"Die Jobbörsen haben den Bogen überspannt", bringt Marcus Fischer die Unzufriedenheit vieler Unternehmen auf den Punkt. Die Preispolitik der elektronischen Stellenmärkte sei undurchsichtig und beliebig geworden, erklärt Fischer, bei Audi für das Personal-Marketing in den neuen Medien zuständig, den Einstieg der Ingolstädter bei Jobstairs.de. Gabriele Hobmeier, Projektleiterin E-Recruiting bei BMW, begründet den Entschluss, sich am Portal zu beteiligen, ähnlich: "Der Kostenfaktor war für uns ein Argument. Wir wollen ausschließlich für Leistungen bezahlen, die wir auch nutzen."
"Was kann eine weitere Jobbörse bieten?", fragten sich indes viele, die vom Start der Plattform erfuhren. Der Arbeitsmarkt ist am Boden, die Offerten der virtuellen Stellenportale nehmen sich derzeit ohnehin äußerst bescheiden aus. Die Antwort liegt in der Exklusivität des neuen Angebots: Nur ausgewählte Großunternehmen dürfen ihre Stellenausschreibungen dort präsentieren; die Bedingungen bestimmen die Beteiligten.
Die Idee zu einer eigenen Plattform entstand vor eineinhalb Jahren während eines Treffens von Recruitern. Damals suchten Firmen noch händeringend qualifizierte Mitarbeiter. Weil die Personalverantwortlichen zahlreiche Stellen neu besetzen mussten, stiegen die Kosten für die Bewerbersuche. Viele Großunternehmen investierten sechsstellige Euro-Beträge in die Online-Job-Postings. Die Preispolitik einiger Börsen mit variablen Konditionen erboste so manchen Personalverantwortlichen, zumal die Kosten oftmals vom Verhandlungsgeschick des jeweiligen Recruiters abhinge. "Die Jobbörsen gingen aus der Sicht der Großunternehmen in die falsche Richtung", beschreibt Wolfgang Jäger, Professor am Lehrstuhl für Medienwirtschaft der Fachhochschule Wiesbaden, die damalige Stimmung.
Kartell der frustrierten Recruiter
Schlicht und einfach im Auftritt
Puristisch und ohne überflüssige Features präsentiert sich www.jobstairs.de den Besuchern. "Die Technik dahinter sollte möglichst einfach sein. Über eine XML-Schnittstelle können wir die Plattform direkt an unser Bewerbungssystem im Unternehmen anbinden", erklärt BMW-Personalexpertin Hobmeier. Der Münchener Autobauer gehört zur Gruppe der Initiatoren, die das Projekt von Anfang an mitgetragen haben. Dass die gewünschten, hoch qualifizierten Bewerber online auf Jobsuche gehen, davon ist die Projektleiterin überzeugt. "Gerade IT-Spezialisten und Entwicklungsingenieure nutzen das Netz zur Jobsuche. Schon heute bewerben sich rund 30 Prozent der künftigen Angestellten von BMW auf diesem Weg."
Zu Beginn enthielt das Stellenportal zirka 2500 Angebote von 27 deutschen Großunternehmen. Anfang Mai ist Continental hinzugekommen, seit Ende Juni sind die Metro und ihre Tochtergesellschaften mit dabei. Doch wie finden die gesuchten High Potentials die neue Jobbörse? Die etablierten Stellenmärkte haben große Summen in Marketing-Maßnahmen gesteckt, um ihren Namen ins Blickfeld der Zielgruppe zu rücken. Jobstairs setzt auf das gute Image der beteiligten Branchengrößen. "Nachwuchskräfte und Hochschulabsolventen nutzen schon heute die Karriereseiten großer Unternehmen. Dort finden sie jetzt auch das Logo und den Verweis auf Jobstairs; dazu haben sich die Teilnehmer verpflichtet", so Jäger. Mit dieser Huckepackmethode will man die Marke positionieren; weitere Marketing-Aktionen sollen folgen.
Konkurrenz bezweifelt Jobstairs-Potenzial
Die Jobbörsen sehen die neue Konkurrenz noch überwiegend gelassen und bezweifeln deren Erfolg. Holger Lietz, Vice President Marketing von der Konkurrenz Jobpilot, setzt auf die Position der Nummer eins unter den deutschen Stellen-Boards. "Die Kandidaten gehen auf die Sites, die ihnen bekannt vorkommen. Wir haben 600000 Besucher im Monat und bieten Zusatzleistungen." Michael Weideneder, Geschäftsführer von Stellenanzeigen.de, will abwarten, wie sich die Konkurrenz entwickelt. "Eine professionelle Jobbörse ist mit hohen Kosten verbunden. Ob das neue Angebot günstiger arbeiten kann, ist fraglich."
Den etablierten Jobbörsen könnte die neue Konkurrenz durchaus einige Etats wegschnappen, denn SAP hat sich schon heute dafür entschieden, Stellenangebote nur noch über die eigene Homepage und Jobstairs zu veröffentlichen. "Das Angebot passt in die Zeit, denn wir sehen das Recruitment stärker unter dem Kostenaspekt", so ein SAP-Unternehmenssprecher.
Einjährige Bewährungsphase
"Ob wir aus den anderen Jobbörsen aussteigen, hängt auch vom Erfolg der neuen Plattform ab", erklärt Fischer von Audi, der im Moment noch zweigleisig fährt. Und er fügt hinzu: "Wir werden die Entwicklung von Jobstairs natürlich kritisch beobachten, aber wir gehen davon aus, dass das Portal eine wettbewerbsfähige Größe erreicht und sich am Markt etablieren kann."
Auch bei BMW gibt es derzeit noch keine konkreten Überlegungen, offene Stellen ausschließlich auf der eigenen Homepage und bei Jobstairs auszuschreiben. Die Münchener Autobauer nutzen momentan noch ein bis zwei externe Jobbörsen. Sie wollen das Projekt beobachten und dann entscheiden, ob sie künftig exklusiv auf den eigenen Stellenmarkt und Jobstairs setzen. Stellenanzeigen.de-Chef Weideneder bekommt die neue Konkurrenz jedenfalls schon zu spüren: "Manche Kunden haben angekündigt, dass sie
für einige Zeit pausieren möchten." Er hofft aber, dass die Abtrünnigen bald wieder zurückkommen.