Windows 8 ist es egal, auf welchem Gerät es läuft. Mit einem solchen Statement wirft Microsoft Fragen auf. Beispielsweise die nach der Zukunft des PC.
In den 80er Jahren als Client-Revolution in der Informationstechnik gefeiert, ist der stationäre PC - wie auch sein mobiler Bruder, der Laptop - heute für viele ein Auslaufmodell: Anwender, die nicht nur vom Unternehmensschreibtisch aus arbeiten, nutzen lieber leichtere Geräte, mit denen sie unterwegs auf Unternehmensanwendungen zugreifen können. Gleichzeitig werden die voll ausgestatteten Kleinrechner in den Büros im Rahmen der Desktop-Virtualisierung oft durch Thin Clients ersetzt. Hat der PC also seine Schuldigkeit getan?
"Auf absehbare Zeit kann ich mir nicht vorstellen, auf meinen Laptop zu verzichten", sagt Andreas Nolte, CIO der Allianz Deutschland. Selbstverständlich hat der IT-Manager ein Tablet und ein Smartphone zur Verfügung. Aber um Präsentationen zu erstellen, Excel-Kalkulationen anzufertigen oder Access-Operationen auszuführen, braucht er doch ein Gerät mit ausreichender eigener Rechen-Power. Und da sein Notebook nicht mehr als zwei Kilogramm wiegt, nimmt er es auch überall hin mit.
Allianz: Noch keine Akzeptanz für eine reine Online-Lösung
Den Außendienstlern des Versicherungskonzerns geht es offenbar ähnlich: "Für eine reine Online-Lösung gibt es da noch keine Akzeptanz", hat der IT-Verantwortliche herausgefunden. Schon allein deshalb, weil die Netzabdeckung in ländlichen Gebieten teilweise nicht ausreicht. Zwei verschiedene Geräte mitzunehmen will die Allianz den Verkäufern aber auch nicht zumuten. Deshalb bleibt es in diesem Bereich fürs Erste bei der Ausstattung mit möglichst leichten und leistungsfähigen Laptops.
Im Innendienst, den "Betriebsgebieten", wie Nolte sie nennt, fährt die Allianz eine andere Strategie. Dort hat sie einen Großteil der Anwendungen bereits virtualisiert, und zwar auf der Basis von "V-Blocks", die von Cisco, EMC und VMware gemeinsam vermarktet werden. Jeder dieser etwa neun Meter breiten und zwei Meter hohen Blocks kann etwa 4000 Anwender bedienen.
Vier dieser Blocks werden derzeit bei der Allianz installiert. Bis zum Ende des Jahres sollen 10.000 Innendienstmitarbeiter darauf zugreifen können. Dazu erhalten sie Thin Clients, auf denen lediglich die Client-Software von Citrix läuft: "Die Logik ist dieselbe wie vor 25 Jahren bei den 3270-Terminals", erläutert Nolte: "Das Gerät ist quasi nur das TV-Gerät, die Sendung kommt vom Server."
Mit dem Rollout der von Dell/Wyse stammenden Geräte wurde im Mai dieses Jahres begonnen. "Das läuft ziemlich stabil, abgesehen von den üblichen Anfangsschwierigkeiten", sagt Nolte: "Und was mich darüber hinaus erstaunt hat, ist das verbesserte Anwortzeitverhalten; der Netz-Traffic ist um 30 bis 40 Prozent geringer, weil nur die Deltas der Darstellung hin- und hergeschoben werden." Last, but not least seien die kleinen Boxen mit angeschlossenem Monitor auch noch relativ robust: "Sie haben keine mechanischen Teile, ermöglichen also längere Laufzeiten", erläutert der Allianz-CIO.
Die Hälfte der Innendienstler hat schon Zero Clients
Etwa die Hälfte der Innendienstler erhalten solche Thin Clients, auch "Zero Clients" genannt. Die anderen behalten erst einmal ihre Fat Clients. Derzeit migriert die Allianz ihre PCs in einem großen Projekt auf Windows 7. Inwieweit sich die PC-Nutzer später auch der Thin-Client-Lösung anschließen sollen, ist noch offen.
Führungskräfte bekommen selbstverständlich neben dem Smartphone auch ein iPad, wenn sie das wünschen. Und damit können sie sich dank eines ausgefeilten Sicherheitskonzepts auch von überall her in das Unternehmensnetz einklinken. Dazu benötigen sie ein CitrixPlug-in sowie eine Secure ID und ein RSA Token.
