Herr Professor Krcmar, warum sollten CIOs mit Ihren Unternehmen an der ITEB 2009 teilnehmen und die Zufriedenheit ihrer IT-Nutzer messen?
Eine der wesentlichen Wirkungen des IT-Einsatzes ist ja die Arbeitszufriedenheit. Und diese Zufriedenheit, zusammen mit der Motivation, beeinflusst sehr stark die Produktivität der Mitarbeiter. Wird also die Arbeitsunterstützung, die IT-Dienstleistung, die bereitgestellte Software, die Softwaresysteme als hinderlich empfunden, dann ist allein diese Empfindung etwas, was die Produktivität hemmt. Es ist also wichtig, sich ein ungefähres Bild zu verschaffen, wie die IT-Unterstützung - also die Unternehmenssoftware, die Bürosoftware, die Kollaborationssoftware, die man hat - den Arbeitsprozess unterstützt. Wenn die Anwender meinen, dass es das nicht tut, dann ist das eher ein sich negativ verstärkender Trend. Es ist für die CIOs auch wichtig, festzustellen, ob denn die Werte in ihrer Firma mit den Werten in anderen Firmen in gleichen oder unterschiedlichen Branchen gleich oder ganz unterschiedlich sind, deswegen ist es ja eine breit angelegte Umfrage. Und wir begleiten das als Forscher, weil diese Längsschnittfragestellung zur IT-Zufriedenheit, aber auch die Vielzahl der Firmen, die daran teilnehmen, uns interessante Einblicke in die Nutzung von IT im Firmenumfeld gibt.
Wenn Sie einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der ITEB in den nächsten Jahren geben könnten, welche Entwicklung würden Sie sich wünschen?
Ich würde mir wünschen, dass Werte, also Daten zum Thema Anwenderzufriedenheit genauso selbstverständlich in die Kennzahlensteuerung eines CIO eingehen wie Fragen der Prozessabdeckung der Geschäftsprozesse oder der Verfügbarkeit von IT-Systemen. Das ist eine der Wirkungen, die IT im Unternehmen nun mal entfaltet, und ich glaube es ist höchste Zeit, dass wir die IT-Leiter, IT-Chefs, die CIOs mit Daten versorgen, die sie interpretieren können. Dazu braucht es ein bisschen Geduld, bis man beim dritten vierten Mal die Zahlen gut verorten kann.
Welche Tipps geben Sie CIOs ihre Anwender zufrieden zu machen?
Nun, man kann ja fragen, wie viel Zufriedenheit möchte ich gerne haben? Die Frage, die man im Konsumentenbereich stellt „Würden Sie den gleichen Dienst wieder kaufen“, kann man in der Firma nicht so stellen, sonst müssten Sie ja die Firma wechseln. Aber es gibt doch immer wieder Hinweise darauf, welche Barrierefaktoren es eigentlich sind, die die Zufriedenheit arg runterziehen. Beispielsweise war es letztes Jahr die Erkenntnis, dass der Ton die Musik macht. Das heißt, es ist oftmals nicht die Frage, wie schnell ein Call im Fehlerfall angenommen wird, oder dass die Fehlerbehebung fehlerhaft sei – also nicht zufriedend stellend gelaufen sei - sondern dass man einfach keine Information gehabt hatte. Das Auszumerzen ist relativ einfach, und das sind genau diese Hinweise, die man sich aus solchen Umfragen erwarten kann.
Ist IT-Zufriedenheit auch von Betriebssystemen abhängig?
Vielleicht muss man dann zunächst einmal das Konstrukt Zufriedenheit betrachten. Deswegen ist es mit der Anwenderzufriedenheit durchaus eine Herausforderung, denn es ist ja kein objektiv, intersubjektiv überprüfbares Maß, das wir wie bei Zentimeter- und Kilogrammmessen machen könnten. Sondern es gibt ein subjektives Zufriedenheitskonstrukt wieder. Es kann also Gründe haben, dass bei unterschiedlichen Betriebssystemen die Zufriedenheit höher oder niedriger liegen, es kann aber auch einfach nur an der Empfindung liegen. Deswegen werden die Maßeinheiten für Zufriedenheit auch kritisiert, weil sie nicht objektiv Verfügbarkeit messen. Aber was die Menschen sich merken, ist ihr subjektives Empfinden und nicht das, was sie objektiv an der Stelle hatten.
Welche Unterschiede gibt es in den Ergebnissen bezogen auf das Alter der Teilnehmer? Sind junge Leute zufriedener mit IT als ältere, weil sie damit aufgewachsen sind?
Wir haben im allerersten Jahr verglichen, wie sich denn die Zufriedenheitswerte über Alter oder Hierarchiestufe verhalten und interessanter Weise waren die Jungen und die Alten die zufriedensten und die in der Mitte eher unzufrieden. Wir gehen dem noch genauer nach, woran es liegen kann. Eine der vielleicht ganz verwegenen Erklärungen ist, dass die sogenannten mittelalterlichen - also zwischen 30 und 50 Jahren - sehr viele Kinderkrankheiten der IT in den Unternehmen mitgemacht haben. Und deshalb könnte ihre Wahrnehmung verzerrt sein. Die jungen IT-Nutzer könnten die Unternehmens-IT sehr stark vergleichen mit dem, was sie im Konsumentenalltag mitnehmen, und die alten, die ja in den Unternehmen sehr oft höhere Positionen in unseren Umfragen hatten, sind meist soweit weg von IT, dass sie es gar nicht mehr erinnern, dass sie zufrieden oder unzufrieden waren.
Warum sollten IT-Anwender überhaupt zufrieden sein?
Das ist ganz einfach: Wenn Sie eine Leistung erhalten in der Art und Weise wie Sie sie erwarten, oder wie Sie gelernt haben, sie zu erwarten, also in der Freundlichkeit, wie Sie Dienstleistungen (http://de.wikipedia.org/wiki/Dienstleistungen) nun mal sonst auch entgegennehmen, dann können Sie zufrieden sein. Bei Anwendern von Unternehmenssoftware kommt hinzu, dass diese in vielen Fällen ja keine Konsumenten sind, die die Technik freiwillig nehmen, sondern dass sie in der Firma quasi gezwungen werden diese Technik zu nehmen. Das macht die Zufriedenheit meistens ein bisschen geringer als wenn man auswählen kann.
Herr Professor Krcmar, vielen Dank für das Gespräch.