Für Fahrgäste der Deutschen Bahn wird das Reisen teurer. Nach der deutlichsten Preiserhöhung seit Jahren müssen vom 12. Dezember an im Fernverkehr vor allem Pendler und Stammkunden tiefer in die Tasche greifen. Bahncards kosten 2,9 Prozent mehr, so hoch ist der Aufschlag im Durchschnitt auch bei Streckenzeitkarten und Karten zum Flexpreis. Keine Änderung gibt es beim Sparpreis, dem Super-Sparpreis und bei Reservierungen. Insgesamt ergibt sich eine durchschnittliche Preiserhöhung im Fernverkehr um 1,9 Prozent, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisierte: "Gerade diejenigen, die mit Zeitkarten, Bahncards und Flextickets der Deutschen Bahn treu sind, werden durch die deutlichen Preissteigerungen bestraft." Die künftige Bundesregierung müsse das stoppen. "Klimaschutz und Preiserhöhungen beim Bahnfahren widersprechen sich."
Die Rechtfertigung der Deutschen Bahn
Die Bahn sprach von einer moderaten Preisanpassung und verwies darauf, dass die allgemeine Teuerung derzeit bei 4,1 Prozent liege. "Im langfristigen Vergleich bleibt Bahnfahren weiter günstig", betonte das Unternehmen. Eine Fahrt im Fernverkehr koste auch nach der Preiserhöhung im Dezember etwa so viel wie im Jahr 2012. Bei den Bahncards 25 und 50 sei es die erste Erhöhung seit sieben Jahren.
Eine ICE-Fahrt von München nach Berlin zum Flexpreis kostet künftig 143,60 Euro, vier Euro mehr als heute. Von Hannover nach Leipzig kostet es 53,50 Euro, ein Plus von 1,50 Euro. Den Flexpreis ohne einen Rabatt nutzt nach einer Umfrage des Verkehrsclubs Deutschland aber nur jeder fünfte Fahrgast. Wer früh bucht, kann für viele Strecken weiterhin Super-Sparpreise ab 17,90 Euro und Sparpreise ab 21,50 Euro ergattern.
Der Preisaufschlag von insgesamt durchschnittlich 1,9 Prozent ist der höchste seit 2012. Danach hatte es leichte Erhöhungen, zum Teil auch Nullrunden gegeben. Im Jahr 2020 fielen die Preise im Fernverkehr um zehn Prozent, nachdem der Bund die Mehrwertsteuer gesenkt hatte. Das sollte mehr Menschen bewegen, Bahn zu fahren statt ins Auto oder Flugzeug zu steigen.
Milliardenverluste ohne Konsequenzen
Dem Staatskonzern geht es finanziell schlecht. Zu Problemen im Auslandsgeschäft und im Güterverkehr kam die Corona-Krise als schwere Belastung hinzu. Allein im ersten Halbjahr 2021 fuhr der hoch verschuldete Konzern einen Verlust von 1,4 Milliarden Euro ein.
Dennoch bleibt das Ziel, die Fahrgastzahl im Fernverkehr bis 2030 verglichen mit 2015 zu verdoppeln. Das soll dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele im Verkehr erreicht. Milliarden fließen dafür in Züge, das Schienennetz und zusätzliche Mitarbeiter.
Eine Preiserhöhung im Regionalverkehr hat die Bahn dieses Jahr noch nicht angekündigt. Dort macht die Bahn die Preise jedoch nur für Fahrten außerhalb von Verkehrsverbünden, was etwa jede fünfte Kundenfahrt betrifft.
Seit 2015 sind die Preise für Nahverkehrstickets um 16 Prozent gestiegen, wie das Statistische Bundesamt in diesem Jahr berechnete. Im Fernverkehr lagen die Preise demnach im Mai 13,6 Prozent unter dem Niveau von 2015 - auch weil wegen der geringen Fahrgastzahl Sparpreise stärker ins Gewicht fielen.
Vom neuen Jahr an müssen sich Fahrgäste auch darauf einstellen, dass sie keine Papier-Fahrkarten mehr im Zug nachlösen können. Wer dann noch spontan einsteigt, hat nach der Abfahrt noch zehn Minuten Zeit, ein Ticket am Laptop oder Handy zu buchen.
Neue Nachweispflichten als zusätzlicher Corona-Schutz kommen dagegen vorerst nicht. Die Bundesregierung erklärte am Freitag, dass die Einführung einer 3G-Regel in ICE und Intercity beim jetzigen Stand der Pandemie nicht weiter verfolgt werde - also eine Mitfahrt nur für Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete mit entsprechendem Beleg.
Unterdessen ist die Streikgefahr für die Fahrgäste immer noch nicht vollständig gebannt; der Tarifkonflikt schwelt weiter. Mit der Lokführergewerkschaft GDL hat sich die Bahn nach des Streiks des Sommers zwar geeinigt. Nun möchte aber die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ihren Tarif nachverhandeln. Sie beschloss am Freitag Forderungen, darunter eine Corona-Prämie von 1.500 Euro. Verhandlungen könnten in der nächsten Woche beginnen. (dpa/rw)