Am 6. Juni war es wieder so weit, Apple lud zur Hausmesse WWDC um dort neue Produkte vorzustellen - oder vielmehr Updates für Bestehende anzukündigen. Dabei waren die Neuigkeiten eigentlich schon vorher klar: Es wird über das nächst Update für Mac OS gesprochen (Codename Lion), einen Cloud-basierten Dienst (Codename iCloud) und über das nächste Update für iPhone, iPad und iPod.
200 neue Funktionen soll iOS 5 mitbringen. Die meisten davon stecken unter der Haube, lediglich einige Bereiche hebt Apple besonders hervor. Apple bringt mit dem nächsten Update endlich eine Notiz- und ToDo-Applikation nativ in iOS. Diese geht so weit, dass man sich abhängig von der jeweiligen Position des Gerätes an einzelne Posten erinnern kann und gleicht die Daten über die iCloud ab (dazu später mehr).
Ansonsten besticht das Update vor allem durch Verbesserungen: Die Kurznachrichten-App iMessage wird Bestandteil der normalen Nachrichten und soll künftig auch Multimedia-Inhalte unterstützen - eine mögliche Alternative zu MMS-Nachrichten. Hier zeigen sich Parallelen zu populären Apps wie WhatsApp oder dem BlackBerry Messenger. Interessant wäre es, wenn die App einen Desktop-Client erhält, dazu gibt es allerdings noch keine Informationen.
Das populäre Benachrichtigungssystem wurde ebenfalls überarbeitet. Künftig lässt sich ein Notification-Center vom oberen Bildschirmrand herunterziehen, dort sind alle Benachrichtigungen an einem Ort aufgeführt. Ein ähnliches Konzept kommt bereits bei Android und im BlackBerry Playbook zum Einsatz.
Kameranutzer erhalten mit dem Update schnelleren Zugriff auf die Foto-Funktion: Selbst wenn das Smartphone gesperrt ist, kann man mit einem Knopfdruck neben dem Unlock-Slider direkt die Kamera aufrufen - ein Druck auf die "Lauter"-Taste nimmt anschließend das Bild auf. Die Fotos selbst kann man mit neuen Funktionen bearbeiten - unter anderem gibt es eine Funktion zum entfernen roter Augen.
Endlich zieht auch Apple mit Windows Phone 7 und Blackberry OS gleich und bringt WiFi-Sync, eine Option mit der die Geräte nicht mehr per Kabel mit einem PC verbunden sein müssen, um Daten abzugleichen. Solange sie sich im gleichen WLAN wie der Rechner mit iTunes befinden, kann man Musik per WiFi auf das Gerät schieben. In Kombination mit der iCloud sind so auch Backups und Wiederherstellungen des Systems möglich. Besonders praktisch: Endlich lassen sich die Apple-Geräte auch ohne Anschluss an iTunes bei der ersten Inbetriebnahme aktivieren.
Ein spezielles Schmankerl gibt es für iPad-Nutzer: Die Gestensteuerung, die bereits länger in den Vorabversionen von iOS enthalten war, lässt sich nun auch offiziell aktiveren und Nutzen.
iOS 5 wird alle Touch-fähigen Apple-Geräte unterstützen. Das Update soll im Herbst zur Verfügung stehen.
iCloud - Apples Vision vom Cloud-Computing
Das Thema Cloud-Computing wurde auf der Konferenz ebenfalls groß angesprochen - dass es einen neuen Dienst namens iCloud geben wird, war aber bereits vorher klar. iCloud kann man in erster Linie als Angriff auf die Musik-Cloud-Dienste von Amazon und Google sehen: Per iTunes lassen sich lokale Medien mit der iCloud abgleichen, diese stehen anschließend auch auf allen mobilen Geräten zur Verfügung.
Zudem wird die iCloud den Dienst MobileMe langfristig ablösen: Sie übernimmt künftig den Abgleich von Kalender-Daten, E-Mails und Kontakten. Alle Informationen, so die Vision von Apple, sollen auf allen Endgeräten zur Verfügung stehen.
Außerdem dient die Cloud noch als Lager für alle anderen Programme und Daten. Beispielsweise lassen sich Dokumente damit zwischen verschiedenen Installationen abgleichen, Fotos sichern oder Backups des Systems sicher in der Wolke speichern. Entwickler können die iCloud als Web-Speicher in ihre Anwendungen integrieren, so dass Nutzern direkt daraus Zugriff auf den zusätzlichen Speicher haben.
Apple will jedem Nutzer 5 GByte Cloud-Speicher kostenlos zur Verfügung stellen, wer mehr benötigt, der muss dafür zahlen. Das Angebot ist zwar gut auf die mobilen Geräte zugeschnitten, bleibt aber hinter den Erwartungen zurück - sieht man von den Musik-Funktionen ab, lassen sich mit bestehenden Diensten wie Dropbox nahezu alle Features der iCloud bereits heute abdecken.
Wo bleibt die Innovation?
Einer Keynote von Apple-Chef Steve Jobs haftet immer der Ruf an, etwas magisch zu sein - und wenn man sich den Jubel bei jeder kleinen Neuerung anhört, dann hat man meist den Eindruck, auf einer religiösen Veranstaltung statt einem IT-Vortrag zu sein.
Sieht man sich die Neuerungen aber mit etwas Abstand an, so gewinnt man den Eindruck, dass Apple bei diesem WWDC vor allem versucht, Boden zur Konkurrenz gutzumachen. Die Neuerungen bei iOS sind so oder so ähnliche bereits im BlackBerry, Android und Windows Phone 7 zu finden - Dinge wie ein Abgleich per WLAN oder eine Aufgabenliste sind nun wirklich nicht revolutionär. Auch die Gestensteuerung für das iPad waren bereits seit dem letzten Developer-Update möglich, wurden aber kurzfristig aus dem letzten Update gestrichen. Nicht einmal aktuelle Techniken wie Near-Field-Communication wurden angesprochen.
Ähnliches gilt für die iCloud. Das System eines Datenspeichers im Web ist nicht neu, Diente wie DropBox haben sich dort bereits erfolgreich etabliert. Apple kann allerdings die Nutzerbasis von iTunes ins Feld führen - sicher kein schlechter Startpunkt. Die iTunes-Nutzerbasis ist allerdings noch lange kein Garant für einen Erfolg, was sich etwa am gefloppten Social Network Ping zeigt.