marktreife über neue Modelle zu entscheiden. Diese Zurückhaltung ist vielfach dem mangelnden Verständnis der tatsächlichen Einsatzszenarien geschuldet sowie der Furcht, bei einem bestimmten Modell einen dramatischen Umsatzeinbruch hinnehmen zu müssen.
Anbieter herkömmlicher Systeme werden es schwer haben, die Kosten-Nutzen-Relation beizubehalten, weil die traditionellen Lizenzen anhand der Prozessorgröße und nicht anhand einer Teilnutzung eines Prozessors ausgerichtet waren. Der Einsatz eines größeren Prozessors führte automatisch zur Erhöhung der Lizenzkosten. Auf diese Weise wuchs der Umsatz des Anbieters mit dem Wachstum der Rechenressourcen des Kunden. Diese Umsatzgenerierung entfällt in einer virtualisierten Umgebung, die sich stärker an der tatsächlich erzielten Nutzung ausrichtet.
Kein Anbieter wird virtuelle Lizenzierung einsetzen, wenn dies den Umsatz reduziert. Deshalb ist zu erwarten, dass Zusatzkosten in den einzelnen Schritten zur Virtualisierung hin eingepreist werden. Dies wird von den Anbietern durch eine Neuverpackung ihrer Angebote erfolgen, die einen direkten Vergleich erschwert. Es ist auch mit neuen Vertragsklauseln zu rechnen. Viele bestehende Verträge erlauben Kunden eine größere Flexibilität, als man in virtualisierten Umgebungen zugestehen wird. Die Anbieter erwarten, dass ohne ein automatisiertes Self-Compliance-Tool die meisten Kunden nicht in der Lage sind, die Lizenzbedingungen einzuhalten.
Leider werten einige Anbieter dies als Gelegenheit, den Umsatz durch häufigere Audits zu erhöhen. Sie könnten mehr Verantwortung auf den Kunden abwälzen, die Lizenznutzung in der virtuellen Umgebung nachzuweisen und zu vermessen.
Die richtige Verhandlungstaktik
Zunächst sollten Sie sich die Zeit lassen, alle bestehenden Lizenzoptionen sorgfältig zu vergleichen, ebenso wie die vorhandene Software mit möglichen Wettbewerbern. Sie müssen die Verwendung der Software genau kennen, um die richtige Verhandlungstaktik in einer virtualisierten Umgebung ableiten zu können. Verlangen Sie von Ihren Verhandlungspartnern Wertobergrenzen für die künftigen Vertragsverlängerungen, um auch in Zukunft die Kosten im Griff zu behalten.