Notes und Connections gehen an HCL

Anwender begrüßen Software-Ausverkauf bei IBM

17.12.2018 von Heinrich Vaske
IBM verkauft seine Software-Produkte Domino, Notes, Verse, Sametime, Connections und andere für 1,8 Milliarden Dollar an den indischen Konzern HCL Technologies. Für die Notes-User-Group DNUG e.V. ist das ein Grund zum Feiern.
Der nächste Streich: Ginni Rometty, IBMs CEO und Chairman, verkauft die Lotus-Produkte und mehr an HCL. Der Konzern soll sich ganz auf die "strategischen Imperative" konzentrieren, zu denen Cloud, KI, Analytics und Blockchain sowie Branchenlösungen gehören.
Foto: IBM

Vor wengen Tagen hatten IBM und HCL Technologies gemeinsam angekündigt, dass die Collaboration-Lösungen des Armonker IT-Giganten - also im Wesentlichen die Notes/Domino-Plattform und die Collaboration-Lösung Connections - für 1,8 Milliarden Dollar an den indischen IT-Dienstleister HCL abgegeben werden sollen. Die Transaktion dürfte Mitte 2019 über die Bühne gehen, sofern die Kartellbehörden ihre Zustimmung erteilen.

Bei der DNUG, der deutschen Vereinigung der Anwender von IBM-Collaboration-Produkten, ist die Erleichterung spürbar. "Jeder, der in die Leidensgeschichte der Notes/Verse/Domino Community eingebunden ist, kann angesichts der neuen Tatsachen aufatmen", heißt es in einer öffentlichen Mitteilung des Vereins. Anders als unter den Fittichen der IBM werde nun nicht mehr eine einseitige "Fixierung auf Renditen", sondern der Kundennutzen vorangestellt. HCL, das bereits mit IBM kooperiert hatte, hatte spätestens mit dem Launch von Domino V10 im Oktober 2018 an Glaubwürdigkeit in der Anwender-Community gewonnen.

IBM hat Notes nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt

Die Anwender kritisieren, dass IBM dem Collaboration-Portfolio schon länger nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit geschenkt habe - "auch zum Leidwesen der eigenen Angestellten", heißt es süffisant. Stattdessen habe der Konzern sein Produktportfolio in den letzten Jahren "auf Integration gebürstet", Themen wie Künstliche Intelligenz (KI), Hybrid Cloud, Cybersecurity, Analytics, Blockchain und auch industriespezifische Lösungen stünden bei IBM im Vordergrund.

Gerade weil IBM die Lotus-Produkte stiefmütterlich behandelt habe, sei aber eine weltweit lebhafte Anwenderszene entstanden, die das Produktangebot zu schätzen wisse und gemeinsam permanent daran arbeite, die technischen Möglichkeiten auszuloten. IBMs Spezialisten, die Business-Partner und auch die Kunden seien seit Jahren dabei, unter dem Dach der DNUG ihre Ideen zu diskutieren und umzusetzen. "Mit dem Release von Domino V10 wurde die erste Tranche des Innovationsstaus abgelöst", schreibt die DNUG, "HCL bekommt nun zu Weihnachten die weit größere Chance, noch frischeren Wind in weite Teile des ICS-Portfolios zu bringen."

Vergangene Woche hatten IBM und HCL Technologis bekanntgegeben, folgende sieben Softwareprodukte an HCL zu verkaufen:

"Wir glauben, es ist ein guter Zeitpunkt, uns von diesen ausgewählten Collaboration-, Marketing- und Commerce-Softwarelösungen zu trennen", kommentierte John Kelly, IBMs Senior Vice President Cognitive Solutions und Research. Oft habe es sich um aufwendig zu pflegende Stand-alone-Produkte gehandelt, außerdem sei HCL gut positioniert, um hier Innovationen und Kundennutzen voranzutreiben.

HCL freut sich über "marktführende Produkte"

C Vijayakumar, President und CEO von HCL Technologies, zeigte sich erfreut darüber, marktrelevante Produkte in Wachstumsmärkten wie Security, Marketing und Commerce zukaufen zu können. Dabei handele es sich um strategische Marktsegmente für den indischen IT-Riesen. "Viele dieser Produkte werden von den Kunden sehr geschätzt und werden von Industrieanalysten im Quadranten der Marktführer gelistet."

Der Deal ist der größte, den ein indisches IT-Unternehmen jemals abgeschlossen hat. Anders als das HCL-Management zeigte sich die Börse nicht begeistert von der Transaktion: Die HCL-Aktie brach nach der Bekanntgabe um knapp acht Prozent ein. Analysten hatten kritisiert, dass HCL bereits eine Partnerschaft mit HCL unterhalten habe, weshalb diese Ausgaben unnötig gewesen seien. Außerdem seien die Produkte, die überwiegend in der Mitte oder am Ende ihres Lifecycles stünden, viel zu teuer gewesen. HCL müsse nun viel Geld in ihren Erhalt investieren.

Bei IBM werden die Produkte derzeit noch in der Unternehmenssparte Cognitive Solutions geführt und stehen dort für einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Dollar. Allerdings war der Umsatz zuletzt eher rückläufig, so dass Big Blue nun davon ausgeht, in diesem Unternehmensbereich wieder in die Wachstumsspur zu kommen - wenngleich auf niedrigerem Umsatzniveau.