Seit 2007 hat Apple über 11,6 Millionen iPhones nach Westeuropa verkauft. Allein im letzten Jahr wurden 7,7 Millionen Geräte versandt; das entspricht einem Marktanteil von 20 Prozent im Segment für konvergente mobile Endgeräte (bzw. Smartphones). In nicht einmal drei Jahren hat sich Apple damit als zweitgrößter Smartphone-Anbieter in Westeuropa etabliert und so die gesamte Branche herausgefordert.
Am 8. April gab Apple die vierte Version seines iPhone OS bekannt. Das neue Release adressiert insbesondere einige der aktuellen Mängel des iPhones für den Unternehmenseinsatz und wird deshalb vor allem auf Apples Positionierung im Unternehmensumfeld Auswirkungen zeigen.
So verfügt das iPhone OS 4 unter anderem über neue unternehmensorientierte Features wie:
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Multitasking
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höhere Batterieleistung
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Ordner für das Organisieren von Anwendungen
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mobiles Device Management (so dass man größere Bestände an iPhones managen kann)
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drahtlose Applikationsverteilung
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mehrere ActiveSync-Konten
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Unified Inbox
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Integration mit Exchange Server 2010
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SSL VPN Support.
Die neue Version ist ab Sommer für das iPhone verfügbar, im Herbst folgt die iPad Version. Auch iPhone 3G und 3GS Versionen können darauf laufen; Multitasking funktioniert allerdings nur für das iPhone 3GS.
Die Positionierung des iPhones für den Unternehmenseinsatz beruht derzeit vor allem auf der Tatsache, dass es im Verbraucherumfeld sehr beliebt ist und auch das Segment der persönlich haftenden Gesellschaften und Kleinunternehmen adressiert. Die Verbesserungen des iPhone OS 4 könnten richtungsweisend für den Positionswandel von Apple im europäischen Unternehmenskundengeschäft sein. Das würde dem Anbieter helfen, sich zu einer Mobilitätsplattform für mittelständische und Großunternehmen zu mausern, die von den IT-Abteilungen entsprechend unterstützt wird.
Kaum IT-Support für iPhone-Nutzer in Unternehmen
Immer mehr Mitarbeiter in europäischen Unternehmen sind zwar iPhone-Nutzer, doch nur sehr wenige IT-Abteilungen bieten derzeit Support für das iPhone an. Verantwortlich dafür sind vor allem die bisher hohen Kosten, aber auch das schlechte Device Management und die mangelnde Geräte- und Datensicherheit sowie der fehlende VPN-Support und die nicht vorhandenen Multitasking-Fähigkeiten.
Auch wegen des niedrigen Nutzungsgrades von Macintosh-Computern und Laptops in Unternehmen (außer in bestimmten Branchen wie der Medienindustrie) hatte das iPhone einen schlechten Stand in den IT-Abteilungen. Doch das Interesse steigt schnell, und so wurde in vielen IT-Abteilungen in Europa erst einmal eine abwartende Haltung hinsichtlich einer Standardisierung auf das iPhone eingenommen.
Einzelne Nutzer, darunter viele Top-Manager, versuchen nach wie vor, diese zögerliche Haltung und die Unternehmensrichtlinien zu umgehen und ihre beruflichen E-Mails, ihre persönliche Informationsverwaltung (PIM) und Produktivitätsapplikationen auf dem iPhone zu empfangen und nutzen. Diese Trends waren wohl mit ausschlaggebend für die nun höher entwickelte und komplexere Unterstützung mobil arbeitender Mitarbeiter in europäischen Unternehmen während der letzten zwei bis drei Jahre.
Mit OS 4 hat die IT-Abteilung starke Argumente für das iPhone an der Hand; Verbesserungen gibt es insbesondere in folgenden Bereichen:
Drei Verbesserungen beim iPhone
1. Device Management und Sicherheit: Mit den verbesserten Management-Features, APIs für die Integration mit Lösungen von anderen Anbietern sowie einem besseren Datenschutz auf dem Gerät hat Apple dieses Thema klar priorisiert.
2. Multitasking: Eine der größten Herausforderungen für Business-Applikationen auf dem iPhone war der fehlende Support von Hintergrundprozessen für Anwendungen von anderen Anbietern. Damit schied das iPhone für viele Unternehmensapplikationen wie Unified Communications (Soft Clients für die Telefonanlage) und SAP von vorne herein aus. Die neu hinzugekommene Multitasking-Fähigkeit ist eine geschäftskritische Verbesserung, die zu einem erweiterten iPhone Ökosystem für Business-Anwendungen führen dürfte.
3. SSL VPN Support: Die Erweiterung des VPN Supports des iPhones auf SSL VPNs zusätzlich zum bereits vorhandenen Support für IPSec VPNs ist ein guter Schritt, insbesondere im Zusammenhang mit Remote-Zugang und dem virtuellen Desktop der nächsten Generation, und adressiert den Trend hin zu browser-basiertem Remote VPN-Zugang im Unternehmen, der nach und nach für die Welt des mobilen Computings immer wichtiger wird.
Nach wie vor stehen viele Fragen bezüglich OS 4 und der genannten Bereiche offen; auch die in der Ankündigung erwähnten Einschränkungen im Entwickler-Ökosystem sind noch nicht geklärt. Dennoch kann man sagen, dass Apple im Bestreben, seine Position im mobilen Unternehmensumfeld zu verbessern und den in Europa etablierten Anbietern RIM, Microsoft und Nokia die Stirn zu bieten, einen ziemlich großen Schritt vorangekommen ist.
Wafa Moussavi-Amin ist Geschäftsführer von IDC Deutschland und Schweiz.