Die untersuchten Staaten stehen im E-Government im Durchschnitt auf einem Umsetzungsgrad von 76 Prozent. Dieses Stadium bezeichnen die Autoren der Studie als "Transaktionsstufe". Das heißt, dass schon viele Leistungen der Behörden online vollständig abgewickelt werden können. Das höchste Stadium und Ziel der Entwicklung im E-Government ist demnach die Personalisierung: Auf dieser Stufe sollen Behördendienste zum Teil auch automatisiert ablaufen.
Vollständig übers Internet verfügbar sind europaweit 58 Prozent aller untersuchten Behördenangebote. Im Vergleich zur Vorjahresstudie konnte Capgemini hier deutliche Verbesserungen feststellen. Allerdings registrierten die Autoren der Studie gleichzeitig große Unterschiede von fast 50 Prozentpunkten zwischen den im E-Government am weitesten und den am wenigsten fortgeschrittenen Ländern.
Österreich ist wie schon im Vorjahr Spitzenreiter. Als erstes und bisher einziges Land bietet die Alpenrepublik alle 20 untersuchten Dienstleistungen vollständig übers Internet an. Vier weitere Staaten erreichen sowohl beim Entwicklungsgrad ihrer Angebote im E-Government als auch bei der vollständigen Online-Verfügbarkeit von Behörden-Dienstleistungen Werte von mehr als 90 Prozent. Hinter Österreich sind dies Malta, Slowenien, Portugal und das Vereinigte Königreich.
In Deutschland sind drei Viertel der Behördenleistungen vollständig übers Internet verfügbar. Damit landet die Bundesrepublik in dieser Kategorie auf dem achten Platz. Gegenüber dem Vorjahr haben die öffentlichen Verwaltungen hierzulande in dieser Hinsicht einen beträchtlichen Sprung gemacht. 2006 waren mit 47 Prozent noch weniger als die Hälfte der überprüften Behördendienste gänzlich übers Internet zu erledigen. Beim Gesamtgrad der Online-Verfügbarkeit erreicht Deutschland nun 84 Prozent - und liegt damit klar über dem Durchschnitt von 76 Prozent. Nachholbedarf bescheinigt die Studie der Bundesrepublik vor allem noch bei den Leistungen der Standes- und Einwohnermeldeämter, außerdem den Pass- und Führerscheinstellen.
Besonders große Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr attestieren die Autoren der Studie Portugal. Neun von zehn Dienstleistungen lassen sich dort vollständig online abwickeln. Im Vorjahr waren es noch weniger als zwei Drittel. In dieser Kategorie rangiert Portugal nun auf dem dritten Platz. Große Fortschritte im E-Government haben neben Portugal die EU-Mitgliedsstaaten Malta, Slowenien und Estland gemacht.
Nachholbedarf beim Service am Bürger
Große Unterschiede zeigt die Studie zwischen der Online-Verfügbarkeit von Leistungen für Unternehmen und denen für die Bürger auf. Während der Entwicklungsgrad für die Dienstleistungsangebote gegenüber Unternehmen bei 84 Prozent liegt, liegt die Quote für Leistungen für den Bürger erst bei 70 Prozent. Die meisten vollständig online verfügbaren Leistungen für die Wirtschaft bieten Österreich, Malta, Tschechien und Portugal an.
Bei der Kluft zwischen dem Ausbau der Online-Behördenleistungen für Unternehmen und denen für den Bürger macht Deutschland keine Ausnahme. Die zwölf untersuchten Dienstleistungen für die Bundesbürger sind zu etwas mehr als 76 Prozent als Online-Angebot verfügbar. Weit besser sieht es bei den acht Services für Unternehmen aus, die bereits zu 94 Prozent übers Internet angeboten werden. Dass die Behörden Online-Dienste für die Wirtschaft bisher schneller ausgebaut haben als solche für den Bürger, ist für Tom Gensicke von Capgemini einerseits nachvollziehbar: "Das ging schneller und ließ sich einfacher refinanzieren."
Zu viele Verwaltungen entwickeln ihre eigenen Verfahren
Gleichwohl müssten die Behörden nun bei den Dienstleistungen für die Bürger Aufholarbeit leisten. Indes sind die stärksten Fortschritte im E-Government gegenüber dem Vorjahr bei den Leistungen für den Bürger zu verzeichnen. Der Entwicklungsgrad liegt hier bei 70 Prozent. Vollständig online verfügbar ist im europäischen Durchschnitt jede zweite der geprüften Dienstleistungen für Bürger.
Problematisch aus Sicht der Studien-Autoren ist die große Zahl und Heterogenität der Bürger-Dienste, die die einzelnen Verwaltungen anbieten. Zwar haben im Vergleich zum Vorjahr vor allem Länder und Kommunen Fortschritte im E-Government gemacht. Der Aufwand hierfür sei jedoch vergleichsweise hoch, urteilen die Verfasser der Studie. Statt einheitlich zu arbeiten, versuchten viele Verwaltungen nach wie vor, eigene Verfahren zu entwickeln und zu betreiben, erklärt Tom Gensicke.
Die Untersuchung über die Fortschritte der Behörden im Angebot von Dienstleistungen übers Internet hat Capgemini im Auftrag der Europäischen Kommission zum siebten Mal in jährlicher Folge durchgeführt. Die Ergebnisse wurden unter dem Titel "The User Challenge. Benchmarking The Supply Of Online Public Services" veröffentlicht.
Erhoben wurden zum einen der allgemeine Entwicklungsstand der Online-Dienste sowie der Anteil der Behördenleistungen, die sich vollständig übers Internet abwickeln lassen. Hierfür wurde ein Katalog von 20 Behördenvorgängen untersucht, darunter die Einkommensteuererklärung, der Antrag auf Ausweisdokumente und der Antrag auf eine Baugenehmigung. Neben den 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wurden auch Island, Norwegen, die Schweiz und die Türkei in die Untersuchung einbezogen.