Der demographische Wandel und der sich abzeichnende Fachkräftemangel führen in den kommenden zehn Jahren dazu, dass es im Osten Deutschlands und in den strukturschwachen Regionen Westdeutschlands zu massiven Beschäftigungsverlusten kommt. Das ist das Ergebnis der Studie „Deutschland 2020 – Die Arbeitsplätze der Zukunft“ des Beratungsunternehmens Price Waterhouse Coopers (PwC) und des Hamburger Wirtschaftsinstituts (HWWI).
„Technologieunternehmen, Forschungseinrichtungen oder innovative Dienstleister schaffen nicht nur Jobs für Hochqualifizierte, sondern auch für durchschnittlich und gering qualifizierte Erwerbstätige“, sagt PwC-Vorstand Wolfgang Wagner. Unternehmen wissensorientierter Branchen werden sich aber nur in Regionen ansiedeln, in denen entweder ausreichend hochqualifizierte Arbeitskräfte vorhanden sind oder die zumindest mit so attraktiven Lebens- und Arbeitsbedingungen aufwarten können, dass Hochqualifizierte aus anderen Regionen zuwandern.
Die Studie prognostiziert die Beschäftigungsentwicklung für 413 deutsche Kreise und Städte in Abhängigkeit von den regional verfügbaren hochqualifizierten Arbeitskräften sowie der verbundenen Bruttowertschöpfung und Produktivitätsentwicklung. Es werden drei Szenarien für die Beschäftigungsentwicklung bis 2020 entworfen. Diese hängen von unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung der regionalen Qualifikationsniveaus ab.
1. Das Basisszenario
Im Basisszenario wird davon ausgegangen, dass der Anteil der Hochqualifizierten in den Kreisen und kreisfreien Städten in den nächsten zehn Jahren unverändert bleibt. Regionen mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von gut ausgebildeten Menschen wird es in diesem Szenario gelingen, diesen Vorsprung zu halten, so dass auch die Beschäftigung insgesamt dort langfristig stärker wächst als im bundesweiten Durchschnitt.
So dürfte die Zahl der Erwerbstätigen besonders in den westdeutschen Metropolen (München, Hamburg, Köln-Bonn und andere) deutlich steigen. Die Studie prognostiziert beispielsweise für den Landkreis München etwa 20 Prozent mehr Arbeitsplätze, für die Stadt Leverkusen sogar 40 Prozent. In Ostdeutschland steigt die Erwerbstätigkeit in den Städten Leipzig, Dresden, Jena und Potsdam sowie in den touristisch geprägten Landkreisen Bad Doberan und Rügen um mehr als fünf Prozent.
Teilweise dramatische Beschäftigungsverluste drohen hingegen in ländlichen Regionen mit ungünstiger Wirtschaftsstruktur und sinkenden Bevölkerungszahlen. Dieser Trend schlägt vor allem in Ostdeutschland nieder. So wird in zehn Jahren beispielsweise im Landkreis Spree-Neiße etwa 30 Prozent und in Wilhemshaven mehr als 20 Prozent mehr Arbeitslose als heute geben. Das Basisszenario prognostiziert für 63 der 87 ostdeutschen Kreise einen Beschäftigungsrückgang, aber auch, knapp 30 Prozent der Kreise in Westdeutschland (95 von 326).
2. Das Polarisierungsszenario
Neben dem Basisszenario wird in der Untersuchung auch ein Polarisierungsszenario entworfen. Dieses basiert auf der Annahme, dass Hochqualifizierte mobiler sind als gering qualifizierte. In der Konsequenz wandern Hochqualifizierte aus den ohnehin strukturschwachen Regionen ab und verstärken damit die Polarisierung der Humankapitalbestandes zwischen Metropolregionen und dem Land.
Verglichen mit dem Basisszenario steigt die Zahl der Kreise (158 auf 161) mit sinkender Erwerbstätigkeitenzahl bis 2020. In den meisten ostdeutschen Regionen fällt das Ergebnis 0,5 Prozent schlechter aus (68 von 87). Zu den Gewinnern zählen auch im Polarisierungsszenario die Kreise um den Großraum München.
3. Das Wachstumsszenario
Die Studie geht im Wachstumsszenario davon aus, dass der Anteil der Hochqualifizierten bis 2020 in allen Regionen zunimmt. Vorraussetzung ist hier allerdings, dass strukturschwache Kreise in ihre Bildungs- und Wissenschaftsinfrastruktur investieren. Im Vergleich zum Basisszenario sinkt in diesem Fall die Zahl der Kreise mit rückläufiger Erwerbstätigkeitszahl von 158 auf 143. Zudem würde es in vielen Regionen weniger Arbeitslose geben. Besonders profitieren würden hiervon die Kreise im Osten Deutschlands.
Die Aussage der Studie ist damit klar: Langfristig lässt sich die Entwicklung der regionalen Beschäftigung vor allem durch Investitionen, die die Ansiedlung hochqualifizierter Arbeitskräfte fördern, positiv beeinflussen. Wer die Bildungsinfrastruktur weiter ausbaut, wird nachhaltig für mehr Arbeitsplätze in der Region sorgen.