"Wir sind darauf angewiesen, dringend benötigte medizintechnische Systeme schnell lokalisieren zu können", erläutert Fernando Martinez, Chief Information Officer (CIO) des Mercy Hospitals - einer Klinik in Miami, Bundesstaat Florida, USA. Dabei gehe es nicht vordergründig darum, die teuren Geräte vor Diebstahl oder Missbrauch zu sichern, sondern sie in erster Linie in kürzester Zeit Patienten etwa im OP oder in der Notaufnahme zur Verfügung stellen zu können.
Martinez hat für sein Problem eine Lösung gefunden: Die Abkürzung dafür lautet RTLS. Dahinter verbirgt sich ein campusweites Echtzeit-Lokalisierungssystem, das auf dem Wireless Local Area Netwok, kurz WLAN, des Krankenhauses aufsetzt. Das System stammt vom finnischen Hersteller Ekahau, einem Anbieter WLAN-basierter RTLS-Lösungen. Das Produkt des Unternehmens mit Sitz in den USA funktioniert auf den ersten Blick denkbar einfach: Die zu ortende Person oder das zu lokalisierende Produkt wird mit einem "RTLS-Tag" ausgestattet. Dieser Tag scannt die Access Points des WLANs.
Die RTLS-Software wertet - je nach Vorkonfiguration - in regelmäßigen Abständen die von den Tags übermittelten Funkfeldstärken der wahrgenommenen Access Points des WLANs aus. Der Clou: Anders als Lokalisierungssysteme konkurrierender Hersteller erfordern die Produkte von Ekahau keine Installation von proprietären Infrastrukturen oder Antennen beim Kunden.
"Die eigentliche Herausforderung liegt im Vergleich mit den initial eingemessenen Kalibrierungswerten", sagt Dirk Lenz, Manager Business Development von Ekahau in Emmendingen/Schwarzwald. Dazu benötigt der Anwender neben den Standort-Tags Ekahau 301 eine Client-Software für die WLAN-fähigen Geräte sowie die Anwendungssoftware-Pakete Ekahau-Finder und Ekahau Tracker.
Die Tools arbeiten sehr differenziert. "Über den Bewegungssensor etwa lässt sich erkennen, ob sich ein Tag bewegt oder nicht", erklärt Lenz. Und selbst die Tags seien nicht nur "dumme Melder". Ihnen inne wohnt ein "Maintenance Call", der sich von selbst die neueste Konfiguration abholt. Prinzipiell läuft das Scanning über die Mac-Adresse des Objektes. Diese können aber auch personalisiert oder über den Barcode des Tags gescannt werden. Einstellen können Administratoren auch, wie oft gescannt werden soll; die Tracker-Applikation kann Alarme auslösen, und ein Sensor meldet sich etwa nur dann, wenn er am Ziel angekommen ist oder auch, wenn er sich bewegt.
Neues Klinik-Projekt
Martinez ist nicht der Einzige, der auf RTLS im Klinik-Bereich setzt. Kürzlich entschied sich "The London Clinic" - ein etabliertes unabhängiges Krankenhaus in Großbritannien - für denselben finnischen Anbieter. Die Anforderungen dort gestalten sich ähnlich wie in Miami: Auch das Londoner Klinikum will mit Hilfe von RTLS wertvolles medizinisches Gerät schützen. Das Krankenhaus hat ein umfangreiches WLAN-Netz aufgebaut, um einen reibungslosen Informationsfluss im gesamten Bereich des Klinikums sicherzustellen. Beste Voraussetzungen für das RTLS von Ekahau, schließlich fungiert das Standard-WLAN-Netz nach IEEE 802.11 als Backbone für die Lösung der Finnen, die künftig die medizinischen Geräte lokalisieren und damit vor Verlust und Diebstahl schützen soll.
European Electronique, ein Ekahau-Reseller, lieferte im Dezember 2006 ein Pilotsystem, welches die Bereitstellung eines exakt auf das WLAN des Krankenhauses abgestimmtes RTLS-System sowie hundert "Ekahau T201 Tracking Tags" umfasste. Schon jetzt zeigt sich der IT-Direktor der London Clinic, Mike Roberts, zufrieden: "The London Clinic ist ein Bau aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts voller Winkel und Verstecke, der für das Funktionieren eines jeden WLAN-Netzes eine Herausforderung darstellt. Nichtsdestoweniger hat der Pilot gezeigt, dass die Technik gut funktioniert. Die Lösung von Ekahau wird uns durch Kontrolle der Sachwerte - typischerweise Gegenstände wie Spritzenpumpen und Blutgas-Überwachungsgeräte - Zeit und Geld sparen."
Expandierender Markt
Geht es nach den Prognosen der Analysten, dürften Klinik-CIO Martinez und IT-Direktor Rober schon bald weitere Nachahmer bekommen: Laut einer Studie der Yankee Group soll der Markt für geländebasierte Echtzeit-Lokalisierungssysteme einen Wachstumsschub erfahren und damit eine einflussreiche Rolle bei der Gestaltung strategischer WLAN-Landschaften einnehmen. So soll der RTLS-Markt bis zum Jahr 2010 ein Umsatzvolumen von 1,6 Milliarden US-Dollar erreicht haben.
