Die Marketingstrategie der Smartphone-Anbieter geht offenbar auf. Nacheinander brachten RIM, HTC und Apple mit dem Blackberry Torch, dem EVO 4G und dem iPhone 4 neue Modelle auf den Markt. Verkaufsschlager sind sie offenbar allesamt. Die Verbraucher jedenfalls haben das schnelllebige Lancieren immer klügerer Mini-Computer bisher nicht satt. IDC korrigierte jetzt seine Jahresprognose für den weltweiten Smartphone-Markt deutlich nach oben. Außerdem stellen die Analysten in Aussicht, dass es im Segment der mobilen Kleincomputer in den kommenden Jahren nicht zur drögen Vorherrschaft eines einzigen Betriebssystems kommt. Der Wettbewerb bis 2014 bleibt demnach äußerst munter.
Gegenüber 2009 wird der globale Smartphone-Markt bis Jahresende laut IDC um 55,4 Prozent zulegen. Die Marktforscher korrigieren damit ihre letzte Prognose um 10 Prozent nach oben. In diesem Jahr werden somit nach IDC-Schätzung insgesamt 269,6 Millionen Smartphones verkauft. Im vergangenen Jahr griffen die Käufer 173,5 Millionen mal zu.
Ein Wachstumssegment ist der Smartphone-Markt ohnehin. Dass er jetzt noch rasanter anzieht als ursprünglich angenommen, führt IDC alles in allem auf die Einführung der drei neuen Modelle zurück. Schon für die Jahreshälfte 2010 ist gegenüber 2009 ein Zuwachs von 55,5 Prozent festzustellen. Laut IDC wurden 119,4 Millionen im Vergleich zu 76,8 Millionen Smartphones im Vorjahr verkauft.
„Das Smartphone ist der Katalysator, der hinter der Erholung des weltweiten Mobiltelefonmarktes in diesem Jahr steckt“, sagt Kevin Restivo, Senior Research Analyst bei IDC. Auch für den Handymarkt insgesamt, der 2009 noch um 2,8 Prozent schrumpfte, passte IDC seine Prognose nach oben an. Um 14,1 Prozent wächst der Gesamtmarkt in diesem Jahr laut den jetzigen Daten der Analysten – also um 1,5 Prozent mehr als noch vor einigen Monaten angenommen.
Der Smartphone-Boom hält nach Ansicht von IDC auch in den kommenden Jahren an, wenngleich er derzeit offenbar auf dem Höhepunkt ist. Für 2011 erwarten die Analysten ein Wachstum von 24,5 Prozent. Bis 2014 soll sich die jährliche Wachstumsrate auf 13,6 Prozent abschwächen – irgendwann wird auch dieser Markt halbwegs gesättigt sein.
Betriebssysteme: Platz für 5 Anbieter
In den kommenden Jahren wird es im Smartphone-Markt aber weiterhin höchst lebendig zugehen. Die Dominanz eines einzigen Betriebssystems, wie sie Microsoft mit Windows für PCs etablieren konnte, ist bei den Mini-Computern nach Ansicht von IDC nicht abzusehen. Stattdessen herrscht ein Gerangel, in dem es bis 2014 Sieger und Verlierer geben wird.
Bis zu fünf Anbieter könnten sich mittelfristig behaupten, so Restivo. Prosperieren werden in diesem Wachstumsmarkt absolut betrachtet erst einmal alle. Was die relative Marktposition betrifft, bahnt sich aber eine Wachablösung an.
RIM konnte seine Blackberrys bekanntlich zum Synonym für Smartphones überhaupt aufbauen, Apple seine iPhones zum weltweiten Kultsymbol stilisieren. Beide werden bis 2014 zu den Verlierern zählen – ebenso wie der in der breiten Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang manchmal vergessene Marktführer: die Nokia-Tochter Symbian. Diese Troika sieht sich einem Großangriff von zwei höchst gegensätzlichen Flanken ausgesetzt: von Windows Mobile des Giganten Microsoft einerseits, noch stärker aber vom freien und quelloffenen Android der Open Handset Alliance.
„Android ist die Wild Card – und verdient für den Rest dieses Jahres und in den kommenden Jahren genaueste Aufmerksamkeit“, meint Ramon Llama, Senior Research Analyst bei IDC. Die Handyhersteller würden von Android nahezu magisch angezogen, weil es ihnen die Chance zur Entwicklung eines eigenen Smartphones-Ansatzes biete. HTC und Motorola sind auf den Zug bereits aufgesprungen, laut Llamas werden Dell, Kyocera, LG Electronics und Samsung zeitnah folgen. Auch die Anwender seien schnell mit Android warm geworden, weil es im Vergleich zu iOS von Apple leicht zu handhaben sei und ein immer größer werdendes Portfolio an mobilen Applikationen biete.
Der scheinbar unaufhaltsame Siegeszug des iPhones ist demnach schon gebremst. In die alte Phalanx aus Symbian, Blackberry und Windows Mobile brach Apple einst mit Vehemenz ein. Auf Platz Vier unter den Betriebssystemen – bereits überholt von Android – wird iOS dieses Jahr laut IDC beenden – mit einem Marktanteil von 14,7 Prozent, der bis 2014 um mehr als ein Viertel auf 10,9 Prozent einbrechen wird.
Android prescht an Blackberry vorbei
Im Ranking wird das laut IDC immer noch der vierte Rang sein, aber nur noch ganz knapp hinter einem Verlierer von Gestern: Windows Mobile wird seinen Marktanteil nach Prognose der Analysten bis 2014 um 43 Prozent von 6,8 auf 9,8 Prozent ausbauen.
Marktführer bleibe auch in vier Jahren wie heute Symbian, so IDC. Der Marktanteil sinke aber in diesem Zeitraum von 40,1 auf 32, Prozent um ein knappes Fünftel. Blackberry OS verliert demgegenüber nur minimale 3,5 Prozent. 17,3 Prozent im Jahr 2014 bedeuten im Vergleich zu heute einen zwar recht konstanten Marktanteil, aber zugleich den Verlust des zweiten Rangs an den Himmelsstürmer Android. Dieses Betriebssystem kann seinen Marktanteil laut IDC von 16,3 auf 24, Prozent ausbauen – ein Wachstum um 51 Prozent.
IDC stellt seine veränderte Prognose ausführlich im "IDC Worldwide Quarterly Mobile Phone Tracker" dar.