Cloudbasierter Support

Auf dem Weg zum "ticketlosen" Callcenter

16.09.2022 von Paula Rooney
Der Netzwerkausrüster Ciena hat mit Amazon Connect ein cloudbasiertes Contact Center entwickelt. Die Ziele sind besserer Kundenservice und weniger Kosten.
Der Netzwerkausrüster Ciena will seinen Helpdesk so aufstellen, dass Standardprobleme von anrufenden Kunden sofort gelöst werden.
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Craig Williams, CIO von Netzwerkausrüster Ciena, hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Er will den 11.000 Kunden, Mitarbeitern und Vertragspartnern des Unternehmens ein Helpdesk-System ohne Tickets anzubieten. Das bedeutete, sich von seinem Callcenter-Partner zu trennen und stattdessen den Betrieb auf Amazon Connect zu verlagern, einen von Amazon Web Services (AWS) angebotenen cloudbasierten Kontaktcenter-Service.

Durch die Integration seiner Plattform in Connect könnte Ciena die meisten Helpdesk-Probleme seiner Kunden, wie etwa Passwörter zurückzusetzen, schnell lösen und andere häufige Anfragen nahezu in Echtzeit beantworten. Es wäre auch möglich, Zugang zu vielen anderen AWS-Services zu erhalten. Dazu zählen beispielsweise der Amazon Lex-Chatbot, Natural Language Processing (NLP) über die Wisdom-Funktion der Connect-Lösung und Voice ID, um Anrufer zu authentifizieren.

"Unser Ziel ist es, ohne Tickets auszukommen, und wir hatten nicht die Werkzeuge, um das zu erreichen", sagt Williams. Er hofft, dass das Contact Center des Unternehmens durch die Umstellung auf die Cloud so schnell und einfach zu bedienen sein wird wie der Amazon-Einkaufswagen. "Wir müssen einen Helpdesk finden, mit dem wir die fünf bis zehn Prozent der Kundenprobleme lösen können, die nicht einfach auf automatisierte Weise zu bewältigen sind," so der CIO weiter. Amazon sei der einzige Anbieter, der dieses Problem versteht.

Cloud bietet fortschrittliche Services

Connect ist nicht der einzige AWS-Service, den Ciena nutzt. Das Unternehmen hat im März 2020 seine eigene Migration in die Amazons Cloud gestartet. Nach dem Wechsel zu Amazon Connect im Juni 2021 und Amazon Connect Self Service sechs Monate später hat das Unternehmen 50.000 Dollar eingespart. Der Hauptgrund, den cloudbasierten Dienst einzuführen, war jedoch nicht Kosten zu senken, sondern Kundenservices zu verbessern. Bis heute hat Ciena laut Williams etwa die Hälfte der Tickets eliminiert und die Wartezeiten von knapp 15 Minuten auf zwei Minuten gesenkt.

Ein Connect-Callcenter einzurichten, kann nur wenige Stunden dauern. Es handelt sich aber nicht um ein Plug-and-Play-Verfahren. Laut Williams müsse jeder Kunde Modifikationen vornehmen, um seine jeweiligen Systeme zu integrieren. Das IT-Team des CIO habe maßgeschneiderte Benutzeroberflächen entwickelt und auf Amazon Connect-APIs zugegriffen, um die Integration nahtlos zu gestalten.

Die Ciena-IT hat auch die Integration mit ServiceNow und zu Amazon Lex für natürliche Sprache und automatisierte Kundeninteraktionen ermöglicht.

Darüber hinaus integrierte das Unternehmen seine Contact-Center-Plattform mit AWS Directory Services für das Identitäts- und Zugriffsmanagement (Identity and Access Management, IAM) sowie mit der Monitoring-Lösung Amazon Kinesis integriert. Laut Williams ruft das Ciena derzeit AWS Lambda-Funktionen auf, um Datenabfragen durchzuführen, verschlüsselte Kundeneingaben zu senden und andere notwendige Integrationen in Kontaktflüsse vorzunehmen.

