Apples Dominanz im europäischen Tablet-Markt bröckelt. Hört sich an wie ein Scherz – und das ist es auch. Allerdings einer mit einem Körnchen Wahrheit: Gut zwei Drittel des Marktes in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika beherrscht laut einer aktuellen IDC-Erhebung das iPad aus dem Hause Apple – Stand nach dem zweiten Quartal diesen Jahres. Vor einem Jahr lag der Marktanteil des Platzhirsches aber noch bei sagenhaften 94 Prozent. Kein Bröckeln der Dominanz also, aber immerhin gibt es mittlerweile andere Spieler auf dem Markt. Und wer den Witz zuspitzen möchte, kann immerhin zutreffend behaupten, dass Apple satte 30 Prozentpunkte binnen eines Jahres eingebüßt hat.
Dahinter verbirgt sich indes ein echtes Gedeihen des Marktes – die Apfelblüten blühen genauso wie andere Knospen. War das erste Quartal 2011 laut IDC im jungen und überbordenden Markt noch hinter den Erwartungen zurückgeblieben, übertraf das zweite Vierteljahr bereits wieder die Prognosen der Analysten.
Gegenüber dem Vergleichsquartal 2010 legte der Markt um enorme 394 Prozent zu, was immerhin noch ein Plus von 82 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2011 bedeutet. 4,4 Millionen Tablets wurden demnach in EMEA verkauft; IDC hatte lediglich 3,7 Millionen Stück vorausgesagt. Apple steigerte im Vergleich zum Vorjahr seine Verkäufe von 834.000 auf 2,9 Millionen Stück. Es gibt nicht häufig Märkte, in denen eine Steigerung um fast 250 Prozent mit Marktanteilsverlusten einhergeht.
Allerdings machte eben die Android-Konkurrenz auch mobil. Neben dem Warten auf das iPad 2 von Apple sorgte auch das Spekulieren auf Android Honeycomb aus dem Hause Google für die relative Ruhe des ersten Quartals. Im Frühjahr explodierte der Markt dann entsprechend, diverse Hardware-Partner von Google wurden erstmals ernstzunehmend in die Statistik gespült. Und dennoch macht IDC Google als bisherigen Verlierer im Wettrennen aus.
„Apple hat seine Dominanz in der Region klar gefestigt und die Erwartungen übertroffen“, konstatieren die Analysten. User Interfache, App-Angebot, der Sofort-Zugang ins Internet, das Produktdesign und der Markenname seien dafür verantwortlich. „Aber der Android-Absatz erfüllte die Erwartungen nicht und erreichte nicht einmal 1,4 Millionen Stück“, so IDC weiter. Und das trotz der Dumping-Strategie mit Schleuderpreisen von 99 Euro für Einsteigermodelle im 7-Zoll-Format.
Dumping der Android-Einsteiger lief ins Leere
Vor diesem Hintergrund muss sich die Apple-Hardware-Konkurrenz vorerst auf begrenztem Terrain bewegen. Samsung erreicht mit verkauften 308.000 Tablets derzeit einen Marktanteil von sieben Prozent und Platz Zwei in der Region.
Unter den Android-Neueinsteigern positionierte sich Acer mit dem 268.000fach verkauften Iconia-Tablet vor dem Eee Pad Transformer von Asus, das 145.000 Kunden überzeugte. Nach Marktanteilen steht es hier 6,1 zu 3,3 Prozent für Acer. IDC hält das allerdings für eine Momentaufnahme. Acer sei stark gestartet, um bald nachzulassen. Demgegenüber habe Asus nach schwachem Start richtig Fahrt aufgenommen. Wäre das Lieferpotenzial nicht eingeschränkt gewesen, hätte der Anbieter nach Einschätzung der Analysten schon jetzt deutlich mehr Verkäufe verbuchen können.
Das französische Anbieter Archos vervierfachte seinen Absatz auf 103.000 Stück. IDC wertet das als ordentliche Leistung. Der Marktanteil ging dennoch leicht auf 2,4 Prozent zurück – schlicht deshalb, weil die anderen Apple-Herausforderer vor einem Jahr noch nicht auf dem Markt präsent waren. RIM versucht – obwohl als Blackberry-Anbieter bisher vor allem im Business-Segment profiliert – mit dem Playbook den Tablet-Einstieg über den Consumer-Bereich. 93.000 verkaufte Exemplare bedeuten aktuell einen ausbaufähigen Anteil von 2,1 Prozent.
Hinter diesen sechs großen Anbietern steigerte der weniger prominente Rest seine Verkäufe auf 540.000 Stück und seinen zusammengefassten Marktanteil von knapp 3 auf beachtliche 12,4 Prozent. IDC sieht derzeit Westeuropa als eindeutig bestimmende Teilregion auf dem Markt. Die Analysten erwarten außerdem, dass das bislang periphere Business-Segment mittelfristig ein weiterer Treiber sein wird.
„In der zweiten Jahreshälfte werden weitere Produkte verfügbar sein“, sagt IDC-Analystin Eszter Morvay. „Das wird zu verschärftem Wettbewerb und noch aggressiverer Preispolitik führen.“ Vor allem vom Weihnachtsgeschäft sei eine Menge zu erwarten. Für das gesamte Jahr 2011 kalkuliert IDC derzeit mit fast 22 Millionen verkauften Tablets und einem Gesamtumsatz von 9,1 Milliarden Euro in der Region EMEA.
Android erkämpft ein Drittel
Im kommenden Jahr sollen laut IDC für 13 Milliarden Euro 33 Millionen Stück verkauft werden. Apple iPad 3 wird als Treiber betrachtet, aber auch Android soll seinen Marktanteil auf 34 Prozent steigern können. Blackberry sorgt nach Einschätzung der Analysten für zusätzliche Konkurrenz. Business-Kunden warteten hingegen zumeist auf Microsoft und Windows 8 als viel versprechendes Betriebssystem auch für Tablets.
Weitere Einzelheiten enthält die Studie „IDC EMEA Media Tablet and eReader Tracker, 2Q11“.