Tausche Büro gegen Strand

Arbeiten am Traumort - 7 Tipps

15.09.2015 von Christiane Pütter
Kalifornischer Strand statt mitteldeutscher Betonwüste – wer eine Zeit lang an exotischen Orten arbeitet, sollte sieben Punkte beachten, rät Eva Missling. Ihre Ratschläge für den Tausch "Strand gegen Büro" sollen zeigen, dass Arbeitnehmer wie Arbeitgeber von dem Wechsel profitieren.
  • Unternehmen dürfen den vorübergehenden Wechsel eines Mitarbeiters ins Ausland nicht als Arbeitsvermeidung abtun. Sie profitieren von den Erkenntnissen des Kollegen.
  • Nicht nur technologische Fragen wie Datenzugriff und Organisatorisches wie die Zeitverschiebung spielen eine Rolle, sondern auch Mentalitätsfragen.

Mit dem Strandurlaub stellt sich manchem Deutschen unter südlicher Sonne die Frage, ob es denn nicht schön wäre, eine Zeit lang an solchen Orten zu arbeiten. Eva Missling hat es getan: die Berlinerin ist für drei Monate in die Niederlassung nach San Francisco gewechselt. Was in ihrem Falle vergleichsweise einfach sein dürfte: Missling arbeitet als General Manager Europe für 99Desings, die Firma versteht sich als Online-Marktplatz für Grafikdesigner und pflegt dem Vernehmen nach eine junge Kommunikationskultur. Nichtsdestoweniger hatte auch Missling ihre Leistung zu bringen, wie sie betont.

Im Rückblick sieht sie die drei Monate nicht nur in schillernden Farben. Missling gibt Wechselwilligen folgende Tipps mit auf den Weg:

  1. Argumentationshilfe: "Für einen Auslandsaufenthalt ist es hilfreich, wenn man in einem internationalen Unternehmen tätig ist", erklärt Missling. Wer vorübergehend an einem anderen Standort arbeiten möchte, argumentiert mit zwei Punkten: Der Arbeitnehmer bleibt erstens der Konzernstruktur erhalten und kann zweitens von seinen ausländischen Kollegen lernen. Mit diesem Wissensgewinn bereichert er den heimischen Arbeitsplatz.

  2. Kulturelle Learnings: Missling führte es zunächst auf Sprachprobleme zurück ("unterschiedliches Englischniveau"), doch dann stellte sie fest, dass Termintreue bei Meetings eine Frage der Arbeitskultur ist. Konkret: Deutsche kommen etwa fünf Minuten zu spät. US-Amerikaner stehen 15 Minuten nach dem offiziellen Beginn noch entspannt an der Kaffeemaschine. Japaner dagegen schicken drei Minuten vor dem Treffpunkt eine Mail, in der sie sich dafür entschuldigen, dass sie zwei Minuten zu spät dran sein werden.

  3. Zeitverschiebung: "Wer auch aus dem Ausland auf einen regen Austausch mit den Kollegen oder Geschäftspartnern angewiesen ist, sollte ein Land auswählen, bei dem die Zeitverschiebung nicht allzu groß ist", rät die Managerin. Andernfalls muss man sich auf viel Kommunikation in der Nacht einstellen.

  4. Rechtzeitig Daten-Zugriff sichern: Wer im Ausland arbeitet, muss sich rechtzeitig um Zugriff auf den firmeneigenen Server kümmern - oder die nötigen Dokumente gleich in der Cloud ablegen.

  5. Telefonie via Skype oder Google Hangout: Für Missling bieten sich Telefonate über Skype an. "Mit der Video-Telefonie kann man außerdem die Kollegen an der wunderschönen Arbeitsumgebung teilhaben lassen", schmunzelt sie.

  6. Neue Denke mitnehmen: Einer der großen Pluspunkte eines Auslandsaufenthaltes ist für Missling das Herauskommen aus den jahrelang gleichen Strukturen. Man sollte sich "mit Kopf und Herz auf den Auslandsaufenthalt einlassen und die "fremden" Inspirationen in die eigene Arbeit einfließen lassen", sagt sie. Das erleichtere es, speziellere Projekte in Angriff zu nehmen, für die es im Büro oft keinen Raum gibt.

  7. Illusionen korrigieren - Desillusionen auch: Kalifornien warf Missling buchstäblich ins kalte Wasser - die niedrigen Temperaturen des Meeres fand sie "mehr als enttäuschend". Auch bei den hohen Mieten in San Francisco lief es ihr kalt den Rücken herunter. Umgekehrt erschien Berlin in neuem Glanz: "Ich habe niemanden in San Francisco getroffen, der Berlin nicht toll findet und sich fragt, ob er nicht auch dahin ziehen sollte."

Misslings Fazit: "Meine 'Lesson Learnt' ist, dass es nicht die 'bessere' Stadt gibt, sondern gerade die Kombination das Arbeitsleben spannend machen kann." Die Managerin plädiert dafür, solche Auslandsaufenthalte nicht als Arbeitsvermeidungs-Strategien abzukanzeln. Durch das persönliche Zusammenarbeiten mit Kollegen, die man sonst nur aus Video-Chats kennt, wachse man als Team besser zusammen.

Interkulturelle Zusammenarbeit
So kann die Zusammenarbeit gelingen
Damit Mitarbeiter auf mehreren Kontinenten oder an unterschiedlichen Standorten gut zusammenarbeiten können,sollten Führungskräfte einiges beachten. Beraterin Sonja App hat einige Tipps zusammengestellt.
1. Auswahl der Mitarbeiter
Prüfen Sie nicht nur die Fachkenntnisse, sondern auch die englischen Sprachkenntnisse der Teammitglieder bereits vor Projektstart und bieten Sie bei Bedarf Crashkurse an.
3. Persönliche Treffen
Ein Kickoff-Meeting sollte als Präsenztreffen gestaltet werden, damit sich alle Projektbeteiligten persönlich kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen. Als Leiter virtueller Linienteams sollten Sie mehrere persönliche Treffen pro Jahr mit Ihren Mitarbeitern einplanen. Im Idealfall führen Sie das jährliche Beurteilungsgespräch mit jedem Teammitglied vor Ort an dessen Arbeitsplatz.
4. Interkulturelle Zusammenarbeit
Gehen Sie offen und tolerant mit fremden Ansichten und Arbeitsstilen um. Bieten Sie bei Bedarf interkulturelle Trainings an. Berücksichtigen Sie Zeitverschiebungen und Besonderheiten wie lokale Feiertage und Schulferien bei Ihrer Projektplanung. Beachten Sie den Arbeitsrhythmus Ihrer ausländischen Kollegen bei der Terminvereinbarung für Telefonkonferenzen und virtuelle Meetings.
5. Dokumentation
Stellen Sie sicher, dass alle Zielgruppen im Unternehmen die Ergebnisdokumente im richtigen Format zum richtigen Zeitpunkt erhalten. Sensibilisieren Sie Ihr Team auch für die Dokumentation von informellem Wissen. Planen Sie einen Lessons-Learned-Workshop ein und informieren Sie die Abteilungen über die Ergebnisse.
Sonja App
Managementberaterin Sonja App hat jahrelang selbst in virtuellen Teams gearbeitet. Ihre Tipps kommen aus erster Hand. Seit sechs Jahren ist sie als Beraterin für Innovation-Management, Relationship -Management und interkulturelle Kommunikation selbstständig.
Buchtipp
Ihre Erfahrungen und Ratschläge hat Sonja App in einem Buch zusammengefasst: "Virtuelle Teams" von Sonja App, Haufe Lexware, 2013, 240 Seiten.