Die Ciena-IT lotet auch die Möglichkeit aus, Sprachauthentifizierung zu verwenden. Das Team um den CIO hofft, die interaktiven Business-Intelligence-Dashboards von Amazon Quick Sight zu nutzen, um mithilfe von AWS-Funktionen für Machine Learning Muster und Ausreißer zu erkennen.

Ein weiteres Ziel für die Zukunft ist, Visual IVR einzusetzen. Das ist ein interaktives Sprachdialogsystem, mit dem Williams mobile Kundeninteraktion betreiben will, um eingehende Anrufer zu einem webbasierten Support zu führen.

Cloud-Kontaktzentren auf dem Vormarsch

Megan Fernandez, Research Director beim Marktforschungsunternehmen Gartner, geht davon aus, dass Cloud-Contact-Center-Lösungen wie Amazon Connect von den anhaltenden Strategien für hybride und Remote-Arbeitsplätze im Zuge der Pandemie profitieren werden. Dia Analystin geht davon aus, dass zukünftige Innovationen in den Bereichen KI und virtuelle Kundenassistenten mit Contact-Center-Plattformen die Investitionen weg von On-premises-Implementierungen und hin zu Cloud-Lösungen lenken werden. Zudem solle diese Verlagerung viel Geld sparen, da die Arbeitskosten für Live-Agenten bis zu 95 Prozent der Kosten von Contact Centern ausmachen.

Bis cloudbasierte Callcenter vollständig automatisiert sind, ist laut Fernandez jedoch noch einiges zu tun. "In diesem Stadium können die professionellen Services für das Design, Daten-Engineering und Machine Learning für die Entlastung sehr komplex sein," sagt sie. Da Konversations-KI und virtuelle Kundenassistenten (VCAs) immer ausgereifter würden und die professionellen Dienste Erfahrungen sammeln sowie ihre Ressourcen erweitern, erwarte Gartner, dass die Fähigkeit, Interaktionen von Agenten herunterzufahren, deutlich zunehmen wird.

Clevere Services von automatisierten cloudbasierten Callcentern könnten nicht nur viel Geld sparen, sondern auch den Kundenservice verändern. So hat Ciena mit Connect die Möglichkeit, VIPs seiner über 1.700 Firmenkunden besondere Services anzubieten. Durch die Connect-Implementierung konnte das Unternehmen außerdem Mitarbeiter von Arbeitslast befreien. Diese konzentrieren sich auf dringende Probleme wie Sicherheit und weitere neue Technologien zu implementieren, die über die Cloud bereitgestellt werden.

Laut CIO Williams plant das Unternehmen für die Zukunft, Augmented Reality (AR) in Headsets einzusetzen. So sollen technisch nicht versierte Mitarbeiter Live-Anweisungen erhalten und als Systemadministratoren agieren können. Zwar habe der IT-Chef derzeit keine Pläne, AR mit Amazon zu implementieren, aber es gäbe Pläne, es als IT-Service in einigen Bereichen intern zu nutzen.

"Wir können zum Beispiel Headsets an jede unserer Einrichtungen schicken. Die Person am anderen Ende muss nur das Gerät aufsetzen und der IT-Experte kann sie per Fernzugriff anweisen, was zu tun ist", erklärt Williams. So könnten hoch bezahlte Mitarbeiter zu Hause bleiben und die Installationen an den Standorten gingen schneller. Zudem gäbe es bereits einen Proof of Concept (PoC) für die Lieferkette des Unternehmens, in dem dasselbe Konzept zur Qualitätssicherung am Fließband zum Tragen komme.

"Wir hatten schon verschiedene Arten von Contact Centers", sagt Williams. Die Umstellung auf Amazon Connect habe nicht zum Ziel gehabt, diese per se zu verdrängen. Vielmehr gehe es darum, kommende Entwicklungen vorherzusehen, anstatt dem aktuellen Status quo Rechnung zu tragen. (jd)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.