Welche Skills benötigen IT-Mitarbeiter, die bei Ihnen arbeiten?
Michael Gorriz: Wir bauen die Software im und rund um das Auto systematisch aus, das Auto wird in die digitale Welt integriert. Dem iPhone haben wir bereits Räder verliehen, indem wir es umfassend in das Anzeige- und Bedienkonzept der neuen A-Klasse integriert haben. Für Projekte wie dieses suchen wir Fachkräfte mit Persönlichkeit, Erfahrung im Projekt-Management, sozialer Kompetenz und internationaler Ausrichtung, die in Zukunft in unserer Fahrzeugentwicklung oder in der IT-Organisation arbeiten.
Wen brauchen Sie also?
Michael Gorriz: Aufgrund der großen Bandbreite an Aufgaben benötigen wir neben technischen IT-Spezialisten vor allem IT-Architekten, aber auch Manager für IT-Projekte. Uns ist wichtig, dass die Kandidaten neben der entsprechenden fachlichen Qualifikation unsere Leidenschaft für das Automobil teilen. Bewerber, die sich für einen Einstieg über das Trainee-Programm "CAReer" in das IT-Management bei Daimler interessieren, sollten ihr Studium der Informatik oder Wirtschaftsinformatik mit überdurchschnittlichen Ergebnissen absolviert haben, kurz vor dem Abschluss stehen oder bereits Praxiserfahrung aufweisen können. Daneben sind wir auch an berufserfahrenen Spezialisten interessiert.
Welche Bedeutung hat die IT für Daimler: Ist sie eher ein Kostenfaktor oder eine Technik, mit der sich Wettbewerbsvorteile erzielen lassen?
Michael Gorriz: Die Kunden wünschen sich neben dem faszinierenden Fahrerlebnis in unseren Autos zunehmend Dienste, die zu ihrer jeweiligen Situation passen. Das kann eine intelligente Routenführung, ein Multimedia-Angebot, aber auch ein Reifenwechsel sein. Wer dieses Angebot sinnvoll ausbaut, wird in Zukunft die Nase im Automobilbau vorn haben. Die IT ist dabei ein notwendiges und sehr wichtiges Element. Natürlich spielen Kosten genauso wie in der Produktentwicklung eine große Rolle. Sie können und müssen durch den Kundennutzen gerechtfertigt werden.
Jetzt noch zu Ihrem Jobprofil: Welche Skills braucht ein CIO heute und welche morgen?
Michael Gorriz: Ein CIO wird morgen das digitale Angebot aus der Sicht der Kunden und der Mitarbeiter beurteilen müssen, um den wirklichen Mehrwert für seine Stakeholder zu erkennen. Daneben verantwortet der CIO nach wie vor im Unternehmen die gesamte Prozessintegration, er muss Trends erkennen können und mit seiner Mannschaft die richtigen IT-Lösungen dafür erarbeiten.
Weil es immer mehr IT im Auto gibt, werden immer mehr Informatiker für den Produktbereich gebraucht, also im Fahrzeug. Was unterscheidet diese Informatiker von denen, die sich um die Unternehmens-IT kümmern?
Michael Gorriz: Mit dem Begriff Unternehmens-IT bin ich nicht so glücklich, habe aber noch keinen besseren gefunden. Möglich wäre die Differenzierung in Kunden-IT und administrative IT. Bei der Kunden-IT gibt es einen Teil, der auf vier oder mehr Rädern fährt, der Rest wird in einem Rechenzentrum betrieben. Bei der mobilen IT muss der Softwareingenieur die spezifischen Entwicklungs- und Produktionsprozesse im Auto beachten, die stationäre IT folgt den Prozessen der IT-Organisation. Die Anforderungen sind sehr ähnlich: Architekturkenntnis, Lieferantensteuerung und Projekt-Management. Die stationäre IT hat zusätzlich die Verantwortung für das Betriebs-Management.
