Die Energiebranche ist im Umbruch, also müssen sich Versorger anpassen. Vorstand Hans-Martin Hellebrand berichtete auf den Hamburger IT-Strategietagen, wie die Badenova ihre IT krisenfest aufgestellt hat.
"Die Energiewirtschaft war über Jahrzehnte stabil und funktionierte nach denselben Prinzipien," berichtete Hans-Martin Hellebrand, Vorstand der Badenova, in seiner Keynote auf den Hamburger IT-Strategietagen. Dann rüttelten gleich mehrere Ereignisse die Branche auf.
2011 forcierte der Reaktorunfall von Fukushima den Atomausstieg. Kurz darauf beschloss die Bunderegierung, sich auch von Kohle zu verabschieden. Jüngst zeigte der Angriffskrieg auf die Ukraine, dass die Abhängigkeit von russischem Gas ebenfalls problematisch ist. Aus diesen stürmischen Zeiten wollte der badische Energieversorger gestärkt herausgehen. Eine Transformation stand nun auf dem Programm.
Warum, Wie, Was?
"Wir haben uns am Anfang grundlegende Fragen gestellt nach dem Warum, dem Wie und dem Was," so Hellebrand. Der Purpose wurde gemeinsam mit den 1.600 Mitarbeitern erarbeitet: Man wollte eine lebenswerte Zukunft mit der Wärme- und Energiewende gestalten.
Das "Wie" interpretierte das Team um den Vorstand als neuen Way of Work. Methoden wie Objectives and Key Results (OKR) und agile Arbeitsmetoden sollten dafür sorgen, dass die IT schneller auf Veränderungen reagieren kann. Doch bei all dem dürfe das Ziel nicht aus den Augen verloren werden, so Hellbrand: "Es ist im Grunde Evolutionstheorie: Am Ende überlebt nicht der Stärkste oder Intelligenteste, sondern der am besten Angepasste." Methoden müssten also immer darauf einzahlen, die Disruption zu stemmen.
Beim "Was" geht es darum, das Business und die IT krisenfest zu machen. Statt starrem Netzbetrieb, Produktion und Vertrieb will die Badenova Strom, Wärme, Gas und Mobilität integriert miteinander verknüpfen. Zudem müsse Energie dezentral und bottom-up gedacht werden - von Haushalten über Stadtteile, Städte und Landkreise bis hin zu Ländern. Drittens gelte es, die Kunden digital abzuholen, wo sie sich bewegen - dazu braucht es Ökosysteme und Plattformen.
IT im Wandel
Die IT muss helfen, die Unwägbarkeiten auf diesem Weg abzufangen. Gasspeicherumlagen, Preisbremsen und Winterpakete müssen in den Systemen umgesetzt werden. Parallel sollen die Energiewende vorangetrieben und die Zukunft digital gestaltet werden. "Das alles zusammen ist eine große Herausforderung für die IT," resümiert Hellebrand.
Der Vorstand setzt auf eine IT der zwei Geschwindigkeiten. Zum einen müssten Standardsysteme stabil und verlässlich laufen. Zum anderen setzten agil betriebene Architekturen auf diesen Systemen auf, um schnell reagieren zu können.
Über die Art, zu Arbeiten, dachte das Team um Hellbrand intensiv nach. Projekt-Pipelines gestaltete es adaptiv, um sowohl Kunden zuverlässig bedienen als auch neue Anforderungen schnell abbilden zu können.
Die IT bewegte sich weg vom Kosten- und Produktdenken. Sie wollte nicht mehr als Gesetzgeber und Verhinderer wahrgenommen werden. Heute ist sie laut Hellebrand flexibel nach Geschäftsfeldern und Funktionen organisiert, die sich an Business-Anforderungen orientieren. Mit hochstandardisierten Kernsystemen und agilem Überbau arbeitet die IT nun cross-funktional nach agilen Methoden. Und das wirkt: Die neue IT werde als Enabler und Orchestrator in den Geschäftsbereichen wahrgenommen, der das Business vorantreibe, freut sich der Vorstand.
Vier Learnings
In der Transformation legte Hellbrand viel Wert auf Fokussierung. Die Managementfunktion müsse vorgeben, was wichtig und was nur "nice to have" ist. Zudem brauche der Wandel einen roten Faden. Der Kunde und der Nutzen für das Geschäft müssen dem Vorstand zufolge stets im Mittelpunkt der Veränderung stehen.
Darüber hinaus müsse man nicht alles selbst stemmen. "Wir fokussieren uns auf unsere Kernkompetenz. Bei allem anderen arbeiten wir mit Partnern zusammen," so Hellebrand. Badenova arbeitet etwa mit Google zusammen. Zu guter Letzt gelte es, die Menschen nicht zu vergessen. "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen durch den Change und prägen die Veränderung," so der Manager. Man müsse sie motivieren, befähigen, ermutigen und weiterentwickeln.
"Legen Sie die Skills, die sie morgen brauchen, schon heute im Unternehmen an," rät Hellebrand. Je intensiver sich Unternehmen vor dem Sturm vorbereiteten, desto besser könnten sie die Wellen für sich nutzen, statt von ihnen fortgespült zu werden.
