Schlecht vorbereitet

Anwender werden zu Software-Verkäufern

20.08.2015 von Christiane Pütter
Im Internet of Things müssen sich Unternehmen plötzlich um Lizenzen für eigene Anwendungen kümmern. Gartner rät Anwendern zu drei Maßnahmen.
  • Weil die meisten Unternehmen wenig Erfahrung mit LEM-Lösungen (Licensing and Entitlement) haben, rät Marktforscherin Wurster zum Outsourcing
  • These: Wer auf Lizenz-Management verzichtet, riskiert Umsatzeinbußen von bis zu einem Fünftel
Die Vernetzung der Maschinen macht aus Herstellern traditionellen Geräts plötzlich Anbieter der dazugehörigen Software.
Foto: Doin Oakenhelm - shutterstock.com

"Das Internet der Dinge kreiert einen neuen Typus des Software-Verkäufers, für den das Management von Lizenzen und Berechtigungen entscheidend ist", erklärt Laurie Wurster, Research Director beim US-Marktforscher Gartner. "Diese neuen Hersteller müssen ihre Angebote schützen, sich vom Markt abheben und Umsatz generieren." In der Studie "Move beyond homegrown licensing and entitlement as the IoT creates new revenue for software" führt sie das aus.

Wie Wurster beobachtet, bleibt das Thema Rechte/Lizenzen beim Zusammenwachsen von physischer und virtueller Welt oft auf der Strecke. Unternehmen, die bisher ausschließlich mit haptischen Maschinen oder Geräten zu tun hatten, müssen nun in neue Märkte hineinwachsen. Viele Entscheider übersähen, dass in diesem Punkt mit Embedded Software und Anwendungen Geld verdient werden kann, so Wurster.

Licensing and Entitlement Management-Lösungen (LEM) einsetzen

Die Marktforscherin rät solchen Unternehmen daher zur Nutzung von Licensing and Entitlement Management-Lösungen (LEM). Wurster schätzt den Umsatzverlust, den der Verzicht auf eine solche Lösung mit sich bringt, auf ein Fünftel.

Das Ganze findet vor dem Hintergrund tiefgreifender Transformationen in diesen Unternehmen statt. Diese müssten sich meist erst einmal darum kümmern, die nötigen LEM-Skills aufzubauen. Üblicherweise fingen die Entscheider damit auf Basis bestehender ERP-Systeme (Enterprise Resource Planing) oder CRM-Systeme (Customer Relationship Management) an.

