Die elektronische Patientenakte (EPA) ist eine enge Verwandte der elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Beide sind seit Jahren in der Diskussion, werden in manchen Ländern schon weitgehend eingesetzt, aber in Deutschland geht alles etwas langsam voran. Umstritten ist insbesondere auch der Datenschutz. Viele fragen sich, was passiert mit den gespeicherten Daten und wie kann ein unbefugter Zutritt unterbunden werden?
Grundsätzlich spricht nichts dagegen, jeder Person und damit jedem potenziellen Patienten möglichst viele Gesundheitsdaten, dokumentierte Diagnosen und Therapien mit auf den Weg zu geben. Zumindest solange gewährleistet ist, dass niemand innerhalb der Gesundheitsinstitutionen und niemand außerhalb über ein Netzwerk oder das Internet Zugang zu diesen sensiblen Informationen bekommt.
Die Asklepios Schlossberg-Klinik Bad König, eine auf neurologische Frührehabilitation spezialisierte Fachklinik, hat nun im Rahmen der Ausweitung ihrer Behandlungs-und Pflegekapazitäten eine elektronische Patientenakte (EPA) eingeführt. Die Patientendatenmanagement-Software "PDMS" basiert laut Angaben der Klinik auf der QCare-Suite des Anbieters Health Information Management. Die Suite beansprucht, Software-Systeme und medizinische Geräte zu integrieren, um online patientenspezifische Daten, wie etwa Vitalparameter, zu ermitteln.
Schnittstelle zum Krankenhaus-Informationssystem
Die Asklepios-Klinik begründet ihre Entscheidung: Nur so könne man die "medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Abläufe und Leistungen auf einer Plattform automatisiert für jeden Patienten erfassen und bündeln, komplett dokumentieren sowie transparent darstellen und aufschlüsseln". Diese Informationen ließen sich über eine Schnittstelle an das Krankenhaus-Informationssystem bereitstellen, "um klinikweit abrechnungsrelevante Leistungen dokumentieren und weiter verarbeiten zu können".
Für die Klinik bestehe der Vorteil darin, dass sie damit wesentliche wirtschaftliche, medizinische und technische Ziele erreichen könne: Dazu zählen Erlössicherung, Patientensicherheit und transparente Prozesse. Für die Patienten ergibt sich der Vorteil, dass Ärzte und Pflegepersonal unmittelbaren Zugang zu ihren Gesundheitsdaten bekommen. Umständliche Telefonate oder hastiges Studium von verstreuten Papierunterlagen können unterbleiben oder reduziert werden.
Extrem hoher Dokumentationsaufwand in der Intensivmedizin
Wie die Klinik mitteilt, müsse man als Institution für neurologische Frührehabilitation einen "extrem hohen Dokumentationsaufwand" bewältigen. Das Volumen ergebe sich aufgrund der vielen Behandlungs- und Pflegeleistungen, die in der Intensivmedizin zu erbringen seien: "Dabei gilt es, die Leistungen der insgesamt 495 Mitarbeiter, darunter 20 Ärzte, 227 examinierte Kranken- und Gesundheitspfleger sowie 64 Therapeuten minutengenau darzustellen." Dies mit manuellen Mitteln zu erledigen, wäre mittelfristig nicht mehr tragbar gewesen, heißt es.
Die minutengenaue Erfassung der erbrachten Leistungen sei ein wichtiges Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg. Denn die Intensivmedizin habe pro Patient und Tag 300 Minuten an Therapie nachzuweisen. Die Klinik: "Um die Anforderungen der medizinischen Dienste erfüllen zu können, müssen alle Leistungen exakt dokumentiert und nachvollziehbar sein. Sofern geleistete Minuten nicht erfasst sind, gelten sie als nicht erbracht." Demgegenüber sei das nachträgliche Erfassen der Daten "sehr aufwendig, häufig fehlerhaft und sehr kostenintensiv".
Erste EPA im vollumfänglichen Einsatz bei Asklepios
Innerhalb des Asklepios-Konzerns, der sich selbst als größte private Klinikkette in Deutschland und Europa bezeichnet, handelt es sich um "die erste EPA im vollumfänglichen Einsatz". Die IT-Leute der Klinik legten Wert darauf, dass die Lösung nicht fix an ein bestimmtes Krankenhaus-Informationssystem (KIS) eines einzelnen Herstellers angeschlossen ist, sondern über offene Schnittstellen verfügt. Dies ist schon allein deshalb nötig, weil hierzulande viele unterschiedliche KIS-Varianten im Einsatz sind.
Wie Ulrich Schultz, Geschäftsführer der Asklepios Schlossberg-Klinik, mitteilt, lag die Investition "im oberen sechsstelligen Bereich und wird sich schätzungsweise innerhalb von drei bis vier Jahren amortisiert haben". Nach einem Ausschreibungsprozess konnte die Implementierung nach vier Monaten abgeschlossen werden. Alle betroffenen Berufsgruppen in der Klinik wurden frühzeitig in die Planung und Umsetzung des Projekts einbezogen. Über die Bildung von Key Usern wurde das notwendige Know-how für die neue Software Schritt für Schritt unter den übrigen Mitarbeitern verteilt.
Was den Datenschutz innerhalb der Klinik angeht, verweist Marius Appel, zuständig für Organisation und Projektmanagement, auf die allgemeinen Datenschutzrichtlinien bei Asklepios. Ärzte und Pflegepersonal haben einen getrennten passwortgeschützten Zugang. Wird keine normale Abmeldung aus dem System vorgenommen, schaltet sich das Programm nach zwei bis drei Minuten von selbst aus. In dieser Zeitspanne könnten zwar Angehörige oder Unbeteiligte einen kurzen Blick auf die medizinischen Daten erhaschen, aber das könne man nicht prinzipiell ausschließen.
Datenschutz mit prinzipiellen Lücken
Der Zugang zur Intensivstation, auf der die schweren Krankheitsfälle behandelt werden, sei generell stärker geschützt: Besucher haben nur kontrollierte Erlaubnis zum Eintritt in diesen Bereich. Allerdings wird hier das Programm erst nach 15 Minuten automatisch beendet, wenn kein sauberes Ausloggen passiert ist. Dies sei, so Appel, aus medizinischen Gründen in diesem Bereich nicht anders praktikabel.
Allgemeine Informationen zur Elektronischen Personal- oder Fallakte finden sich auf der Webseite des Vereins Elektronische Fallakte (EFA): http://www.fallakte.de/downloads