Autohersteller und Zulieferer können nachhaltige Wettbewerbsvorteile erzielen, wenn sie an ihrer IT-Effizienz feilen und in ihre Business Intelligence (BI) investieren. Zu diesem Ergebnis kommen die Marktanalysten von Pierre Audoin Consultants (PAC).
Allerdings nutzen sie die Möglichkeiten noch nicht entschlossen genug. Die von PAC beschriebenen Möglichkeiten seien „eher visionär“, sagt Analystin Stefanie Naujoks. Zwar habe die Krise den Bedarf nach mehr Transparenz etwa im Bereich der finanziellen Transparenz angeschoben. So erkundigten sich mittelständische Zulieferer verstärkt nach Cockpit-Funktionalitäten.
Doch die Projekte wurden laut Naujoks aktuell noch wenig umgesetzt, weil sie intern als sehr komplex empfunden werden. Viele Firmen müssen sich derzeit noch darüber klar werden, welche Kennzahlen sie generieren sollen, welche Daten notwendig sind und welche Prozesse getrackt werden sollen. Hinsichtlich ihrer BI-Reife stuft PAC die Zulieferbetriebe als Nachzügler ein. Aber auch die führenden Fahrzeughersteller, die so genannten OEMs, sind auf diesem Gebiet nur Durchschnitt.
Dabei ist in der Automotive-Branche besonders offensichtlich, wie sich durch verstärkten BI-Einsatz die Anforderungen an eine höhere IT-Effizienz besser erfüllen lassen. Leitgedanke dabei sollte laut Naujoks sein, die laufenden Kosten für Betrieb, Wartung und Personal zu senken, um einen höheren Anteil des krisenbedingt geschrumpften IT-Budgets für Innovationen verwenden zu können. Vonnöten sei dazu eine engere Zusammenarbeit von Business und IT, um durch einen klar definierten IT-Einsatz einen echten Mehrwert für Prozesse zu schaffen.
Konkret kann BI etwa den Zulieferern zum dringend benötigten Überblick über ihre finanzielle Lage zu verhelfen. Wegen hoher Kreditrisiken und schlechten Ratings ist die Branche momentan sehr schlechten Refinanzierungsbedingungen ausgesetzt. Besonders betroffen sind die vielen Zulieferfirmen, die sich vor der Krise mit Krediten von Private-Equity-Firmen ausstatteten. Seit Einbruch der Rezession haben die Banken die Risiken für die Branche neu bewertet, die Zinssätze stiegen und viele Zulieferer kämpfen gegen die Insolvenz, weil sie ihre Zinsen nicht mehr bezahlen können. In dieser Situation können BI-Lösungen laut PAC helfen, die wirtschaftliche und finanzielle Transparenz zu erhöhen. Bedarf sehen die Analysten ferner in der Unterstützung von Risiko-Management-Systemen und im Monitoring des Cash-Flow-Managements. Auch hier sind BI-Tools gefragt.
Zulieferer investieren in überschaubare Projekte
Eine steigende Nachfrage nach BI besteht auch auf Seiten der Autokonzerne. Für diese Firmen zählt aber nicht nur eine optimierte Analyse der Finanzdaten. PAC stellt insbesondere Bedarf nach BI-Lösungen fest, die sowohl die Kundenverkaufsdaten aus den Finance- und Administration-Systemen als auch die technischen Daten aus den Engineering-Systemen integrieren. Dadurch eröffnen sich neue Möglichkeiten in den Bereichen Verkauf und Marketing. Wenn die Hersteller sich etwa vertieft damit auseinandersetzen, welche Kunden welche besonderen Fahrzeugkonfiguration wählten, können die Kunden auch nach einem Autokauf gezielt beworben werden.
Insgesamt sieht PAC im Ausbau der BI derzeit einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die deutsche Automobilindustrie. Bei den Konzernen gehe es vor allem darum, die Vielzahl an unterschiedlichen, isolierten und verteilten BI-Systemen zu integrieren, so Naujoks. Aktuelle Projekte befassen sich unter anderem damit, Informationen über Lagerbestände, Außenstände, Auftrags- und Ertragssituation zusammenzutragen und zu bewerten. Die entsprechenden Daten sind bislang meist in einer Vielzahl von Datenbanken versteckt und können nicht problemlos ans Tageslicht befördert werden.
Die kleinen und mittleren Zulieferer hingegen investieren kurzfristig nach PAC-Einschätzung nicht in dezidierte BI-Lösungen, sondern verstärken in der Regel die entsprechenden Funktionalitäten in ihren Systemen für Enterprise Resource Planning (ERP). „BI-Investitionen werden sich auf überschaubare Projekte wie die Einführung eines Liquiditäts-Managements konzentrieren“, so Naujoks.
Mit weiteren branchenspezifischen Entwicklungen beschäftigt sich die aktuelle PAC-Studie „Automotive Industry Germany 2010“.