Die "Smartphone-Gesellschaft" nennt der Münchener Berater Roland Berger unsere Zeit. Seine These: Der Markt wird eng für traditionelle Telekommunikations-Anbieter. Die Top 5 der Online-Welt, nämlich Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft, haben weltweit rund drei Milliarden Kunden in den Bereichen Endgeräte, Commerce, Social Media, Online-Suche und Inhalte. Mit dieser Marktmacht fordern sie klassische Telcos heraus.
Roland Berger spitzt diese Aussage zu: Bis 2020 könnte der Umsatz europäischer Telcos um bis zu 20 Prozent einbrechen. Wollen sie das vermeiden, müssen die Unternehmen ihre Netzwerk-, Vertriebs- und Service-Modelle verschlanken. Außerdem müssen sie durch Fusionen oder Kooperationen wachsen.
Die Consultants führen den Erfolg der Anbieter von Online-Plattformen auf deren starke Marken, ihre bedienerfreundlichen Systeme und die "vorteilhafte Nutzung von Kundendaten" zurück. Demgegenüber sei das Kerngeschäft der Telco-Branche durch den Preisverfall im Breitbandgeschäft belastet - trotz erheblichen Volumenwachstums. Endverbraucher seien nicht mehr bereit, für den reinen Internetzugang zu bezahlen, sondern verlangten personalisierte, nutzerfreundliche Kommunikationsplattformen und -produkte.
600 Milliarden Euro, hat Roland Berger ausgerechnet, müssten europäische Telcos investieren. Und zwar nicht nur in innovative Produkte, sondern vor allem in neue Netztechnologien für die Hochgeschwindigkeitsübertragung wie Glasfasernetzwerke und LTE.
Drei Szenarien für Telcos
Was mögliche künftige Geschäftsmodelle der Telekommunikations-Anbieter betrifft, sieht Roland Berger folgende drei Szenarien:
1. Access Minus: In diesem Szenario konzentrieren sich Telcos auf ihre Kernbereiche: Sie bieten lediglich den Netzwerkbetrieb an und haben nur mit wenigen Endkunden direkten Kontakt. Dienste von Cloud- und OTT (Over-The-Top)-Anbietern werden mit starken Marken geliefert.
2. Access Plus: Hier bieten Unternehmen nicht nur den eigenen Netzwerkbetrieb an, sondern liefern auch ausgewählte Mehrwertdienste durch Partnerschaften mit Business-to-Business-to-Consumer (B2B2C)- und OTT-Anbietern. Netzwerke an sich werden zu einer Commodity. Vertrieb und Dienstleistungen werden vom Netzwerk getrennt.
3. OTT Service Groups: Als völlig integrierte Anbieter mit eigenem Access-zentrierten Ökosystem und eigenen B2B2C-Modellen drängen Telcos in die vernetzte Welt.
Wie auch immer traditionelle Telekommunikations-Unternehmen diese Szenarien umsetzen - Roland Berger gibt ihnen fünf Ratschläge mit auf den Weg. Diese beziehen sich auch auf die internen Strukturen. Die Tipps im Einzelnen:
5 Ratschläge an Telcos
1. Die richtige Netzzugang-Strategie finden: Telcos sollten LTE and FTTH-Netze ausbauen und ihren Kunden personalisierte Services anbieten,
2. Auf dem Heimatmarkt wachsen: Telcos sollten Kooperationen mit OTTs auf ihren Heimatmärkten schließen, um sich dort zu behaupten,
3. Das Unternehmen verschlanken und Personal abbauen: Roland Berger rät zur Aufsplittung in eine SalesCo, eine NetCo und Corporate Services (HQ). Die ganze Unternehmensstruktur solle verschlankt und Personal abgebaut werden,
4. Den Shareholdern ein überzeugendes Konzept präsentieren: Ob es nun das Szenario "Access Plus" oder "Access Minus" wird - Telcos können ihren Shareholdern mit dem richtigen Konzept Jahresergebnisse von zehn Prozent garantieren, so Roland Berger. Dazu gehört auch, sich von unrentablen Firmenteilen zu trennen,
5. First-Mover sein: Das gesamte Geschäftsfeld der Telekommunikation wandelt sich schnell und stetig. Wer erfolgreich sein will, muss die Nase vorn haben.