Klein und fein sollen sie sein, die Smartwatches, die Elektronik-Hersteller wie Apple auf den Markt bringen. So manches daran ist weniger neu als man denken mag.
Winzige und zugleich äußerst exklusive Spielereien waren zum Beispiel schon die ersten Uhren, die man am Körper mit sich trug. Sie entstanden vor einem halben Jahrtausend, und Deutschland war bei der Einführung ganz vorn mit dabei. Man band sich die damaligen Uhren nur nicht ums Handgelenk, sondern nahm sie in der Hosen- oder Manteltasche mit. Im Wuppertaler Uhren-Museum ist eines dieser Exemplare von etwa 1525 in Form eines zierlichen Bisam-Apfels ausgestellt - ganz mit Gold überzogen und überaus kostbar.
Die Uhr hatte zu diesem Zeitpunkt schon eine lange Geschichte hinter sich: Bereits vor 5000 Jahren lasen die Ägypter die Zeit von Sonnenuhren ab. Später entwickelten sie raffinierte Wasseruhren, in denen ein steigender oder fallender Wasserspiegel das Verrinnen der Zeit angab.
Dabei dienten Uhren nicht nur zur Zeitmessung, sondern auch zum Protzen. Nur die Elite konnte sie sich leisten. Private Uhren galten jahrhundertelang als reiner Luxus - im Grunde überflüssig, denn jeder konnte die Zeit doch einfach von der Kirchturm- oder Rathausuhr ablesen! Zudem wurde jede Viertelstunde noch akustisch per Glockenschlag signalisiert. Wozu noch mehr? Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Armbanduhren für jedermann erschwinglich.
Und nun also die Apple Watch. Die Uhrmacher sehen darin erstmal keine Konkurrenz - sagen sie jedenfalls. "Für uns ist das mit Sicherheit ein neuer Markt, dem wir uns nicht verschließen werden", sagt der Geschäftsführer des Zentralverbands für Uhren, Schmuck und Zeitmesstechnik, Horst Eberhardt. Die große Frage für die Uhrmacher: Wer kann sich in Zukunft mit diesen neuen Uhren beschäftigen, wer kann sie reparieren, wer kann Teile ersetzen? Wird das auch der normale Uhrmacher machen oder bleibt es dem Apple Store vorbehalten?
Einmal ist die klassische Uhrenindustrie schon totgesagt worden: Das war, als in den 70er und 80er Jahren plötzlich alle nur noch batteriebetriebene Quarzuhren trugen. Oder Billiguhren, deren fest installierte Mechanik nicht mehr dafür vorgesehen ist, ausgebaut und repariert zu werden. Heute dagegen werden wieder Uhrmacher gesucht, denn es gibt schon lange einen Trend zur hochwertigen mechanischen Uhr mit Zifferblatt, bei der man am Besten noch hinten ins Werk reingucken kann. Ganz traditionell. "Die gute, handwerklich gebaute Uhr wird immer ihren Markt haben", meint Eberhardt, "da haben wir gar keine Angst."
Die junge Uhrmacherin Kamilla Giesbrecht (28) aus Wuppertal hat jedenfalls gut zu tun. Für ihre Arbeit braucht sie Geduld und eine ruhige Hand. "Ich verzichte deshalb sogar generell auf Alkohol", sagt sie. Selbst Wecker werden in dem Geschäft, in dem sie angestellt ist, noch regelmäßig verkauft: Wenn man zum Beispiel in den Urlaub in die Pampa fährt, kann es ein Vorteil sein, wenn man seine Uhr einfach nur aufziehen muss.
Giesbrechts Chef Henrick Abeler (46), der auch Inhaber des Wuppertaler Uhren-Museums ist, hat noch ein Argument für die klassische Uhr: "Ich finde sie unheimlich beruhigend. Das Ticken zum Beispiel, das empfinde ich als total angenehm. Und dann erst der tiefe Gongschlag einer alten Standuhr!" (dpa/rs)