"Die Nachfrage nach IT-Freiberuflern übersteigt in der Automobilbranche zurzeit das Angebot, gleichzeitig steigen die Anforderungen", erklärt Thomas Müller, Geschäftsführer des IT-Projektvermittlers Solcom. Ihn verwundert das nicht. Die Kunden wünschten sich mehr Sicherheit, mehr Komfort, intelligente Bremssysteme, Internet-basierende Kommunikationsdienste und vieles mehr. "Für all diese Projekte sind hochqualifizierte IT-Profis gefragt - was den IT-Freelancern zugute kommt", erklärt Müller.
Höhere Anforderungen an IT-Freiberufler
Gleichzeitig würden aber die Anforderungen an Externe steigen. Für sie sei es wichtig, sich in neue Themen einzuarbeiten. "Diejenigen, die Kenntnisse in Web-Technologien mitbringen, Projekte in Startups nachweisen können oder auch Java beherrschen, haben eindeutig die größten Chancen", betont der Solcom-Manager. Gefragt sei auch ein gewisses Maß an Branchenwissen. Aufgrund der wachsenden Bedeutung von Entwicklungen rund um das vernetzte Auto stehen Experten mit Erfahrung aus anderen Sektoren wie zum Beispiel der Telekommunikationsbranche ebenfalls auf der Wunschliste der Unternehmen. Gute Aussichten hätten auch die Freiberufler, die in den Bereichen IT-Sicherheit, Embedded IT sowie CRM-Lösungen fit seien.
Das Produkt Auto fasziniert
Die Faszination dieser Branche kann Oliver Gebert, CQ5-Entwickler und Geschäftsführer einer kleinen GmbH namens Rockware, nur bestätigen: "Mit dem Produkt Auto identifiziert sich jeder Freelancer gern." Gerade bei jüngeren Leuten seien die technischen Finessen im Auto ein Verkaufsargument, meint er. Als ein typisches Beispiel nennt Gebert die Möglichkeit, die Sitzposition oder den Radiosender im Web-Browser individuell einstellen zu können. Der Kunde könne die Daten auf einem USB-Stick speichern und jedesmal, wenn er in ein Fahrzeug dieses Herstellers einsteigt, diesen einfach hineinstecken. Die Folge: Der Sitz rückt gerade, im Radiosender erklingt die gewünschte Musik und die Klimaanlage arbeitet entsprechend. "Exakt diese kleinen Unterschiede zwischen den Automarken bereitzustellen, gehört zu den Aufgaben der Softwareentwickler", betont der Rockware-Chef.
Spezialisierung ist ein Muss
Die Fahrzeugsoftware ist laut Gebert nicht mehr monolithisch, sondern modular aufgebaut. Dafür würden Softwareframeworks wie beispielsweise OSGi genutzt. Sie sollen es ermöglichen, einzelne Softwarebausteine - und damit auch Fahrzeugfunktionen - problemlos zu aktualisieren, hinzuzufügen oder zu entfernen. "Das gibt den Entwicklern maximale Flexibilität", erklärt er. Werde zum Beispiel ein neues Display verbaut, so müsse nur der Teil der Software ausgetauscht werden, der sich mit dem Display beschäftigt. Nach seiner Erfahrung ist für etliche dieser übergreifenden Frameworks Java die Sprache der Wahl. Erfahrungen mit Java und OSGi seien daher empfehlenswert.
Seiner Meinung nach ist die Automobilbranche so breit gefächert, dass sich ein IT-Freelancer spezialisieren müsse. Der "mobile" Berater gibt folgenden Rat an Kollegen: "Entscheiden Sie sich, in welche Richtung Sie Ihr Weg führen soll - egal ob Produktion, Softwaredienste oder Vernetzung." Gute Erfahrungen hat er mit Netzwerken und Events gemacht: "Man lernt neue potenzielle Auftraggeber kennen, tauscht sich mit Kollegen aus und zeigt Präsenz." Entscheidend aber sei, den Markt zu beobachten und eigene Erfahrungen zu sammeln.
Software für Unikate
Der selbständige IT-Berater Alexej Wiederkehr wiederum arbeitet daran, dass sich Interessenten ihr Auto möglichst einfach im Netz nach eigenen Wünschen konfigurieren können: "Der Kunde kann sich in aller Ruhe von zu Hause aus sein Auto zusammenstellen - egal ob es sich um die gewünschte Karosserie, Reifen, Farbe oder andere Ausstattungsforderungen handelt." Für Wiederkehr heißt die Devise: Der Kunde wünscht ein Unikat, ich sorge dafür. "Dieses Projekt ist mein bislang interessantestes", freut sich der Freelancer. Neben den technischen Daten zeigt die Software auch die Finanzierungsmöglichkeiten für das jeweilige Fahrzeug an.
Bei dem Projekt handelt es sich laut Wiederkehr um eine Server-Anwendung, die mit unterschiedlichen konzernweiten Diensten kommuniziert, deren Daten entsprechend aufbereitet und nach bestimmten Regeln vergleicht, logische Zusammenhänge feststellt und dem Endbenutzer entsprechend präsentiert. Voraussetzung für diese Tätigkeit ist laut Wiederkehr die Beherrschung von Java. Darüber hinaus sollten Externe über Know-how im Bereich Enterprise Java sowie EJB3.0 verfügen. "Dass ich das entsprechende Wissen bereits in anderen Projekten gesammelt habe, ist ein großer Vorteil", meint Wiederkehr. Im Gegensatz zu anderen Branchen erlebt der Freiberufler, dass in der Automobilbranche mehr als anderswo ingenieursmäßig gearbeitet wird.