Von 2014 auf 2015 wuchs der weltweite digitale Zahlungsverkehr um 11,2 Prozent auf 433,1 Milliarden Dollar, der in dieser Dekade bislang höchste Zuwachs. Und bis 2020, so die weitere Schätzung, werden diese Zahlungsströme weiter um durchschnittlich zehn Prozent jährlich wachsen.
Ermittelt und veröffentlicht haben diesen Trend die Unternehmensberatung Capgemini und die französischen Bank BNP Paribras in ihrem "World Payments Report 2017".
Verantwortlich für den starken Anstieg sind vor allem die sogenannten "Emerging Markets", also Volkswirtschaften in der zweiten Reihe wie Brasilien, Indien oder Mexiko, wo der digitale Zahlungsverkehr um 21,6 Prozent anstieg, dreimal so stark wie in europäischen Ländern oder den USA (6,8 Prozent).
Innerhalb der großen Industrieregionen fällt der Anstieg beim elektronischen Bezahlen in Australien am höchsten aus und in den USA am zweithöchsten. Wobei gerade auf dem Fünften Kontinent mit Electronic Cash nicht zwingend eine Kreditkarte gemeint ist, hier sind auch Mobile Wallets sehr populär, auf einem Smartphone hinterlegte Guthaben, die beim Zahlungsvorgang lokal abgebucht werden.
2016 sank erstmals die Zahl der Geldautomaten
Europäer bezahlen tendenziell noch oft mit Bargeld, wobei innerhalb des Kontinents große Unterschiede herrschen: Während sich in den Niederlanden und in Schweden auch ein Kaffee oder der Schokoriegel problemlos mit Kreditkarte bezahlen lassen, lieben in Deutschland sowohl Ladenbesitzer als auch Konsumenten Cash - noch.
Denn eine aktuelle Entwicklung deutet darauf hin, dass auch diese Liebe nicht ewig währt: Während die Anzahl der Geldautomaten hierzulande
Cloudbasierte Transaktionsplattformen
Anlass genug für Banken und Einzelhändler, auch bei uns darüber nachzudenken, wie sie jedem Kunden den von ihm gewünschten Zahlungsweg zur Verfügung stellen können. Eine der Herausforderungen dabei: Konsumenten, die elektronisch bezahlen möchten, erwarten, dass dies genauso praktisch und gebührenfrei von statten geht wie die Nutzung von Bargeld.
In Ostasien, so der World Payments Report weiter, ist der Trend weg vom Cash vielerorts schon deutlicher erkennbar. Beliebter werden hier vor allem cloudbasierte Transaktionsplattformen für schnelle Überweisungen mit dem Smartphone oder Guthabenkarten, von denen bei einem Einkauf der erforderliche Betrag vor Ort abgebucht werden kann.
Als Dienstleister für solche Zahlungsservices - und damit als ernstzunehmende Player im globalen Bankenbusiness - spielen die großen Drei des chinesischen Onlinebusiness eine immer wichtigere Rolle. Wie diese genau aussieht, damit hat sich Forrester in der Studie "Keep an Eye on Baidu, Alibaba und Tencent" beschäftigt.
Chinas Big Three rollen den Markt auf: Baidu, Alibaba und Tencent
Suchmaschinenbetreiber Baidu, B2B-Plattform- und Online-Auktionshausbetreiber Alibaba und Onlinemedien- sowie Social-Media-Betreiber Tencent sind so etwas wie die Motoren eines digitalen Lifestyles in China und vielen anderen asiatischen Ländern. Und zu diesem Lifestyle gehören natürlich auch Bankdienstleistungen und digitales Bezahlen.
Um sich vom großen Kuchen ein üppiges Stück abzuschneiden, hat sich beispielsweise Alibaba mit der Minsheng-Bank zusammengetan. Die gemeinsame Tochtergesellschaft fasst alle Aktivitäten bei Kleinkrediten, Versicherungen und im Mobile Payment zusammen. Ähnliche Kooperationen sind auch Baidu und Tencent eingegangen.
