Wer in den USA einen Job sucht, der wird im Vorstellungsgespräch viel seltener als bei uns nach einem Hochschulabschluss gefragt. Das gilt tendenziell für alle Positionen, in besonderem Maße aber für solche, die besonders schwer zu besetzen sind.
Eine davon ist die des Spezialisten für Datenanalyse. Welchen Background Bewerber hier mitbringen, wie sie ihre Skills erwarben und welche Einstellungen und Erwartungen zu ihrem Beruf sie haben, damit hat sich jetzt eine breit angelegte Studie beschäftigt.
Durchgeführt hat sie Kaggle, ein Data Scientists-Portal, dessen Community etwa eine halbe Million Datenspezialisten miteinander verbindet. 2010 gegründet, hat es sich vor allem als Plattform für das Ausrichten von Online-Wettbewerben im Umfeld von Data Science und Machine Learning etabliert.
Kaggle gehört mittlerweile zu Google
Zu den Aufgaben, die mit Unterstützung von Kaggle gelöst werden sollen oder wurden, gehören das Kennzeichnen von Videos, das Klassifizieren von Fischarten oder das bessere Erkennen von Lungenkrebs. Solche Erfolge machen attraktiv: Anfang März 2017 wurde bekannt, dass Google Kaggle übernimmt.
Um zu erfahren, woher die so talentierten Datenspezialisten ihre Kenntnisse und Fähigkeiten haben, befragte Kaggle in den USA 16.000 von ihnen zu Ausbildungswegen und beruflichem Hintergrund.
Nur etwa 30 Prozent derjenigen, die auf dem Gebiet arbeiten, haben an einer Universität studiert, so ein Ergebnis des "2017 State of Data Science & Machine Learning Survey".
Bemerkenswerter als diese Tatsache ist allerdings die Feststellung, woher die übrigen ihre Fertigkeiten haben. 32 Prozent der Fulltime-Datenspezialisten bildeten sich in erster Linie über sogenannte MOOCs (Massive Open Online Course) aus und fort, also über offene Massen-Online-Kurse.
Kostenlose Kurse auf Universitätsniveau
Solche Kurse sind den USA überaus beliebt. Sie verbinden - nicht selten auf Universitätsniveau - traditionelle Formen der Vermittlung wie Videos und gedruckte Materialien mit Foren, in denen Lehrende und Lernende kommunizieren und Gemeinschaften bilden.
Viele der Kurse sind kostenlos, einzige Voraussetzung zur Teilnahme ist oft ein Internet-Zugang - und ein ausreichendes Interesse des Nutzers.
Darüber hinaus gaben 27 Prozent der Kandidaten an, sich ihre Kenntnisse sogar über selbst zusammengestelltes Material, Kurse und Fortbildungen angeeignet zu haben.
Gehalt von 110.000 Dollar beim Einstieg
Interessant ist diese Zahl vor allem deshalb, weil Datenspezialisten gemäß dem sogenannten Glassdoor´s-Ranking zu den bestbezahlten Angestellten in den USA zählen. Die Creme unter ihnen, Data Scientists (eine Kombination aus Statistiker, Software-Entwickler und Datenanalyst), bekommen ein Einstiegsgehalt von durchschnittlich 110.000 Dollar im Jahr.
Das Angebot an Bewerbern ist schmal und talentierte Leute sind ausgesprochen schwer zu finden. Und wenn sie irgendwo angeheuert haben, dann suchen sie sofort nach einer noch besseren oder spannenderen Position, auch das ist ein Ergebnis der Glassdoor-Studie.
39 der Befragten verbringen mindestens ein bis zwei Stunden pro Woche mit dieser Suche, 12 Prozent sogar drei bis fünf Stunden. Wichtigstes Motiv ist dabei der Wunsch, eine inhaltlich spannendere Rolle zu bekleiden: 59 Prozent derjenigen, die diese Top-Position noch nicht erreicht haben, sagen, dass sie nach einem Job als Data Scientist suchen.
Selbststudium spielt in Deutschland kaum eine Rolle
In Deutschland stellt sich die Situation anders dar, weil Berufe in diesem Umfeld weniger bekannt und etabliert sind. Noch, sollte man an dieser Stelle hinzufügen, denn hier bewegt sich gerade viel.
Die meisten Data Analysts bei uns sind Mathematiker und/oder Statistiker, und natürlich gibt es auch in Deutschland zu wenig davon. Dringend auf der Suche sind vor allem Banken/Versicherungen und der gesamte medizinische Bereich, Branchen, die sich intensiver als andere mit statistischen Analysen beschäftigen.
Auch für die Autoindustrie werden diese Spezialisten immer wichtiger, weil viele Daten mittlerweile direkt aus den Fahrzeugen kommen und die Hersteller dadurch direkten Kontakt zum Kunden bekommen und auch bekommen wollen.
Die Ausbildung wird weit weniger vom Self-Learning-Gedanken beherrscht als in den USA, sondern auch bei solchen Jobs dominieren die klassischen Bildungswege.
In Deutschland geringere Einstiegsgehälter
So hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung zwei Big-Data-Kompetenzzentren aufgebaut: das Berlin Big Data Center (BBDC) unter der Leitung der TU Berlin und das Competence Center for Scalable Data Services (ScaDS) an der TU Dresden. Andere Hochschulen haben ähnliche Pläne.
Eine Studie des Branchenverbands Bitkom hat ermittelt, dass bei 45 Prozent aller ausgeschriebenen IT-Positionen ausdrücklich Kenntnisse in Big Data erwartet werden. Informatiker mit diesem Hintergrund bekommen auch bei uns gute Einstiegsgehälter, wobei das Niveau deutlich niedriger ist als in den USA.
Hochschulabsolventen mit Kenntnissen in Datenanalyse steigen hierzulande laut Bitkom mit etwa 45.000 Euro brutto pro Jahr in den Job ein, bei großen Unternehmen ist es etwas mehr, bei kleineren etwas weniger. Am meisten bezahlen die Finanzindustrie, Automobilhersteller und die Energiewirtschaft.