Laut Angaben der Auguren verlässt die Technologie ihr Nischendasein, da immer mehr Unternehmen verstärkt Wi-Fi und aktive RFID-Technologien einsetzen. Die weitere Marktentwicklung und Maturation hänge an Faktoren wie dem Vertrauen der Anbieter in größere Standardisierung, gestaffelten Vertrieb, Partnerschaften und fortschreitender Verbesserung der Technologie. Die Nutzungspioniere von RTLS-Lösungen sehen vor allen Dingen die zuverlässige Lokalisierung und das Management von hochwertigen Gütern, aber auch von Menschen im alltäglichen Unternehmensbetrieb als erwiesene Vorteile an. RTLS-Lösungen versprächen den Unternehmen eine Steigerung der Effektivität und so auch der Gewinne, erläutern die Experten der Yankee Group. Sie sehen für die Zukunft neue Anwendungsfelder im Handel, Gastronomie und im Unterhaltungssektor.
"Der RTLS-Markt wächst mit einem gesunden Tempo", befindet Steve Tobin, Analyst des Marktforschungsunternehmens Frost & Sullivan. "Die Technologie ist derzeit zwar noch ein aufkeimendes Pflänzchen, jedoch mit dem großen Potenzial, Prozesse und Workflows entscheidend verbessern zu können", so Tobin. Gleichzeitig appeliert er aber auch an die Hersteller, echten (Mehrfach-)Nutzen ihren Kunden anzubieten und nicht nur eine Marketing-Mogelpackung. "Organisationen heutzutage müssen sich zwischen den verschiedensten Technologien entscheiden", so Tobin. Alle brächten ein Set an Vor- und Nachteilen mit sich. "Ohne eine klare Marktdominanz von RTLS wird es für die Unternehmen schwierig, sich für die richtigen Lösungen zu entscheiden und die Aufgaben vor allem im Rahmen ihrer Budgets angemessen zu priorisieren, so der Frost & Sullivan-Analyst.
Vor allem die Abgrenzung zwischen RFID und reinen WLAN-Lösungen müsse gelingen, wenn RTLS dauerhaft in Unternehmen Fuß fassen soll. Das sieht auch Dirk Lenz so: "Oft ergeben sich die Vorzüge eines RTLS während der Installation eines WLANs", so der Ekahau-Manager. Da Lösungen wie die der Finnen auf Standard-Wi-Fi-Wireless-Networks (Standard 802.11) aufbauten, sei eine breite Installationsbasis gegeben. "So macht RTLS Sinn etwa im Asset-Tracking", meint Lenz. Ganze Gitterboxen ließen sich mit Hilfe dieser Technologie verfolgen. "RTLS beginnt da zu arbeiten, wo die Vorteile von RFID aufhören."
Gesunder Wettbewerb
Das RTLS inne wohnende Potential haben neben Ekahau mittlerweile auch andere Firmen erkannt. In erster Linie sind es "Netzwerkriesen" wie Cisco, die RTLS als Spin-off-Produkt ihrer WLAN-Lösungen mit verkaufen - wozu dann jedoch zwingend die Anschaffung neuester Infrastrukturhardware erforderlich ist. Mit dabei sind auch Firmen wie Aeroscout mit Sitz in der Bay Area und weiteren Niederlassungen in Israel, Belgien und Japan. Mit Lösungen wie dem AeroScout Visibility System bewegen sich die Kalifonier zwischen RTLS-, RFID- sowie Telemetrie-Systemen. Konkurrenz bekommt Areoscout etwa von PanGo. PanGo Platform, PanGo Locator sowie PanGo Active RFID Tags gehören zum Portfolio des im Bundesstaat Massachusatts ansässigen Unternehmens.
Lenz sieht die Entwicklung seines Marktumfeldes gelassen: "Erst mit der breiten Installation von drahtlosen Netzen ist Bewegung in den Markt für geländebasierte Echtzeitlokalisierungssysteme gekommen." Es sei gut, dass es Wettbewerb gebe. "Der treibt das Thema erst voran“, ergänzt der Ekahau-Manager. Eher Sorgen bereiteten ihm diejenigen, "die ihre Logistik auf die herkömmliche Art - mit Strichlisten und Barcode-Scannern - betreiben."
Um die von neuen Technologien zu überzeugen, braucht es "Vordenker" wie CIO Martinez, der am Mercy Hospital in Miami auch an anderen Stellen zur den "Early Adopters" gehört: Auf dem Campus-weiten WLAN betreibt Martinez nicht nur Ekahaus geländebasiertes Echtzeit-Lokalisierungssystem. "Point-of-Care-Systeme" und ein klinikweites elektronisches Rezept-Management beweisen, dass es möglich ist, aus IT-Investitionen Mehrfachnutzen zu ziehen - für den weiteren Weg von RTLS ein entscheidendes Plus.