Von außen eine überdimensionale Tonne, im Innern für die Fahrgäste Teppichboden, gepolsterte Sitze, Wlan und sogar Pflanzen. Die Passagiere der Zukunft sollen sich wohlfühlen, wenn sie mit 900 Stundenkilometern durch weitgehend luftleere Röhren von einer Stadt in die andere geschleudert werden. Weltweit befassen sich Forscher mit der Hyperloop-Technik. Und gerade eröffnete Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in Ottobrunn bei München eine Hyperloop-Teststrecke der Technischen Universität München (TUM). Es ist Europas erste für den Passagierbetrieb zertifizierte TÜV-geprüfte Teststrecke in Realgröße.
Zunächst wird es aber nichts mit Hochgeschwindigkeit: Die Teststrecke ist 24 Meter lang. Das futuristische Gefährt mit fünf Fahrgastplätzen schafft daher gerade mal Schritttempo. Als nächstes ist eine ein Kilometer lange Teststrecke geplant, zum Probefahren auch für die Öffentlichkeit. Wo und wann ist offen. Sechs Lehrstühle verschiedener Fakultäten sind an dem Projekt beteiligt, wie die TUM mitteilte.
Das Grundprinzip des Hyperloop: Vakuumpumpen entziehen Luft aus den Röhren und ermöglichen dem Pod, so heißt die Kapsel, die Fortbewegung mit wenig Luftwiderstand. In der Röhre kommen die Pods reibungsarm mit Magnetschwebetechnik ins Gleiten und erreichen so hohes Tempo.
Manche sprechen von einer Nachfolgetechnik der Magnetschwebebahn Transrapid. Die allerdings hatte wenig Erfolg und verkehrt bis heute nur in China zwischen Shanghai und dem Flughafen Pudong.
Keine neue Idee
Die Röhren-Idee ist nicht neu. Im 19. Jahrhundert hatte der Erfinder Alfred Ely Beach die Idee, das Prinzip Rohrpost auch für Fahrgäste zu nutzen. In New York entstand ein 95 Meter langer Tunnel, in dem um 1870 ein in dem Fall mit Druckluft getriebener Wagen fuhr. Ideen zum Transport in teils luftleeren Röhren gab es dann Anfang des 20. Jahrhunderts. Etwa das Schweizer Projekt Swissmetro setzte Medien zufolge ähnlich dem Hyperloop auf Vakuumtunnel.
2020 unternahm das Unternehmen Virgin Hyperloop one auf einer eigenen Teststrecke in der Wüste von Nevada eine erste bemannte Testfahrt mit 172 Stundenkilometern. Sie setzt nun aber auf Gütertransport.
Andernorts wird weiter an der Technologie geforscht. Der Unternehmer Elon Musk hatte die Hyperloop-Idee vor zehn Jahren neu propagiert und Wettbewerbe für Studierende aus der ganzen Welt dazu ausgelobt. Dabei waren die Teams der TUM stets erfolgreich - sie erreichten in allen Wettbewerben den ersten Platz. Im Jahr 2018 kamen sie - ohne Menschen - auf rund 470 Stundenkilometer und lagen damit weit vor ihren Konkurrenten.
Machbarkeit gegeben
Inzwischen ist die Forschung an der TUM in einem eigenen Hyperloop-Programm verankert. "Wir glauben, jetzt ist die Zeit, dass so ein System tatsächlich umgesetzt werden kann", sagt Projektleiter Gabriele Semino zu früheren Anläufen. Das System fährt elektrisch, somit emissionsfrei - und irgendwann vielleicht klimaneutral. Es brauche den Prognosen nach nicht mehr Energie als ein ICE. Auch der Bau soll nicht teurer sein. Konkrete Zahlen gebe es noch nicht, nur Hochrechnungen.
Kosten, Machbarkeit und Sicherheit - dazu will das Team in Ottobrunn nun forschen. Unter anderem will es die Abdichtung der Beton-Röhre testen. Ein zweiter Forschungsbereich betrifft die Kapsel sowie Sicherheit und Befindlichkeit der Passagiere in der Röhre. Zudem wollen die Forscher sich mit Steuerung und Antriebssystem befassen.
Die Aussicht: Rund 40 Minuten von München nach Berlin oder von Los Angeles nach San Francisco. Allerdings, anders als der Transrapid wäre das neue Verkehrsmittel nicht geeignet für die Verbesserung der leidigen Verbindung vom Hauptbahnhof München zum Münchner Flughafen. Die Strecke sei zu kurz, sagt Semino. Um überhaupt auf sein Tempo zu kommen, brauche der Hyperloop 10 bis 20 Kilometer. (dpa/ad)