Unter Bankern breitet sich Pessimismus aus: Mit 31 Prozent erwartet fast ein Drittel, dass sich das Geschäft bis 2011 schlechter als die Gesamtwirtschaft entwickeln wird. Das meldet der Branchenkompass 2008 Kreditinstitute von Steria Mummert Consulting und dem F.A.Z.-Institut. In der Vorjahresbefragung hatten sich nur 23 Prozent so negativ geäußert.
Die Sorgen der Entscheider kreisen um den wachsenden Wettbewerbsdruck und um die Frage, wie sie Bestandskunden halten können. Das und der Wunsch, Kosten zu senken, heißt für IT-Verantwortliche zweierlei:
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Banken setzen erstens verstärkt auf Service-orientierte Architekturen (SOA). Damit wollen sie Prozesse anwendungsübergreifend standardisieren und industrialisieren, um Kosten zu senken. In Zahlen: Nannten SOA im Branchenkompass 2007 noch 60 Prozent der Entscheider auf ihrer Agenda, sind es jetzt 67 Prozent.
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Zweitens rücken Vertriebskanäle wie Internetbanking und Mobile Banking ins Zentrum. 84 Prozent der Studienteilnehmer bieten Internetbanking an, im Vorjahr waren es vier Prozent weniger.
Gleichzeitig wollen die Geldinstitute ihre Filialen "offener und freundlicher" gestalten, beispielsweise durch integrierte Cafés. Dahinter steckt das Ziel, beratungsintensiven, umsatzstarken Kunden mehr Zeit widmen zu können. Dagegen sollen Kunden möglichst viele einfache Transaktionen selbst am PC oder SB-Terminals abgewickelt werden.
So ganz wohl fühlen sich die Entscheider damit nicht: 79 Prozent der Befragten sorgen sich wegen "IT-Kriminalität" um die Sicherheit ihrer Bank. Dennoch bleibt ihnen nichts anderes übrig, denn 75 Prozent der Studienteilnehmer glauben, dass neue Wettbewerber wie Zahlsysteme in Mobilfunk und Internet traditionellen Banken Marktanteile wegnehmen.
Web 2.0 auf den hinteren Plätzen
Web 2.0 steht dagegen nicht im Mittelpunkt. Nur 28 Prozent der Befragten sehen in Peer-to-Peer-Krediten, bei denen sich Bürger gegenseitig unter Umgehung von Banken Geld leihen, als ernsthafte Konkurrenz an.
Generell scheinen Banken wieder verstärkt auf den Menschen zu setzen. Auf die Frage nach geplanten Investitionen fällt an erster Stelle die Antwort: Vertrieb. Mehr als jeder Zweite (51 Prozent) will dafür mehr Geld bereitstellen als bisher. Es folgen Geschäftsprozess-Management (41 Prozent) und Kunden-Management (36 Prozent).
Was die IT betrifft, steht neben SOA noch Standard-Software für die Kernbankensysteme hoch im Kurs (63 Prozent). Außerdem arbeitet die Mehrzahl der Banken mit elektronischen Kreditkarten und Workflow-Managementsystemen (je 59 Prozent) sowie automatischer Kreditabwicklung (58 Prozent). 37 Prozent entscheiden sich zum Outsourcen.
Bei der Industrialisierung der IT spielt auch Compliance für Banken eine wesentliche Rolle, aktuell geht es um die Single Euro Payment Area (SEPA), die formal seit dem 28. Januar 2008 gültig ist. Ziel ist die Schaffung eines Euro-Gebietes, in dem alle Zahlungsvorgänge sozusagen "inländisch" abgewickelt werden und mindestens so effizient und sicher ablaufen wie mit den besten nationalen Zahlungs-Systemen heute. Hintergrund von SEPA sind nicht nur gesetzliche Vorschriften, sondern auch der Trend zu einer bargeldlosen Gesellschaft.
Mit einem europaweit einheitlichen Zahlungsverkehr rechnet die Europäische Zentralbank laut dem Branchenkompass jedoch erst bis Ende 2011.
Steria Mummert Consulting und das FAZ-Institut haben für den "Branchenkompass 2008 Kreditinstitute" in Kooperation mit Forsa Entscheider aus 100 Banken befragt.