Der Rat des Yahoo-Experten, wie der elektronische Postkasten über die Funktionen des gepriesenen Yahoo-Spam-Filters hinaus zu schützen sei, kam einer Kapitulation gleich: Zusätzlich zur "richtigen" E-Mail-Adresse, die auf alle Fälle nur vertrauenswürdigen Personen mitzuteilen sei, solle man noch eine weitere Adresse für alle übrigen Kontakte einrichten. Der Zweitbriefkasten, so der Yahoo-Mann weiter, könne, wenn er dann doch zugemüllt wäre, einfach aufgegeben und durch eine neue Adresse ersetzt werden. Darin zeigt sich zweierlei: Zum einen scheint das Vertrauen des Yahoo-Mannes in seinen eigenen Filter nur sehr begrenzt, zum anderen ist das vorgeschlagene Procedere für den geschäftsmäßigen Gebrauch völlig untauglich. Der Netzwerk-Administrator im Unternehmen hat sicher wichtigere Aufgaben, als permanent Zweitadressen einzurichten und zu löschen.
So mag der Anti-Spam-Day dem (unerfahrenen) privaten Anbieter noch die eine oder andere Anregung im Umgang mit unverlangten Werbebotschaften gebracht haben, für den betrieblichen Einsatz taugen sie kaum. Aber gerade in Unternehmen ist Spam zu einem ernst zu nehmendem Kostenfaktor geworden. Bei etwa 50 Prozent der Mails handelt es sich schon heute um unliebsame Werbebotschaften, schätzt Harald Summa, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft (eco). Allein die Übertragungskosten, die ja nicht der Spammer, sondern über die Netze und Mailserver der Internet-Service-Provider (ISP) und Unternehmen der Empfänger trägt, belaufen sich im Jahre 2003 auf geschätzte zwölf Milliarden Euro weltweit. Nicht enthalten sind in dieser Summe die Kosten, die den Unternehmen für die entgangene Arbeitszeit entsteht, die Mitarbeiter mit der Durchsicht der E-Mail-Flut verbringen.
Gesetzliche Regelungen allein, wie sie zur Zeit sowohl in der EU als auch in den USA vermehrt diskutiert und etabliert werden, reichen wohl nicht aus, um den Spam-Versendern das Handwerk zu legen. Hartnäckig halten sich auch Gerüchte, dass die ISPs selbst an der E-Mail-Flut mitverdienen. Auf einer US-Senatsanhörung etwa gab der bekennende Spammer Ronald Scelson zu Protokoll, dass hinter den Kulissen durchaus Geld an die Provider fließe. Schließlich würde der Datenverkehr über ihre Netzwerke abgewickelt, und es sei doch keineswegs plausibel, das mehr als 100 Millionen E-Mails, die Scelson nach eigenen Angaben innerhalb von 12 Stunden versendet, bei den ISPs unbemerkt bleiben könnten. Und nicht zuletzt sei es doch scheinheilig, wenn gerade große Provider, Internet-Sites und Software-Anbieter, die selbst Massen-E-Mails als bevorzugten Vertriebskanal nutzen, öffentlichkeitswirksam gegen Spam Stellung bezögen.
Was also tun? - Den Unternehmen bleibt wohl vorerst keine andere Wahl, als auf Filtersoftware zurückzugreifen. Die tröstliche Nachricht: Die angebotenen Systeme sind inzwischen so ausgereift, dass sie einen weitgehend wirksamen Schutz ermöglichen. Der hässliche Beigeschmack: Während sich die Spammer ihrer kostengünstigen Vertriebsform rühmen, bleiben die Unternehmen auf den Kosten für Software, Einrichtung und Wartung sitzen. Und für den Durchschnittsnutzer wird die Frage wohl immer unbeantwortet bleiben, wer um Gottes Willen die Spammer dafür bezahlt, ihre millionenfachen Angebote für Penisverlängerungen, Brustvergrößerungen oder sofortige Sex-Kontakte in Umlauf zu bringen. Dass deren Rechnung aufgeht, ist eigentlich nur schwer vorstellbar.