Die Geräte, die sie dafür nutzen, sind bis auf ganz wenige Ausnahmen Firmeneigentum. Den Trend zu Bring your own Device (ByoD) betrachte Nolte "mit Interesse, aber abwartend". Bevor sich die Allianz dem anschließe, müssten noch einige technische Fragen geklärt werden.
Rehau: Neue Endgeräte-Strategie im kommenden Herbst
Auch Thomas Schott will den Fat Client noch nicht abschreiben. "Der PC ist tot - lang lebe der PC", fasst der CIO der auf Kunststoffverarbeitung spezialisierten Rehau-Gruppe seine Einschätzung des Endgerätemarkts zusammen. Das bedeute aber keineswegs, dass man sich an die Fat Clients klammern würde.
Vielmehr gibt es einen mit zwei Dutzend Testanwendern relativ breit angelegten Piloten für die Nutzung von iPads im Außendienst. Daneben läuft ein kleinerer Pilot für den Einsatz von Windows-Tablets innerhalb der IT und der Fertigung - mit Integration in die bestehende Microsoft-Landschaft.
Im dritten Quartal des laufenden Jahres wollen Schott und sein Team eine neue Endgeräte-Strategie formulieren. Die Ergebnisse der Testanwendungen sollen dort einfließen: "Derzeit bewerten wir das Projekt mit iPads und SAP tendenziell positiv", berichtet der CIO: "Die Netzverfügbarkeit reicht aus, zudem gibt es Offline-Funktionen des CRM-Systems, beispielsweise für die Erfassung des Besuchsberichts."
Mit den Windows-Tablets sind die Anwender allerdings noch nicht zufrieden: "Windows 8 läuft auf Tablets eher schlecht", konstatiert Schott. Microsoft habe aber bereits regiert und Windows 8.1 (siehe auch Windows 8.1 Preview - Download und Neuerungen) angekündigt: "Darauf hoffen wir."
Insgesamt beschafft Rehau rund 3000 PCs und 300 Smartphones pro Jahr - wobei Smartphones in Schotts Augen synonym für iPhones stehen. Die ständige Evaluierung des Markts führe immer wieder zum selben Ergebnis, sagt er: "Unsere Entscheidung für Apple finden wir seit drei Jahren jedes Mal bestätigt."
Dem ByoD-Trend setzt Schott das UyoD-Prinzip entgegen: "Use your own Device" bedeutet, dass der Anwender mit seinem privaten Equipment von zu Hause auf Unternehmensanwendungen zugreifen kann. Die Voraussetzungen dafür hat die Rehau- IT bereits vor einigen Jahren getroffen. Und so gibt es dafür heute bereits mehr als 500 User.
Ob er sich vorstellen könne, die Wahl der Endgeräte auch im Büro freizugeben? - Ja, das kann Schott: "Das wird irgendwann kommen - aber wir werden es nicht um jeden Preis mitmachen." Denn zwei Kriterien gelte es jeweils zu prüfen: Nicht nur die Sicherheit des Systems, sondern auch die Bedienbarkeit des Endgeräts und damit die Effizienz der Arbeit sind in diesem Zusammenhang ein Thema.
Abnehmende Bedeutung des PC als Universalwerkzeug
Unter dieser Prämisse wird sich das iPad im mobilen Vertrieb bei Rehau wohl durchsetzen - auch wenn es in Kombination mit einem PC die Kosten der Client-Beschaffung ein wenig in die Höhe treibt. Aber das zahlt sich am Ende aus. "Der Außendienst spart damit etwa zehn Minuten pro Kundenbesuch ein und ist damit deutlich effizienter", erläutert Schott.
In den Büros hingegen dürfte sich der PC noch eine ganze Zeit lang behaupten. Vor allem aufgrund der langen Regellaufzeit, vulgo: Abschreibung von vier Jahren - gegenüber drei für Laptops und Smartphones - ist er in puncto Kosteneffizienz derzeit unschlagbar.
Allerdings schrumpft seine Bedeutung als "Universalwerkzeug", wie Schott es formuliert. "Die Gerätevielfalt wird zunehmen", so das Fazit des Rehau-CIO, "und die neue Welt wird in hohem Maße von der Usability der auf den Geräten verfügbaren Software bestimmt." Wenn diese Qualität stimme, so sagt er voraus, werde es irgendwann wohl auch große Tablets für die klassischen PC-Arbeitsplätze geben.