Business-Ideen im Internet of Things
AdhereTech: Tabletten schon eingenommen?
Als zwei von zehn interessanten IoT-Startups hat Computerwoche die folgenden beiden Beispiele vorgestellt. AdhereTech ist eine smarte Pillendose, die den Patienten darauf hinweist, seine Tabletten einzunehmen.
Chui als sicherer Türöffner
Chui soll über Gesichtserkennung die „weltweit intelligenteste Türklingel“ sein.
Nicht verwandt: Chui Motorcycle Trackers
Aus einer Serie von Motorrad-Diebstählen in Kenia ist die Idee entstanden, einen GPS-Service für verloren gegangene Maschinen und Flottenmanagement aufzubauen. Das Chui in Chui Motorcycle Trackers ist nicht Chinesisch, sondern Swahili und bedeutet Leopard, zugleich Wappentier der Firma.
Wo ist Lilly?
Unter dem Namen „Wo ist Lilly?“ entwickelt und vertreibt ein junges Berliner Unternehmen GPS-Tracker für Kinder, Katzen und Hunde. Ähnliche Produkte werden auf der Alm auch für frei weidende Kühe eingesetzt.
Au Back, die Klingen gehen aus!
Ob „Mann“ morgens vor dem Spiegel tatsächlich die Sorge hat, dass er sich anderntags nicht mehr nassrasieren kann, sei dahingestellt. Aber mit dieser Box hat Gilette eine M2M-Lösung entwickelt, welche die Nachbestellung auf Knopfdruck ermöglicht.
Yoints statt der alten Rabattmarken
Das Hamburger Startup Yoints ermöglicht es Geschäften, dass die Kunden über die eigenen yBeacons am Ladeneingang schon mit Bonuspunkten belohnt werden, ebenso auch an der Kasse. Kommen genügend Treuepunkte zusammen, können die fleißigen Käufer dann mit Prämien belohnt werden. Praktisch ist das eine Art Rabattmarken 4.0.
Toshiba-Idee für Public Displays
Von der personalisierten Kundenansprache träumen heute viele Handelshäuser und ihre IT-Partner. Nicht zuletzt deshalb hat Facebook gerade die Nutzungsbedingungen geändert hat, heißt es. Hersteller von Public Displays arbeiten seit langem an entsprechenden Digital-Signage-Lösungen für Einkaufszentren, Bahnhöfe und Flughäfen etwa. Noch in der Findungsphase findet sich diese von Toshiba mit Sonys TransferJet für den Informations- und Datenaustausch auf kurze Entfernungen.
Seidensticker-Hemden aus dem Automaten
Selbst eine Traditionsmarke wie Seidensticker geht mit der Zeit und bietet die Herrenhemden über Automaten an, die über M2M zentral den Füllstand anzeigen. Mehr und mehr Automatenaufsteller setzen auf diese Technologie, weil das Abfahren und Aufschließen jeder einzelnen Verkaufsbox weit teurer ist.
Datenbrillen zum Wohle der Patienten
Medizintechnik und Gesundheit sind das absatz- und umsatzstärkste Segment für Wearables. In der Radio-Onkologie des Universitätsspitals Zürich setzt man für die Atem-Selbstkontrolle der Patienten im CT auf die Moverio BT-100 genannte Datenbrille von Epson.
Entwicklerplattform Apple Watch
Smartwatches wie Apple Watch bieten Entwicklern viele Möglichkeiten für eigene Geschäftsideen, nicht nur im viel zitierten Bereich Fitness.
Samsung verspricht massive Fördermittel
Samsung-CEO BK Yoon hat auf der CES 2015 Anfang Januar 100 Millionen Dollar an Fördermitteln für Entwickler in Aussicht gestellt. „Denn nur zusammen können wir die Zukunft des Internets der Dinge gestalten“, so Yoon. Besonders gefördert werden sollen Technologie-Startups, wie sie die Deutsche Telekom übrigens über fünf Jahre mit 500 Millionen Euro den Steigbügel halten will.
Intel Make it Wearable
Rund um die eigene Edison-Plattform hat Intel 2014 einen mit 500.000 Dollar dotierten Wettbewerb für interessante Wearable-Ideen ausgeschrieben. In den zehn Finalistenteams waren auch mehrere Deutsche.
Die Drohne Nixie hat bei Intel gewonnen
Die 500.000 Dollar aus dem Intel-Wettbewerb „Make it Wearable“ hat das US-Team Nixie mit dieser handlichen Drohne als erste tragbare Kamera gewonnen, die fliegen kann. Dabei gab es auch andere gute Ideen. Einen smarten Handschuh mit integrierten Sensoren, Scanner und Display hatte zum Beispiel das Team ProGlove aus München ins Rennen geschickt.

3 Ratschläge von Gartner

Wurster bezweifelt, dass eher traditionell geprägte Unternehmen wie Maschinenbauer diese Aufgabe aus eigener Kraft stemmen. Sie gibt Entscheidern folgende drei Ratschläge mit auf den Weg:

1. Das Management der Rechte und Lizenzen outsourcen: Dadurch erhalten die Unternehmen Zugang zu ausgereiften Tools.

2. Cloud-Angebote nutzen: Punkte wie Infrastructure as a Service (IaaS) und Application Platform as a Service (aPaaS) sprechen für einen Cloud-Anbieter. Allerdings sind Kosten- und Zugriffsfragen zu klären.

3. Flexible Lizenzmodelle entwickeln: Traditionelle Lizenzmodelle hält die Marktforscherin für veraltet. Sie plädiert von Anfang an für einen flexiblen Ansatz, um agiler operieren zu können.

Wurster räumt ein, dass viele Unternehmen hier Neuland betreten. Mangelnde Erfahrung mit Software für vernetzte Maschinen ist dabei nur ein Aspekt. Es kommt hinzu, dass traditionell geprägte Firmen oft schon mit der Komplexität einer digitalisierten Lieferkette zu kämpfen haben.

5 wichtige Anbieter von LEM-Tools

Die Marktforscherin hat sich die Anbieterlandschaft zu LEM-Lösungen angesehen. Als wichtigste Player nennt sie Flexera Software, Nalpeiron, Reprise Software, SafeNet und Wibu-Sustems.