Daimler wandelt Werkverträge in Leiharbeit um
Daimler hat auf die Kritik an seinen Beschäftigungsverhältnissen reagiert. Der Automobilbauer will rund 1400 seiner Mitarbeiter, die mit Werkverträgen ausgestattet sind, zu Leiharbeitern machen. Die Beschäftigungsverhältnisse sollen vor allem in der Entwicklung und IT umgewandelt werden. Das stellt die Beschäftigten besser. Denn im Gegensatz zu Leiharbeitern unterliegen externe Mitarbeiter in Werkverträgen weder tarifvertraglichen Regelungen noch Branchenzuschlägen oder Betriebsvereinbarungen. Daimler und andere Firmen kaufen über Werkverträge Dienstleistungen von anderen Unternehmen ein. Die Dienstleistung dieser Unternehmen sind Mitarbeiter.
Daimler war wegen mehrerer Fälle von Lohn-Dumping und Scheinselbständigkeit im Zusammenhang mit Werkverträgen in die öffentliche Kritik geraten. Die Debatte begann im Mai nach einem Beitrag der ARD: Ein SWR-Reporter hatte wochenlang Seite an Seite mit Stammbeschäftigten im Stuttgarter Motorenwerk gearbeitet, aber nur einen Bruchteil von deren Gehältern verdient. Möglich macht dies die Fremdvergabe von Arbeit per Werkvertrag. Außerdem hatten zwei bei Dienstleistern beschäftigte IT-Spezialisten vor dem Landesarbeitsgericht mit Erfolg auf Einstellung bei Daimler geklagt.
Ende September kündigte Personalvorstand Wilfried Porth an, gegen Missbrauch von Werkverträgen vorzugehen. Nach Informationen des Gesamtbetriebsrats sind 600 Verträge bereits unterschrieben, die übrigen 800 ständen kurz bevor. Die Beschäftigten arbeiten im Werk Sindelfingen. Die 1400 neuen Leiharbeiter kommen nicht nur in den Genuss von Tarifregelungen, sie haben nach dem Tarifvertrag für Leiharbeit auch Anspruch auf eine Übernahme nach zwei Jahren.
Auch die anderen Fahrzeughersteller brauchen immer mehr Informatiker fürs Produkt, der Wettbewerb um diese Leute ist groß. Bekommen Sie genügend Nachwuchs?
Michael Gorriz: Ja. Allerdings spüren wir den verstärkten Wettbewerb um qualifizierte Kräfte. Wir sind jedoch gut aufgestellt, bisher konnten wir alle Stellen besetzen. Wir sind auf Messen für Hochschüler und Absolventen aktiv und sprechen dort mit vielen Interessierten. Darüber hinaus bieten wir Praktika und Abschlussarbeiten an, um frühzeitig mit potenziellen Mitarbeitern in Kontakt zu kommen. Und wir bieten attraktive Einstiegsmöglichkeiten ins Unternehmen: etwa über unser Trainee-Programm CAReer.
Wie schätzen Sie den weiteren Bedarf von Daimler an Informatikern ein, und wo wird ein Personalaufbau stattfinden: in der Unternehmens-IT oder fürs Fahrzeug? Welche fachlichen Skills sind künftig vonnöten?
Michael Gorriz: Unser Bedarf an Informatikern wird in den nächsten Jahren in Bereichen wie SAP- oder App-Entwicklung steigen, genauso an IT-Architekten. Wir suchen auf jeden Fall regelmäßig IT-Fachkräfte. Immer wichtiger wird ein breites ITK-Wissen, also Information- and Communication-Technologies-Kenntnisse, um mit der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen und Prozesse Schritt halten zu können. Über das klassische ICT-Wissen hinaus müssen IT-Fachkräfte künftig noch mehr die Geschäftsprozesse verstehen, die Sicht der Kunden einbeziehen und Geschäftspartner im Sinne von Business Consultants beraten. In Zukunft werden darüber hinaus verstärkt Kenntnisse der IT-Architektur, Cloud-Technologien oder Business Intelligence gefragt sein.