Schlanke Verwaltung

Bayer streicht zahlreiche Stellen in Deutschland

18.01.2024
Bei Bayer sind die Arbeitsabläufe zu kompliziert, findet der neue CEO Bill Anderson. Zwischen ihm und dem Kunden gebe es bis zu zwölf Hierarchiestufen. Das soll sich ändern - viele Jobs sollen wegfallen.
Bayer-CEO Bill Anderson ist ein bekennender Anhänger einer schlanken Unternehmensverwaltung. Die setzt er nun bei dem Dax-Konzern um.
Foto: Bayer AG

Der Agrarchemie- und Pharma-Konzern Bayer stellt seiner Belegschaft am Donnerstagmittag ein umfangreiches Stellenabbau-Programm vor. Bei der Online-Veranstaltung sollen Vertreter des Betriebsrats und des Managements zu Wort kommen und sich Fragen der Mitarbeiter stellen. Am Vorabend hatte das Leverkusener Unternehmen mitgeteilt, ein neues Organisationsmodell einzuführen und dabei alle Konzernbereiche auf mögliche Einsparungen zu durchleuchten. Die Arbeitsabläufe sollen effizienter gestaltet werden. Jobs, die als überflüssig erachtet werden, werden wegfallen. Wie viele das sein werden, ist noch unklar.

Auf dem Börsenparkett wirkte sich die Ankündigung nicht positiv aus, am späten Donnerstagvormittag lag der Wert der Aktie sogar etwas unter dem Vortageskurs. Bei dem Konzern hat seit vergangenem Juni der US-Amerikaner Bill Anderson das Sagen, er wurde Nachfolger des langjährigen Vorstandschefs Werner Baumann. Der hat die Übernahme des damaligen US-Konkurrenten Monsanto zu verantworten, dessen Glyphosat-Risiken die Bayer-Bilanz bis heute schwer belasten.

Einnahmen sinken

Beim Pharma-Geschäft wiederum sind die Aussichten eingetrübt, da es an zukunftsträchtigen Kassenschlagern fehlt. Jahrelang spülten der Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenpräparat Eylea Milliarden in die Kassen. Doch deren Patente laufen in den unterschiedlichen Märkten Schritt für Schritt aus, wodurch die Einnahmen sinken - Nachahmer-Präparate von Konkurrenten setzen den deutschen Konzern unter Druck. "Bayer befindet sich derzeit aus unterschiedlichen Gründen in einer schwierigen Lage", sagt Arbeitsdirektorin und Bayer-Vorstandsmitglied Heike Prinz.

"Um die Leistungsfähigkeit unserer Organisation und unseren Handlungsspielraum schnell und nachhaltig zu verbessern, sind jetzt einschneidende Maßnahmen notwendig. Wir wollen Bayer zügig in die Erfolgsspur bringen." Man wolle "alle internen Hemmnisse beseitigen und Bayer so wieder für zukünftiges profitables Wachstum aufstellen", sagt die Personalchefin.

Stellenabbau soll sozialverträglich ablaufen

Arbeitnehmervertreter stellten sich hinter das Vorhaben. "Für uns hat oberste Priorität, die Zukunft der Beschäftigten bei Bayer zu sichern", sagt der IG-BCE-Gewerkschafter und Bayer-Aufsichtsrat Francesco Grioli. Man habe dem jetzt eingeschlagenen Weg zugestimmt und stehe dem neuen Organisationsmodell von Bayer offen gegenüber. "Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird sich vieles verändern. Wir werden gemeinsam daran arbeiten, dass alle sicher neue Pfade beschreiten können." Gesamtbetriebsratschefin Heike Hausfeld betonte, dass es zumindest gelungen sei, den bevorstehenden Stellenabbau "so sozialverträglich wie möglich zu gestalten".

Der Schritt kommt nicht überraschend. Anderson ist ein bekennender Anhänger einer schlanken Unternehmensverwaltung. Bereits zum Start seiner Tätigkeit bei Bayer im Frühjahr 2023 hatte er vor Journalisten seine Vorstellungen erläutert und dabei auch das Managementbuch "Humanocracy" gelobt. Darin geht es darum, Mitarbeitern möglichst viele Freiheiten, aber auch Verantwortung zu geben, ohne Gängelei durch überbordende Managementebenen. Dieser Kulturwandel läuft nun.

Die neue Organisationsstruktur, die weniger Entscheidungsebenen als bisher vorsieht, soll bis Ende 2025 installiert sein. Bis Ende 2026 sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen - die Beschäftigungssicherung gilt ein Jahr länger als zuvor vereinbart. Arbeitnehmern, deren Job wegfällt, sollen Abfindungen angeboten werden. Bayer hat in Deutschland derzeit 22.200 Beschäftigte, weltweit sind es 101.000. Auch im Ausland soll die Sinnhaftigkeit von Managementfunktionen durchleuchtet werden. (dpa/rs)