Bei der IT-Infrastruktur ist momentan gehörig Druck auf dem Kessel. Die Option Cloud Computing zwingt viele Firmen, sich mit dem Thema Transformation zu befassen. Generell warten Effizienz-Potenziale darauf, gehoben zu werden. McKinsey ist - wie so oft bei Effizienzfragen - zur Stelle. In aktuellen Artikeln zeigen die Berater im Kern zwei Wege zur zukunftsfähigen IT-Infrastruktur auf: erstens die technologische Variante "Next Generation IT Infrastructure" (NGI), zweitens die organisatorische Option eine verbesserten Managements des Service-Bedarfs.
Standard-Lösungen helfen nicht mehr
Völlig richtig ist, dass sich die beiden Möglichkeiten in keiner Weise ausschließen. Gewiss können Unternehmen ihr Bedarfsmanagement optimieren und zugleich in neue Technologie investieren. McKinsey empfiehlt entsprechend beides und stellt die Dringlichkeit von Veränderungen heraus. Gleichwohl berichten die Berater Chandra Gnanasambandam, Michael Huskins und Kara Sprague auch, dass sich die IT-Verantwortlichen momentan noch nicht euphorisch in Abenteuerland NGI stürzen.
"Da Standard-IT-Verbesserungen allmählich an einem toten Punkt ankommen, überrascht es nicht, dass viele IT-Infrastruktur-Manager nach transformativeren Optionen Ausschau zu halten beginnen - NGI inklusive", konstatiert das Trio. Beim halbjährlichen Chief Infrastructure Technology Executive Roundtable (CITER) - einer McKinsey-Veranstaltung - haben sich die Berater dazu umgehört und noch Zurückhaltung in Sachen NGI festgestellt.
Unreife, Komplexität und Datenkontrolle
"Die meisten Führungskräfte schöpfen die Vorzüge noch nicht aus, die NGI verspricht", schildern die Berater ihre Eindrücke. "Das liegt vor allem an den nötigen Vorab-Investitionen." Zudem bremsten die Unreife und die Komplexität der jungen Technologie die Aktivitäten. Das gelte ebenso für Security-Bedenken hinsichtlich Public Cloud - zum Beispiel der Sorge über einen Verlust an Datenkontrolle, wenn staatliche Ermittler in die Firma kommen.
Skepsis bei Banken - Akzeptanz bei KMUs
Folglich bevorzugen es laut McKinsey stark regulierte Branchen wie Health Care oder Banken, kritische Daten innerhalb der firmeneigenen Firewalls zu halten. Zugleich werde aber auch das Potenzial von Public Cloud-Anbietern erkannt, die IT-Sicherheitslage sogar zu verbessern. "Angesichts ihrer Ausrichtung und Größe haben die Provider mit hoher Wahrscheinlichkeit die nötige Erfahrung, Security-Bedrohungen zu bekämpfen und betrügerische Machenschaften zu verhindern", schreibt das Beratertrio. Dies begünstige eine unerwartet klingende Entwicklung: Je stärker die Bedrohungslage kleinere IT-Abteilungen überfordert, umso größer wird die Akzeptanz der Public Cloud.
Was genau aber meint McKinsey mit dem Begriff NGI? Die Definition der Berater liest sich so: "eine hochautomatisierte Plattform für die Bereitstellung von IT-Infrastruktur-Dienstleistungen, die auf neuen und offenen Technologien wie Cloud Computing aufbaut". Die NGI-Schlüsseltechnologien stoßen bei IT-Führungskräften laut McKinsey durchweg auf großes Interesse: Open Source-Infrastrukturmanagement-Umgebungen, Software-definierte Netzwerke, Angebote aus dem Segment Software-as-a-Service (SaaS), Cloud-Orchestrierung und Cloud-Management, Application Configuration Management.
Open Source steht hoch im Kurs
Die in einer kleinen Studie zusammengefassten Ergebnisse der CITER-Befragung zeigen, dass insbesondere die Open Source-Infrastrukturmanagement-Umgebungen bei den Anwendern hoch im Kurs stehen. Auf einer Skala von ein bis fünf erreicht das Interesse daran einen Durchschnittswert von 4,29. Aber auch die anderen NGI-Komponenten schneiden mit Bewertungen deutlich über 3 in der Tat nicht schlecht ab.
Angesichts der genannten Probleme fällt das McKinsey dennoch ambivalent aus. "Die IT-Infrastruktur-Manager sind angetan vom Versprechen NGI", formulieren die Berater. "Aber sie sind sich genauso über die Herausforderungen im Klaren."
