Manager-Theater

Apokalypse Führungsetage

02.05.2003 von Johannes Klostermeier
Immer mehr deutschsprachige Theaterstücke kreisen um Top-Manager. In Zürich ist das Stück "Groundings" jeden Abend ausverkauft. Aber auch "Die Direktoren" und "Top Dogs" sind Bühnenerfolge aus der Welt der Chefetagen.

Eine große Auszeichnung für Cristoph Marthaler, Intendant des Schauspielhauses Zürich: Sein Stück "Groundings" wurde noch auf den letzten Drücker am Tag der Premiere im Februar zum Berliner Theatertreffen eingeladen. "Groundings" ("auf Grund laufen") kommt aus dem Sprachgebrauch der Manager der Fluggesellschaft Swiss Air. Die rasante Revue über die New Economy, Managerdepression und Bürokratieerfahrungen ist nur eines von mehreren Stücken der letzten Zeit, das sich über die Spezies der Manager Gedanken macht.

In Marthalers Stück, so beschreibt er selbst seine Idee, geht es um das "Grounden als Prinzip einer Gesellschaft". Um deren Rituale, Tarnungen, Formenwelten und Sprachregelungen möglichst treffend abzubilden, nutzt er Originaltexte: Sitzungsprotokolle, Verträge, Lehrbücher.

Kasinokapitalisten tanzen Ballett

"Ausgediente CEOs rasen auf elektrischen Sesseln durch Styroporwände ins Jenseits", berichtete die Wirtschaftszeitung Financial Times bewundernd von der Premiere; Bürokraten und unfähige "Kasinokapitalisten" tanzen ein Managerballett. Die Süddeutsche Zeitung lobte den Autor: "Mit seiner Abendunterhaltung für Manager ist ihm jetzt schon die Inszenierung der Saison gelungen."

Auch das im Oktober vergangenen Jahres in Bochum uraufgeführte Business-Drama "Die Direktoren" des Franzosen Daniel Besse spielt in einem Großunternehmen. Thema: Mobbing in der Führungsetage des fiktiven Rüstungskonzerns Delta Espace. Mit allen Mitteln versuchen die Bühnenmanager, einen milliardenschweren Auftrag zu sichern. Während der Vertragsverhandlungen kommt es zu Kompetenzgerangel, bösen Gerüchten und ständig wechselnden Koalitionen. Über allem thront der mächtige Präsident, in Bochum gespielt von Harald Schmidt.

In "Push up 1-3" beschreibt Roland Schimmelpfennig, Hausautor des Schauspielhauses Hamburg, das Leben von sechs Angestellten aus den höheren Etagen eines 16-stöckigen Bürohochhauses. Wer den Chefposten in Delhi bekommt, landet im Vorstand. Nur wer jetzt smart und durchtrieben agiert, sticht die Mitbewerber aus.

Der Vorläufer des aktuellen Booms auf den Bühnen ist jedoch das Managerdrama "Top Dogs" des Schweizers Urs Widmer. Nach der Premiere 1996 trat es einen regelrechten Siegeszug durch die Theater an. Widmers Stück zeichnet in acht Geschichten ein Outplacement-Seminar für Führungskräfte nach. Dafür hat sich zuvor ein Team auf Feldforschung in große Unternehmen begeben. Aus Tonbandprotokollen und Interviews ist ein Kaleidoskop der Arbeitswelt im Turbo-Kapitalismus entstanden.