Freie Stellen in der IT zu besetzen, wird für die meisten Unternehmen von Jahr zu Jahr schwieriger. Gleichzeitig steigt die Bereitschaft der IT-Profis, den Arbeitgeber zu wechseln. CIOs sollten gute Gehälter und interessante fachliche Aufgaben bieten können.
"Nicht nur Unternehmen stellen immer höhere Anforderungen an das IT-Personal, sondern auch die IT-Spezialisten an ihre Arbeitgeber", kommentiert Christian Umbs, Managing Director bei Robert Half, die aktuelle Situation auf dem IT-Arbeitsmarkt. Beim Blick in die Lebensläufe der Bewerber stelle er fest, dass sich IT-Profis in immer kürzeren Abständen neue Arbeitgeber suchen.
"Für Unternehmen bedeuten unbesetzte Stellen an Schlüsselpositionen, dass ihre Produktivität sinkt, Projekte nicht rechtzeitig fertiggestellt werden und die Unzufriedenheit im Team steigt", gibt Umbs zu bedenken.
Wie groß die Herausforderungen für CIOs bezüglich der Bindung von IT-Profis sind, belegen die Zahlen der aktuellen Arbeitsmarktstudie des auf Fach- und Führungskräfte spezialisierten Personaldienstleisters Robert Half: 43 Prozent der befragten IT-Chefs bestätigen, dass die Fluktuation von IT-Fachkräften in den vergangenen drei Jahren zugenommen hat.
IT-Fachkräfte schneller unzufrieden
Einigkeit besteht auch in der Beurteilung der Ursachen: Zum einen gibt der Arbeitsmarkt nach Ansicht von 44 Prozent der Befragten immer mehr attraktive Stellenangebote her. Andererseits beobachten die CIOs, dass IT-Fachkräfte schneller unzufrieden sind und zunehmend Positionen anstreben, die ihnen vielfältige berufliche Erfahrungen in unterschiedlichen Branchen und Unternehmen ermöglichen (43 Prozent).
Video-Recruiting: Tipps fürs Vorstellungsgespräch per Skype & Co.
Der Fauch-Pas Ein Bewerber nutzte sein Video-Job-Interview dazu, seinem potentiellen neuen Arbeitgeber die Familienkatze vorzustellen. Bei einem anderen trottete der vierbeinige Hausfreund seelenruhig während des Bewerbungsgesprächs durch das Bild. John Reed findet hierzu klare Worte: "Das ist keine Zeit, um sein Privatleben auszubreiten. Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie sich in einem Raum befinden, zu dem Haustiere keinen Zugang haben."
Der verkannte Gourmet Einige IT-Entscheider bekamen zum Bewerbungsgespräch per Video nicht nur den Kandidaten, sondern auch seine Leibspeise zu sehen. In einem Fall konnte ein Bewerber einfach nicht ohne die wichtigste Mahlzeit des Tages und verspeiste sein Frühstück gänzlich während des Job-Interviews. "Tun sie das einfach nicht", empfiehlt Reed. "Essen sie stattdessen vor oder nach dem Vorstellungsgespräch. Akzeptabel ist höchstens ein Glas Wasser, von dem sie aber höchstens ab und an nippen."
"Es passt gerade nicht so gut, Schatz" Sie führen gerade ein Vorstellungsgespräch per Skype, als plötzlich Ihr Smartphone klingelt. Was tun Sie? Für einen Bewerber war der Fall klar: Rangehen und erst einmal während des Interviews mit der Freundin telefonieren. In einem anderen Fall bekam der Arbeitgeber die Ehefrau eines potentiellen Kandidaten zu sehen - im freizügigen Dusch-Outfit. Analyst John Reed gibt dazu folgenden Tipp: "Stellen Sie sicher, dass sie entweder alleine sind und Ihr Bewerbungsgespräch ungestört führen können, oder sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitbewohner, Familie oder Freunde wissen, dass Sie nicht gestört werden dürfen."
Die süßen Kleinen "Mami, was machst du da?" - fragte das Kind einer Job-Kandidatin während des Vorstellungsgesprächs ganz unverblümt ins Kameraobjektiv. Das war bestimmt ganz süß - aber trotzdem mehr als unpassend. Auch hier empfiehlt Reed, potentielle "Störquellen" bereits im Vorfeld zu eliminieren.
Das Dezibel-Desaster Ein anderer Job-Kandidat führte sein Video-Interview, während im Hintergrund die Grundsanierung seiner Wohnung abgeschlossen wurde. Was für einen Eindruck das hinterlassen haben muss, kann man sich lebhaft ausmalen. "Finden Sie unbedingt einen ruhigen, abgeschlossenen Raum, wo Sie Ihr Job-Interview ungestört absolvieren können. Wenn das nicht möglich ist, sollten Sie Ihrem potentiellen Arbeitgeber die Situation erklären und das Interview wenn möglich verschieben", empfiehlt Reed.
Wenn der Postmann ... ... mitten im Bewerbungsgespräch klingelt es an der Tür, der Kandidat springt auf und nimmt eine Paketsendung entgegen. "Das ist genauso geschehen - und zwar mir persönlich", erzählt John Reed. "Ich führte das Interview, als der Kandidat plötzlich sagte: 'Entschuldigen Sie mich einen Moment'. Er ging zur Tür und wir konnten hören, wie er die Sendung quittierte. Ein schwerwiegendes No-Go."
Kleider machen Leute Auch dieser Punkt scheint für einige Bewerber im vermeintlich sicheren "Cyberspace" nicht zur Selbstverständlichkeit gehören. Die von Robert Half Technology befragten IT-Entscheider berichten von Bewerbern in Flip-Flops und Tanktop und Kandidaten, die sich erst während des Gesprächs ankleiden. Auch hier hat Experte Reed einen Tipp: "Behandeln Sie ein Job-Interview per Video wie ein echtes Bewerbungsgespräch. Heutzutage ist die allgemeine Unternehmenskultur zwar deutlich lockerer und offener - dennoch sollten Sie sicherstellen, dass Sie bei einem Vorstellungsgespräch angemessen gekleidet sind. Schließlich drückt ein seriöses Äußeres auch aus, dass Sie Ihre Bewerbung ernst nehmen."
Berufliche Weiterentwicklung ist ein Schlüssel zum Erfolg
Wenn CIOs selbstkritisch zurückblicken und sich fragen, warum in der Vergangenheit Talente abgewandert sind, dann zeigt sich, wie wichtig Abwechslung im Job ist. Mehr als ein Viertel der Befragten (27 Prozent) sieht abwechslungsarme, als langweilig empfundene Aufgaben im eigenen Unternehmen als Ursache für die zunehmende Fluktuation. Eine zu geringe Vergütung, fehlende Anerkennung durch das Führungspersonal und eine unzureichende Work-Life-Balance werden als weitere Gründe genannt (jeweils 27 Prozent).
IT-Experten bestimmen die Regeln des Arbeitsmarktes
"Wer leistungsfähige IT-Spezialisten gewinnen und halten möchte, muss deren Erwartungshaltung bedienen - und das langfristig", rät Umbs. Die Spezialisten müssten die Möglichkeit haben, mit modernster Hard- und Software zu arbeiten, und zwar in möglichst abwechslungsreichen Projekten. Der Robert-Half-Manager glaubt nicht, dass die Mehrheit der Unternehmen verstanden hat, was der "War for Talents" für sie bedeute. Die Regeln am Arbeitsmarkt diktierten heute die knappen IT-Profis, nicht die IT- und Personalabteilungen der Arbeitgeber.