Gefragt sind umfassende Programme
NGI beinhalte nämlich den Einsatz der entsprechenden technologischen Lösungen in vollem Umfang: vom Rechenzentrum über die Hardware und die Middleware und durch die Applikationsschicht hindurch. Unumgänglich seien häufig fundamentale Veränderungen der Arbeitsabläufe und des IT-Betriebsmodells. Das bisher zu Wort gekommene McKinsey-Beraterteam empfiehlt vor diesem Hintergrund den Einsatz von "True Program Managers": Führungskräfte, die mit internen und externalisierten Ressourcen arbeiten und auf dieser Basis ein umfassendes Programm abliefern können.
Damit ist der Pfad auf die organisatorische Ebene schon gelegt, den ein zweites McKinsey-Trio geht: Himanshu Agarwal, Leandro Santos und Irina Starikova. "Wir beobachten häufig Frustration zwischen IT und Business-Partnern, weil diese oftmals die Kostentreiber der von ihnen genutzten IT-Dienste nicht verstehen können", benennen die Berater das Ausgangsproblem. Für die Business-Seite sei es vor diesem Hintergrund schwierig, ihre IT-Infrastruktur-Ausgaben im Griff zu behalten. Letztlich führe dies zu einem andauernden Kampf darum, den Infrastrukturbedarf zu steuern.
SLAs und neue Rollen
Um Kosten zu sparen und NGI-Technologie den Weg zu ebnen, stellen laut McKinsey führende Unternehmen mittlerweile auf ein Demand & Service Management im kommerziellen Stil um. Dieses weise zwei Merkmale auf.
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Zum einen gibt es einen Katalog für Standard-Services mit preislich klaren Angeboten, die zeitlich quantifiziert werden. Der Zweck des Ganzen ist es, die Stückkosten nicht mehr ungefähr nach Durchschnittswerten und Allokation zu bestimmen, sondern als Aggregat aller genutzten Komponenten.
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Zum anderen stehen sich IT und Fachabteilungen tatsächlich wie kommerzielle Geschäftspartner gegenüber. Dadurch entstehen neue Rollen - etwa Produktmanager, die Standardangebote und -lösungen definieren, und Architekten, die den Entwicklern beim Umsetzen der geschäftlichen Anforderungen helfen.
Günstigere SLAs durch Demand und Service-Management
"Diese Veränderungen sind hart umzusetzen", kommentiert McKinsey. "Gelingt einem Unternehmen aber die Einführung eines neuen Modells fürs Demand & Service Management, können in der Regel Einsparungen von 10 bis 20 Prozent erzielt werden." Das gilt zwar insbesondere im Zusammenspiel mit der Einführung von NGI-Technologien. Die Berater weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass positive Effekte auch mit Legacy-Infrastrukturen erreicht werden können.
Ursache der Kostensenkungspotenziale sind laut McKinsey günstigere Service Level Agreements (SLAs), die ein entspannter Umgang von IT und Business ermöglicht, ein vereinfachtes IT-Procurement und die Nachfragesteuerung auf günstigere Standardplattformen.
Das Konzept fußt auf mehreren essenziellen Bausteinen: genau definierte Services, detaillierte Preisberechnungen, exakte Kostenallokation, Metriken und Benchmarks für Angebot und Nachfrage, eine Service-orientierte Organisation, unterstützende Prozesse und Tools. In der Praxis folge die Implementierung entweder einem Nachfrage- oder einem Service-Primat, so McKinsey. Beide Wege führten häufig zum Erfolg. Welcher beschritten wird, hängt nach einem Schema der Berater zum Beispiel davon ab, ob der Bedarf an neuen Services groß ist oder nicht.
Service-Katalog, Kostenmodell sowie Beziehung zwischen IT und Business
"Die IT-Infrastruktur-Verantwortlichen sollten den Prozess beginnen, indem sie den Ausgangspunkt ihres Unternehmens begreifen", schreiben die Berater. Dies beinhalte die Reife des Service-Katalogs, die Granularität und Einfachheit des Kostenmodells und die Effektivität der Beziehungen zwischen IT und Business. Die Ausgangsbedingungen und die geschäftlichen Hindernisse bedürfen vor der Transformation einer genauen Gewichtung, ehe eine Roadmap entweder für ein bedarfsgetriebenes oder für ein servicegetriebenes Modell definiert werden kann.
"Statt eines alljährlichen Kampfes um die Finanzierung von Technologie-Erneuerung und Ausweitung der Kapazitäten kann auf einen mehrjährigen Investitionsplan für die IT-Infrastruktur und den Aufbau einer zukunftsfesten Delivery-Plattform umgestellt werden", so McKinsey.