SAP-Anwender üben herbe Kritik an der Lizenz- und Wartungspolitik des Software-Riesen aus Walldorf. In einem Positionspapier beklagt die Deutschsprachige SAP-Anwendergruppe (DSAG) die mittlerweile herrschende Unübersichtlichkeit des Produktportfolios. Die Anwender fordern mehr Wahlfreiheit für die Kunden und mehr Flexibilität bei den Lizenzen. Unterzeichnet haben das Positionspapier Andreas Oczko, stellvertretender DSAG-Vorstandsvorsitzender, Simone Rehm, Mitglied im CIO-Beirat der DSAG und Richard Brändli, Sprecher der Arbeitsgruppe Lizenzen.
Zwar loben die Anwender den SAP-Ansatz der Integration und das über Jahre gewachsene Spektrum an Lösungen und Services. Diese sei aber auch Ursache eines ersten Problems: „Die Auswahl ist schön und gut“, heißt es im DSAG-Papier. „SAP-Kunden fehlt jedoch mehr und mehr der Überblick bei der zum Produkt- und Leistungsportfolio zugehörigen Preisliste.“ Hinzu kämen verschachtelt angewandte Messeinheiten, die etwa auf der Anzahl von Prozessoren oder der Menge getätigter Transaktionen basierten.
Ferner kritisieren die Anwender die starren Konditionen des Anbieters, die der gewünschten Flexibilität im Wege stehe. So könne bei einmal erworbenen Lizenzen die Zahl der User nicht mehr nach unten korrigiert werden, falls die Mitarbeiterzahl sinkt.
Diese und weitere Rahmenbedingungen führten einerseits zu hohen Kosten. Andererseits machten sie es im Unternehmen zunehmend schwer, bei neuen Projekten SAP-Produkte gegenüber Drittanbieter-Produkten zu positionieren. „Was bedeuten kann, dass Kunden sich mehr und mehr gegen die Software aus Walldorf entscheiden und SAP Zusatzgeschäft verloren geht“, schreiben Oczko, Rehm und Brändli.
Die DSAG, die sich auch als internationaler Vorreiter begreift, ihre Positionen bereits an SAP übergeben hat und nach eigenen Angaben mit dem Anbieter darüber bereits den Dialog aufgenommen hat, fordert insbesondere auf drei Ebenen Veränderungen:
3 Kernforderungen
1. Mehr Flexibilität in der Wartung: Die von SAP neben ERP-Lösungen vertriebenen Zusatzprodukte werden aktuell beim Kauf oft in bestehende Wartungsverträge eingebunden. „Ändern sich die geschäftlichen Anforderungen, will der Kunde seine Entscheidung revidieren und bei Bedarf die Wartung kündigen können“, so die DSAG. „Das alles lassen die aktuellen SAP-Konditionen aber nicht zu.“ Das starre Wartungsgefüge schrecke potenzielle Neukunden ab und passe nicht zu dynamischen Geschäftsprozessen.
2. Investitionsschutz stärken: Hier zielt die DSAG auf die Produktstrategie von SAP. Die Anwender fordern Vorab-Informationen, wenn ein bestimmtes Produkt nicht mehr weiterentwickelt wird. „Aus dieser Tatsache heraus sollte es den Entscheidern im Unternehmen möglich sein, die entsprechende Lizenz auf das neue Produkt zu übertragen“, heißt es im Positionspapier. „Oder das alte Produkt beizubehalten bei gleichzeitiger Reduktion des Wartungssatzes.“ Als bisherige Beispiele für dieses Problem nennen die Anwender das Auswertungs-Tool Bex Analyzer und das Konsolidierungs-Werkzeug Strategic Enterprise Management Business Consolidation.
3. Wahlmöglichkeit beim Lizenzmodell: Für Bestandskunden soll der Umstieg auf ein anderes Lizenzmodell erleichtert werden. Heute sei nur der Wechsel auf einen höherwertigen Vertrag jederzeit möglich, so die Anwender. Der Wandel in die andere Richtung sei hingegen nicht vorgesehen.
„Will SAP die Kundenorientierung wieder zum Kompass bei ihren Entscheidungen machen, sollte sie ihre Lizenzkonditionen und -metriken an wesentlichen Stellen korrigieren“, lautet das Fazit der DSAG. Derzeit drohe die durch SAP-Lösungen gewonnene Effizienz aus Sicht der Anwender von hohen Wartungs- und Lizenzkosten aufgefressen zu werden.