Kleine und mittelständische Unternehmen geben bei Business Intelligence (BI) immer mehr Gas – ohne aber die Handbremse gelöst zu haben. Dieser Eindruck entsteht als offenbare Folge eines Konfliktes innerhalb der Firmen: Einerseits haben sie den Nutzen von smarten Planungs-Tools erkannt, andererseits wollen sie sich nicht mit überdimensionierten Investitionen übernehmen. Zwei aktuelle Studien geben jetzt einen Überblick sowohl über die spezifischen Ansprüche der Mittelständler im BI-Bereich als auch über die noch bestehenden Hürden.
„Business Intelligence kann die notwendige Transparenz schaffen, die zu strategischen Wettbewerbsvorteilen führt. Dies erkennt insbesondere der Mittelstand“, sagt Roman Schäfer, Geschäftsführer des Beratungshauses Conunit, das gemeinsam mit Wirtschaftsinformatikern der Technischen Universität (TU) Chemnitz 370 deutsche Mittelständler befragte.
Diese Vorzüge machte offensichtlich gerade die Wirtschafts- und Finanzkrise offenbar, wie Lösungsanbieter Novem Business Applications herausfand. Zwei Drittel der Anwender gaben an, dass BI-Lösungen bei der Bewältigung der Krise eine besondere Hilfe gewesen seien. Sie hätten schnelle Kurskorrekturen (63 Prozent) und einen präziseren Blick auf Stärken und Schwächen (62 Prozent) ermöglicht sowie das Risiko von Fehlentscheidungen verringert (57 Prozent).
Auch in mittelständischen Firmen schätzt man diese BI-Potenziale immer mehr. Aber man muss sie auch bezahlen können, kann auf Erfolge nicht so lange warten wie große Unternehmen und darf seine Organisation nicht mit einem schwerfälligen BI-Projekt lähmen.
Eine Novem-Umfrage unter mehr als 400 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von bis zu 25 Millionen Euro bestätigt dieses Bild. Entscheidendes Auswahlkriterium ist für die meisten Firmen, dass nach schneller Implementierung alles funktioniert. Zwei Drittel sagten, eine kurze Einführungszeit sei ihnen besonders wichtig.
Anwendung beschränkt sich meist auf Controlling und Vertrieb
63 Prozent nannten Unabhängigkeit von speziellem IT-Know-how als wichtigen Faktor, 58 Prozent einen geringen Lern- und Schulungsaufwand. „Der Mittelstand achtet bei BI sehr auf den Gedanken der Einfachheit, weil er sich sonst sowohl fachlich und organisatorisch als auch kostenmäßig überfordert fühlt“, sagt Novem-Geschäftsführer Anastasios Christodoulou. 61 Prozent gaben entsprechend an, auf ein einfaches Preismodell zu achten. Weniger wichtig ist für diese Anwendergruppe hingegen die einfache Erweiterbarkeit, die nur von der Hälfte der Befragten als Kriterium angeführt wurde. Ergo: Der erste Schritt ist schwer genug, da will man dem zweiten noch keine große Aufmerksamkeit widmen.
Den größten Nutzen von BI-Lösungen sehen Mittelständler mit einem Jahresumsatz zwischen 100 Millionen und 1 Milliarde Euro laut Studie von Conunit und TU Chemnitz in einer schnellen Berichtsverfügbarkeit, qualitativ besseren Berichten und einem einfachen Informationszugang.
Dies verweist auf das eingeschränkte Anwendungsfeld in diesen Unternehmen. BI wird vornehmlich von Controlling (88 Prozent), Vertrieb (75 Prozent) und Rechnungswesen (63 Prozent) genutzt und dient zur Erstellung von Berichten für Management und Geschäftsführung: 81 Prozent nutzen BI zur Berichterstellung, 75 Prozent zur Ad-Hoc-Datenanalyse und 62 Prozent zur Budgetierung.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die avancierten BI-Funktionen im mittelständischen Umfeld momentan von nachrangiger bis vernachlässigbarer Bedeutung sind. Risikomanagement etwa wird lediglich in 17 Prozent der Unternehmen von BI unterstützt, Management Dashboard in 29 Prozent. Ein Umdenken ist jedoch im Gange: 60 Prozent planen, BI auch beim Risikomanagement einzusetzen. 52 und 48 Prozent sagen das auch für die Bereiche Management Dashboard und Balanced Scorecard.
Wie die Novem-Studie zeigt, sehen Mittelständler Dashboards und Scorecards dennoch nicht als Prioritäten an. Bei der Frage nach benötigtem Leistungsprofil rangieren andere Dinge vorne: Vielfältige Reportmöglichkeiten mit 71 Prozent, praxisgerechte Analysen mit 69 Prozent und flexible Budgetierung mit 67 Prozent.
Forecasting im Mittelstand nicht gefragt
Weit weniger interessant ist ein transparentes Forecasting, das lediglich von 54 Prozent als Antwort genannt wurde. Anzunehmen allerdings, dass es in Bälde deutlich mehr sein werden. „Auch für den Mittelstand werden die Entscheidungsbedingungen immer komplexer, und wachsen parallel dazu die Entscheidungsrisiken“, so Christodoulou.
Für ein Drittel der Mittelständler sei BI in diesem Zusammenhang bereits Pflicht, weitere 31 Prozent halten derartige Software-Lösungen für immer wichtiger, so die Novem-Studie. Ein Fünftel der Firmen sehen hingegen keinen Bedarf für BI. Optimistischer ist da die Conunit-Befragung, laut der 90 Prozent der Befragten BI-Know-how aufbauen oder mit dem Gedanken daran spielen. Eines ist in jedem Fall gewiss: „Business Intelligence hat insgesamt im Mittelstand noch Potenzial“, so Prof. Peter Gluchowski von der TU Chemnitz.
Novem Business Applications hat einen BI-Leitfaden für den Mittelstand erstellt, der auf der Website des Unternehmens herunter geladen werden kann.