Eine Absicht hinter diesen Bemühungen der drei Unternehmen: Sie wollen so schnell wie möglich Infrastrukturen aufbauen und testen, die sich auf andere Teile der Welt übertragen lassen.
Die BATs kennen ihre Kunden auswendig
Ein Instrument dazu ist auch die Zusammenarbeit mit oder Gründung von lokalen Fintechs. Mit ihrer Hilfe können Baidu, Alibaba und Tencent - von Forrester unter dem Kürzel BAT zusammengefasst - Konsumenten unterschiedlicher Länder Lösungen und Ideen anbieten, die optimal an die global sehr unterschiedlichen Regularien des Bankensektors angepasst sind.
In ihrer Analyse haben sich die Experten von Forrester auf zwei Aspekte konzentriert: Erstens beantworten sie die Frage, was BAT anders und besser machen (können) als traditionelle Banken, zweitens stellen sie klar, wie traditionelle Geldhäuser auf die neuen Konkurrenten reagieren sollten.
Diese sind insofern anders, als sie ihre Kunden unvergleichlich gut kennen, ihre Konsumgewohnheiten, ihre Suchanfragen im Internet und ihre Kommunikation über Social Media. Und wer den digitalen Lifestyle von Menschen kennt oder ihn zum Teil sogar selbst kreiert hat, der kann ihnen natürlich auch genau die Finanzdienstleistungen anbieten, die sie sich wünschen.
Zweiter Punkt, der die "BATs" von traditionellen Geldhäusern unterscheidet: Sie betrachten ihr Business als Ökosystem und sind davon überzeugt, dass sie nicht alles, was die Kunden wollen, selbst umsetzen und liefern können. Deshalb suchen sie sich Alliierte, Partner und Verwandte im Geiste und führen mit ihnen gemeinsam zum Wohle aller Projekte durch.
Das Ende des One-Stop-Shopping
Das ist so ziemlich das Gegenteil der Denke klassischer Universalbanken, die im Sinne eines One-Stop-Shopping in jeden Kunden am liebsten Jahrzehntelang alles selbst hineinverkaufen wollen; vom Sparbuch übers Girokonto und diverse Versicherungen bis zur Baufinanzierung und zur Altersvorsorge.
Fintechs, sagt Forrester, die mit einem der großen Drei aus China kooperieren, profitieren von deren Netzwerkdenke, weil sie dazu führt, dass die Startups weniger vereinnahmt werden als bei den Traditionellen. Bei denen hätten Newcomer oft das Gefühl, keine wichtige Rolle zu spielen, nur geduldet zu sein.
Was aus all dem für die traditionellen Banken folgt? Forrester empfiehlt, die drei BATs mit deren eigenen Waffen zu schlagen. Und das bedeutet unter anderem, selbst mehr anzubieten als elektronisches Bezahlen, digitale Geldbörsen zum Beispiel, mit deren Hilfe sich auch in Deutschland das Bezahlen von Kleinbeträgen ohne Bargeld leichter als bisher realisieren ließe.
Fintechs nehmen Einfluss auf Regulatorik
Und auch klassische Banken sollten mehr als bisher auf Kooperationen mit Fintechs setzen, ihre Entwicklung unterstützen, nicht zuletzt weil diese mit ihrem Sexappeal und ihren Ideen Einfluss auf Politik und Regulatorik nehmen. Motto: Wenn sich Politiker mit trendigen Digitalfirmen schmücken wollen, dann mögen sie bitte auch das Umfeld für deren Geschäfte verbessern.
Solche Partnerschaften helfen Banken außerdem dabei, selbst in Kategorien von Ökosystemen zu denken und zu handeln, wozu auch gehört, sich über den Alltag der Kunden nicht nur im Zusammenhang mit Zahlungsvorgängen Gedanken zu machen, sondern den gesamten Lifestyle und dessen Erfordernisse zu betrachten.
Aus dieser Betrachtung, raten die Experten von Forrester abschließend, muss dann eine eBanking-Gesamtstrategie erwachsen, die sich bewusst von der traditionellen Universalbanken-Denke verabschiedet.