Meister ihres Fachs oder ganzheitliche Strategen? Dienstleister oder Business Partner? Die Frage nach ihrem Status im Unternehmen beschäftigt CIOs immer wieder. Zwar gilt für sie die Rolle des Business Partners als unumstrittenes Ideal. Doch ist dieses noch längst nicht für jeden IT-Leiter Wirklichkeit geworden. "Das hängt zum Beispiel sehr stark von der Branche ab", erklärt Bernd Wolter, Managing Consultant bei der Beratungsfirma Detecon. "Bei Telekommunikationsunternehmen und Finanzdienstleistern ist die Entwicklung bereits weit fortgeschritten, der CIO wird hier in der Regel frühzeitig in die strategische Entwicklung des Unternehmens eingebunden", so Wolter weiter. Er leiste einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Geschäftsmodelle bzw. mache einige sogar erst möglich.
Nur knapp die Hälfte sieht sich als Partner
Über alle Branchen hinweg - so lässt sich zumindest auch aus der Studie IT-Trends 2011 der Management- und IT-Beratung Capgemini folgern - ergibt sich jedoch ein geteiltes Bild. So nehmen sich die meisten der rund 170 befragten CIOs, nämlich 72 Prozent, derzeit hauptsächlich als Dienstleister wahr, der für den reibungslosen Ablauf der IT zuständig ist. Als Partner des Managements sehen sich hingegen nur knapp die Hälfte der Befragten, obwohl 94 Prozent von ihnen diese Rolle für erstrebenswert halten.
Dass CIOs ihr hochgestecktes Ziel nicht immer erreichen, liegt laut Dr. Peter Lempp, Mitglied der Geschäftsleitung bei Capgemini, nicht zuletzt an den hohen Anforderungen, die allein aus dem Tagesgeschäft resultieren. "Die IT-Abteilungen sind mit der steigenden Forderung nach mobilen Anwendungen, Cloud Computing und den damit verbundenen Sicherheitsfragen bereits stark ausgelastet", beurteilt er die Situation. Dennoch sei der IT-Leiter keineswegs nur als oberster Fachmann auf seinem Gebiet, sondern auch als Innovator und Manager gefragt. Durch Optimierung seiner Führungsmannschaft und des gesamten Teams müsse es ihm gelingen, genügend Zeit für die Themen Innovation und Strategie aufwenden zu können. "Der CIO muss diesen Spagat bewältigen und mit seinen Ideen auf die Geschäftsleitung zugehen", fordert Lempp.
Die Job des CIOs könnte aufgeteilt werden
In Zukunft könnten die komplexen Aufgaben des CIOs jedoch auch noch andere Auswirkungen haben. So beschreibt das Beratungsunternehmen Detecon in einer aktuellen Studie zur IT-Organisation 2015 den Rollenwandel des CIOs vom Dienstleister zum Business Enabler als "evolutionäre Entwicklung", die auch einschneidende strukturelle Veränderungen erfordert. Dabei könnte im Laufe der Zeit sogar der Titel CIO auf der Strecke bleiben: Das Beratungsunternehmen, das IT- und Managementexperten aus 1000 Unternehmen befragt hat, prognostiziert einen Split seiner Rolle in einen Chief Process Officer (CPO) und einen Chief Technical Officer (CTO).
"Während der Fokus des CPOs auf dem ganzheitlichen Management von Business- und IT-Prozessen liegt, umfasst der Verantwortungsbereich des CTOs die Steuerung und Koordination der Entwicklungs- und Betriebsleistungen der IT", erklärt Detecon-Berater Bernd Wolter. Bereits jetzt teilen laut der Studie erfolgreiche Unternehmen ihren IT-Bereich zunehmend in einen Demand- und einen Supply-Bereich auf. Der eine Bereich formuliert dann die Anforderungen, die sich aus der Geschäftsstrategie ergeben, der andere liefert die technischen Lösungen. Künftig könnte es also den einen CIO nicht mehr geben. Neue Positionen und Selbstbilder würden entstehen.
Jüngere Manager sind besser mit IT-Themen vertraut
Bis dahin jedoch geht auch laut Detecon-Consultant Bernd Wolter die Entwicklung des CIOs eindeutig weiter in Richtung Business Partner. Noch sieht aber auch er vielerorts Hindernisse. So werde die IT gerade von Seiten des Managements häufig noch nicht als strategischer Partner anerkannt. "Oftmals wird immer noch in erster Linie erwartet, dass die IT-Lösungen problemlos funktionieren." Hier gelte es, Überzeugungsarbeit zu leisten. In Zukunft nehme die Bedeutung des CIOs jedoch auch zwangsläufig zu. Schließlich wird die IT für den Geschäftserfolg eines Unternehmens immer wichtiger. Gleichzeitig rücken jüngere Manager nach, die mit dem Thema IT besser vertraut sind und dementsprechend auch seine Bedeutung höher einschätzen.
Steuerung von IT-Prozessen gewinnt an Bedeutung
Darüber hinaus nennt Wolter eine weitere Entwicklung, die den IT-Leiter weg von Technikfragen hin zu strategischen Entscheidungen treibt: Die IT wird in den Unternehmen zunehmend zu einer steuernden Einheit, die Leistungserbringung hingegen tritt in den Hintergrund. Mehr und mehr kommen hier externe Dienstleister zum Einsatz.
Über die derzeitige, ganz konkrete Einbindung der IT-Leiter in die Unternehmensstrategie gibt wiederum die Capgemini-Studie Aufschluss: Acht Prozent werden überhaupt nicht eingebunden, fast einem Drittel wird die Strategie lediglich mitgeteilt. 42 Prozent der IT-Verantwortlichen werden hinzugezogen, sobald die Eckpfeiler definiert sind. Immerhin sitzt jeder fünfte von Anfang an mit am Tisch, wenn die Planung für die kommenden Jahre gemacht wird. Die letztgenannten arbeiten laut der Studie durchweg in Unternehmen, bei denen die IT zum Kerngeschäft gehört und einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Auch laut dieser Studie scheint der CIO hier seinem Ziel zumindest sehr nahe zu sein.