China liegt für die Ingenieure von Magna Steyr quasi um die Ecke: Dank des Projekts "ICADM" können sie mit ihren Kollegen aus Fernost beinahe reibungslos an gemeinsamen Aufgaben arbeiten. Das erfolgreich abgeschlossene Projekt hat dazu beigetragen, den CIO des Automotive-Unternehmens, Christian Mezler-Andelberg, im Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" unter die besten fünf IT-Manager in der Kategorie Großunternehmen zu katapultieren. Im Sonderwettbewerb "Global Exchange Award", der internationalen Erfolg gesondert auszeichnet, kam der CIO des österreichischen Unternehmens sogar auf Platz zwei.
Die Krise machte dünnhäutig
Dabei lief bei der Entwicklung des "Globalen Engineering Daten Verbunds", so der Alternativtitel des Vorhabens, zunächst nicht alles ganz nach Plan: Das Projekt wurde mehrmals unterbrochen und angepasst - statt eines Jahres lief es über zwei. Mezler-Andelberg führt die Verzögerung letztlich auf die im Jahr 2010 angespannte Lage in der Automobilwirtschaft zurück: "Nach der Krise waren die Nerven dünn."
Was macht ein guter CIO in solch einer Situation? "Auf keinen Fall die Nerven verlieren", schmunzelt Mezler-Andelberg. "In solchen Projekten kann sich der CIO doch einmal beweisen. Hier gilt es, top down zu motivieren und gleichzeitig zu beruhigen." Das ist ihm offenbar ganz gut gelungen. Denn Mitte 2012 war das System schließlich einsatzbereit.
Hat sich das Projekt ausgezahlt? Ganz sicher, sagt Mezler-Andelberg. Aber diese Frage stelle sich so gar nicht mehr. Denn inzwischen ließen sich die anspruchsvollen Engineering-Projekte der Magna-Steyr-Fahrzeugtechnik "nativ" kaum noch bewältigen: "Es gab nur ein Projekt, das wir seither ohne das System durchgeführt haben. Und dabei fielen unter anderem höhere Kosten und viel Nacharbeit an."
Doch das ist beinahe schon Geschichte. Derzeit ist Mezler-Andelberg mit einem viel umfassenderen Vorhaben beschäftigt. Unter dem Titel "Roadmap Level 3" plant der 45-Jährige, die IT der zum Automobilzulieferer Magna International gehörenden Gruppe völlig neu auszurichten.
Ein breit angelegtes Sparprogramm war der Auslöser. Aber nicht nur aus diesem Grund gehört zur neuen Strategie die Konzentration auf das Wesentliche: "Für Commodities versuchen wir, übergreifende Lösungen zu finden, entweder mit unserem internen IT-Dienstleister Magna IT oder mit anderen Partnern", konkretisiert der CIO seine Vorgehensweise.
Wo ist die IT Wettbewerbsvorteil?
Die 180 ihm unterstellten Mitarbeiter will Metzler-Andelberg künftig vor allem dort einsetzen, wo die IT tatsächlich Mehrwert für das Unternehmen schaffen kann. Aber wo genau liegen nun die Bereiche, "die dem Unternehmen Wettbewerbsvorteile bringen", wie der IT-Verantwortliche es formuliert? Um das herauszufinden, führte er - unterstützt durch einen externen Partner - lange Gespräche mit den Direktoren und Geschäftsführern aller Firmenbereiche.
Die Fragen, die Mezler-Andelberg dabei stellte, hießen sinngemäß:
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Wo kann IT helfen, euer Business zu verbessern und es innovativer zu machen?
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Was erwartet ihr von der IT?
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Wo bleibt die IT hinter euren Erwartungen zurück?
Die Bestandsaufnahme offenbarte durchaus eine gewisse "Divergenz in der Wahrnehmung", räumt Mezler-Andelberg ein: "Und genau das hilft uns, unser Augenmerk zu verlagern."
Orientiert an Geschäftsbereichen
Die Befragungen sind seit Mitte Februar abgeschlossen. Jetzt gilt es, die wichtigen Themen herauszuarbeiten, zu priorisieren und die Umsetzung zu planen. Eine Folge der strategischen Neuausrichtung ist bereits evident: Die gesamte IT-Organisation orientiert sich jetzt an den Geschäftsbereichen. "Früher hatte ich 80 Prozent meiner Mitarbeiter in Querfunktionen, heute befasst sich nur noch ein Fünftel mit Governance, Security etc.", erläutert Mezler-Andelberg, "die anderen verteilen sich auf die vier Säulen des Business: Contract Manufacturing, Engineering, Dachsysteme und Energiespeichersysteme."
Neben dieser organisatorischen Änderung - und teilweise wohl auch durch sie bedingt - hat Mezler-Andelberg seinem Team auch eine neue Sicht auf die internen Kunden der IT vermittelt. Der IT-Verantwortliche redet inzwischen nicht mehr von "Anwendern", sondern von "Kollegen". Manche werden vielleicht einwenden, das sei nur ein Wort. Aber am Anfang des Denkens steht das Wort. Und das lässt sich relativ einfach ändern. (Computerwoche)