Die wichtigsten CIOs der deutschen Energiebranche
Damian Bunyan Damian Bunyan ist seit Januar 2016 CIO der E.ON-Abspaltung Uniper in Düsseldorf. In dem Unternehmen werden die E.ON-Bereiche konventionelle Stromerzeugung, Energiehandel und Exploration & Produktion gebündelt. Von 2006 bis 2013 war Bunyan Mitglied der Geschäftsführung des E.on Business Services.
Sebastian Weber Seit 1. Juli verantwortet Sebastian Weber als CTO bei Eon den IT-Betrieb. Er soll auch die digitalen Plattformen des Konzerns ausbauen. Zudem hat er gemeinsam mit Christopher d'Arcy in einer Doppelspitze die Geschäftsführung der IT-Tochter Eon Digital Technology GmbH übernommen. Beide berichten direkt an Digitalvorständin Victoria Ossadnik.
Martin Hölz Ab 1. April 2020 wird Martin Hölz CIO der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) mit Sitz in Karlsruhe. Er löst Frank Krickel ab, der seit Juni 2017 die Position des Leiter der Funktionaleinheit Informationstechnologie (C-TI) innehatte und das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlässt.
Philip Lübcke Philip Lübcke ist seit September 2019 Geschäftsbereichsleiter IT der TEAG Thüringer Energie. Er berichtet an den Vorstand Personal und IT Wolfgang Rampf. Zuvor war Lübcke sechseinhalb Jahre lang CIO der Frankfurter Mainova AG. Insgesamt brint er 15 Jahre Erfahrung aus der Energiebranche mit.
Jan-Wilm Buschkamp Jan-Wilm Buschkamp ist seit August 2019 Bereichsleiter IT der Mainova AG. Seitdem hat das Team um den CIO mit „hybrIT2023“ ein IT-Transformationsprogramm erarbeitet, um den Frankfurter Energieversorger zukunftsfähig zu machen. Ziel des Programms ist es unter anderem, mehr Wert zu generieren, das Unternehmen lean und agil aufzustellen sowie Prozesse end-to-end zu gestalten.
Oliver Herzog Zum 1. September 2023 übernimmt Oliver Herzog den CIO-Posten bei der Thüga. Seine Vorgängerin Annette Suckert scheidet altersbedingt aus dem Unternehmen aus.
Thorsten Steiling Thorsten Steiling ist seit Februar 2019 CIO Oerlikon Group & Managing Director Oerlikon IT Solutions AG. Er berichtet an Boris von Bieberstein, Head of Group Business Services. Zuvor war Steiling von September 2017 bis Januar 2019 CIO/Head of Corporate IT beim Automobilzulieferer Veritas AG in Gelnhausen.
Marcus Schaper Marcus Schaper ist CIO bei der neuen RWE-Tochter Innogy. Er kommt von der Mutter RWE. Er war zuvor Head of IT bei der RWE Supply & Trading. Schaper hat an der WWU Münster Wirtschaftsinformatik studiert und war seit dem Jahr 2000 bei McKinsey. Zu RWE kam er im April 2010. Bis zum Börsengang der neuen RWE-Tochter fungierte Schaper als CIO für beide Konzernteile, seitdem ist er CIO der neuen Tochtergesellschaft. Übergreifende IT-Aufgaben in der RWE AG werden derzeit von Winfried Bröring wahrgenommen.
Jan Leitermann Seit Juni 2017 ist Jan Leitermann Group CIO beim österreichischen Öl- und Erdgaskonzern OMV in Wien. Leitermann war zuvor Managing Director und Board Member beim Beratungsunternehmen Accenture AG Schweiz.
Jürgen Skirde Jürgen Skirde ist CIO der RAG. Gleichzeitig hat er die operativ ausgerichtete Funktion des IT-Leiters inne. Im Konzern arbeitet der Diplom-Ingenieur schon seit 1985 - zunächst zehn Jahre auf Bergwerken, seither im IT-Management. Unter anderem leitete er SAP-Einführungsprojekte, von 2004 bis 2011 war er für die Infrastruktur verantwortlich.
Jan-Hendrik Semkat Seit November 2017 ist Jan-Hendrik Semkat neuer Bereichsleiter Innovations- & IT-Management bei Natgas. Der gebürtige Oldenburger war mehrere Jahre in den Bereichen Softwareentwicklung, Projektmanagement und Beratung in der Energiewirtschaft tätig. Zuletzt war er Geschäftsführer der SIV Utility Services.
Jörg Ochs Jörg Ochs (51) hat am 2. September die Leitung der Informationstechnologie der Stadtwerke München (SWM) übernommen. Er berichtet an den technischen Geschäftsführer der SWM Helge-Uve Braun. Ochs ist bereits seit 2017 Geschäftsführer der SWM Infrastruktur GmbH, der SWM Infrastruktur Region GmbH und der RegioNetzMünchen GmbH. Insgesamt ist er bei der SWM seit 2003 beschäftigt, unter anderem als Senior-Manager IT-Security, Leiter IT-Security und Datacenter/Infrastruktur und als Leiter Telekommunikation bei der SWM Services GmbH.
Michael Seiferth Im Oktober 2021 hat Michael Seiferth die Geschäftsführung der N-Ergie IT übernommen. Vorgänger Klaus Vogl hat das Unternehmen verlassen.
Sebastian Träger Seit April 2024 leitet Sebastian Träger die IT des Energieversorgers Enercity. Er soll unter anderem das ERP-System modernisieren.