Telekom und SAP vorn

Aufsichtsräten fehlt Digitalkompetenz

13.01.2015 von Christiane Pütter
Nur vier Prozent der Aufsichtsratsmitglieder in Deutschland verfügen über Digitalexpertise. Das ergab eine Studie von Personalberater Russell Reynolds.

Kommen die Unternehmensspitzen der Digitalisierung nach? Das wollte der Personalberater Russell Reynolds Associates aus New York wissen. Die Consultants haben sich die Besetzung von Board und Aufsichtsrat angesehen. Fazit: Die Unternehmen kommen voran, aber Europa hinkt hinterher.

Die Zahlen dazu: In den USA hat Russell Reynolds die Fortune 100-Konzerne analysiert. In rund jedem Vierten davon (24 Prozent) sitzen derzeit mindestens zwei Digital Non-Executive Directors im Aufsichtsrat. In Europa gilt das nur für vier von hundert Unternehmen. Der Blick nach Deutschland: Die Dax 30-Firmen zählen zusammengenommen 206 Aufsichtsratsmitglieder. Neun von ihnen spricht Russell Reynolds "ausgewiesene Digitalkompetenz" zu, das entspricht ebenfalls gut vier Prozent.

Russell Reynolds Associates über Digitalkompetenz in Aufsichtsräten
Digitale Expertise in den Aufsichtsräten
Unter den US-amerikanischen Fortune 100-Konzernen verfügen immerhin 24 Prozent über zwei oder mehr Digital Non-Executive Directors im Aufsichtsrat. Bei den Dax 30-Unternehmen gilt das nur für vier Prozent.
Deutsche Aufsichtsräte
Neun von insgesamt 206 Aufsichtsräten der Dax 30-Unternehmen bezeichnet Russell Reynolds als Digital Non-Executive Directors. Darunter bekannte Namen wie Henning Kagermann und Hasso Plattner.
Branchen
Die Branchen Technologie und Konsumgüter liegen vorn, die Industrie ist deutlich abgeschlagen.
Consumer und Technology
Die Aufsichtsräte der Technologie- und Konsumgüterunternehmen im Einzelnen.
Finanzdienstleister
Russell Reynolds listet auch die digital kompetenten Aufsichtsräte der Finanzdienstleister, Healthcare-Firmen und der Industrie auf.
Expertinnen an der Spitze
Insgesamt 31 Prozent der digital kompetenten Aufsichtsräte sind Frauen. Russell Reynolds nennt einige davon namentlich.

Telekom und SAP liegen vorn

Dazu geben die Berater eine genauere Einschätzung ab. Die Deutsche Telekom und SAP dürfen sich demnach "highly digital" nennen, folgende Unternehmen immerhin "allgemein digitalkompetent": Allianz, Bayer, BMW, Commerzbank, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Post, E.ON, Lanxess, Munich Re, Siemens und ThyssenKrupp.

Unter den neun digital kompetenten Aufsichtsräten in Deutschland findet sich mit Claudia Nemat, Vorstandsmitglied der Deutsche Telekom AG und Mitglied des Aufsichtsrates der Lanxess AG, nur eine Frau. Thomas Becker, Managing Director und Digitalexperte bei Russell Reynolds Associates, kommentiert: "Kombiniert mit der jüngst beschlossenen Frauenquote wird sich in deutschen Konzernen der Bedarf an digital erfahrenen, weiblichen Aufsichtsräten künftig potenzieren."

Aufsichtsräte in Unternehmen aus Deutschland

Namentlich nennt Russell Reynolds folgende deutsche Aufsichtsräte und Unternehmen:

Thomas Becker appelliert: "Beim Thema Digitalisierung bedarf es in Deutschland einer nachhaltigen Veränderung. Nicht zuletzt aufgrund unseres hohen Exportanteils dürfen wir in diesem erfolgskritischen Feld nicht den Anschluss an die Weltwirtschaft verlieren."

Weltweit steigt die IT-Expertise

Insgesamt gesehen haben die Unternehmen ihre Expertise weltweit in den vergangenen zwei Jahren deutlich gesteigert. Wurden von 2010 bis 2012 lediglich 20 Digital Non-Executive Directors in Aufsichtsräte berufen, waren es nun 39. Ein knappes Drittel davon (31 Prozent) sind Frauen.

Ein globaler Blick auf die Branchen zeigt Technologie-Konzerne, aber auch Konsumgüterfirmen vorn. 48 beziehungsweise 42 Prozent verfügen über mindestens einen Digital Director im Board. Bei Healthcare sind es 39 Prozent. Dahinter klafft eine erhebliche Lücke: dreizehn Prozent der Finanzdienstleister und vier Prozent der Industrieunternehmen weisen einen Digital Director auf.