IT-Strategietage 2018

"Bei Managern besteht der größte Änderungsbedarf"

22.02.2018 von Florian Maier
Die Digitalisierung ist ein höchst komplexes Unterfangen. Auf den Hamburger IT-Strategietagen bekam man zu hören, wie Kuka, BMW und Signal Iduna die Sache angehen.
IT-Strategieradar mit BMW CIO Klaus Straub (v.l.), Markus Warg (Vorstand, Signal Iduna Group) und Holger Ewald (CIO bei Kuka)
Foto: Foto Vogt

Mit Holger Ewald (CIO bei Kuka), Prof. Dr. Markus Warg (Vorstand, Signal Iduna Group) und Klaus Straub (BMW Group CIO) bat Moderator Horst Ellermann gleich drei deutsche Top-Manager auf die Bühne der Hamburger IT-Strategietage, um aus erster Hand über den Status Quo ihrer Digitalisierungsbemühungen zu berichten.

Keine Digitalisierung ohne Robotik

Den Anfang machte Holger Ewald. Der CIO verdeutlichte die Wichtigkeit des digitalen Wandels, besonders für einen Roboterhersteller sei das essenziell. Nachdem man es geschafft habe, die Roboter "aus ihren Käfigen zu befreien", so Ewald, gehe es nun darum, die Robotik mit der Intelligenz des Internets zu verschmelzen: "Für uns ist klar: Durch die Robotik wird die Digitalisierung zum Leben erweckt. Dinge wie das Internet of Things werden hierdurch erst real."

Da Robotik über ein sehr breites Anwendungsfeld verfüge, sei für Kuka darüber hinaus das Thema Robotik-as-a-Service von strategisch wichtiger Bedeutung.

Versicherer vor Paradigmenwechsel

Auf die Frage von Horst Ellermann, ob bei Signal Iduna in Sachen Digitalisierung die Alarmglocken schrillen, antwortete Vorstandsmitglied Dr. Warg: "Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass die Konkurrenz groß ist und wir uns ein Stück weit neu erfinden müssen. Unser Leitgedanke ist dabei, dass die Top-Service-Erlebnisse unserer Kunden - in allen Lebensbereichen - auch die digitalen Erwartungen an die Signal Iduna prägen."

Denn Versicherungsprodukte in ihrer derzeitigen Form, so Dr. Warg, werde wahrscheinlich schon bald niemand mehr haben wollen. Wohl aber den Nutzen. Die große Herausforderung, so der Signal-Iduna-Vorstand, liege dabei darin, weg vom Verkauf langweiliger Versicherungsprodukte zu kommen. Stattdessen müsse der Gebrauchsnutzen dieser Produkte im Vordergrund stehen - etwa durch Echtzeitmessungen und Smartphone-Apps.

Kunden und Mitarbeiter im Mittelpunkt

Klaus Straub, CIO von BMW, sprach anschließend über die digitalen Zielsetzungen seines Unternehmens. Der Münchner Automobilkonzern will sich in den kommenden Jahren zum Top-Anbieter für Mobilitätsdienstleistungen mausern. Dazu, so Straub, sei der Aufbau eines Customer Ecosystem unabdingbar - um die derzeit acht bestehenden, internationalen Kundenkanäle zusammenzuführen. Dramatische Veränderungen für die Kunden erwartet der BMW CIO insbesondere durch die Verknüpfung von Elektromobilität und autonomer Mobilität.

Die größten Umwälzungen machte der BMW-CIO aber auf menschlicher Ebene aus: "Unsere Mannschaften werden sich dramatisch verändern müssen und wir werden uns verändern müssen. Ich glaube, bei den Managern besteht der größte Änderungsbedarf."

Hamburger IT-Strategietage: Statements zu Prioritätenliste 2018
Hamburger IT-Strategietage 2018
Im Vorfeld der Veranstaltung wollte das CIO-Magazin von CIOs wissen, wie sie das Thema Innovation angehen. Was steht bei ihnen ganz oben auf der Prioritätenliste?
Michael Müller-Wünsch, Otto
Michael Müller-Wünsch, OTTO-Bereichsvorstand Technology (CIO): „Im Wandel vom Onlinehändler zur Plattform steht Künstliche Intelligenz ganz oben auf unserer Agenda. Weil wir die Algorithmen selbst bauen, suchen wir laufend Verstärkung im Bereich Business Intelligence und Data Science.“
Christian Hofstadt, PlusServer
Christian Hofstadt, Business Strategy Manager bei PlusServer: „Die Anzahl digitaler Anwendungen steigt in Unternehmen und damit auch die Ansprüche an die IT-Infrastruktur. Multi- beziehungsweise Hybrid-Cloud-Lösungen, die gezielt die Vorteile verschiedener Plattformen kombinieren, sind der Schlüssel zu einer effizienten und wirtschaftlichen Umsetzung der Digitalisierung."
Hartmut König, Adobe
Hartmut König, Chief Technology Officer (CTO) Central Europe bei Adobe: „Dank moderner Analyse-Tools sind wir heute in der Lage, Kundeninformationen jederzeit auswerten zu können. Im nächsten Schritt gilt es nun, diese Datenintelligenz in intelligentes, erlebnisorientiertes Marketing zu überführen!“
Dirk Häußermann, SAP
Dirk Häußermann, Head of Database and Data Management, Middle & Eastern Europe bei SAP: "Unternehmen beschäftigen sich heute damit, Daten als „Vermögensgegenstand“ anzuerkennen und zu nutzen. Das bedeutet, dass sich Unternehmer fragen, wie sie dieses Vermögen vermehren, gewinnbringend einsetzen und natürlich absichern können."
Andreas Keiger, Rittal
Andreas Keiger, Executive Vice President Global IT Infrastructure bei Rittal: „Schnell implementierbare Edge-Rechenzentren im Container werden für Internet of Things (IoT)- und Industrie 4.0-Umgebungen immer wichtiger. Die Anforderungen hierfür kommen unter anderem aus der produzierenden und weiterverarbeitenden Industrie, die mit vernetzten Sensoren eine noch weitergehende Automatisierung der Fertigung planen. Dafür müssen neue IT-Systeme in der Nähe der Produktionsstandorte errichtet werden, also beispielsweise in Industrieparks."
Martin Wibbe, Atos
Martin Wibbe, Senior Vice President bei Atos International Germany: „Wenn Ihr Unternehmen Ihre Rolle neu besetzen müsste, würde es Sie einstellen? Was müssen Sie verändern? Digitalisierung ist ein Lifestyle, agieren Sie jetzt! Fragen Sie sich nicht, welche Technologie Sie einsetzen sollten, sondern welche Herausforderungen im Unternehmen SIE damit lösen können.“
Robin Mager, N-Ergie
Robin Mager, Geschäftsführer N-Ergie IT: „In 2018 erschließen wir für unseren Konzern konsequent weitere, skalierfähige, digitale Geschäftsmodelle. IT-Fähigkeiten schlüpfen in unserem Innovationsprozess dabei von der Neben- in die Hauptrolle. „Next Level of Innovation“ bedeutet für uns, dass wir von der N-ERGIE und VAG die Energie- und Mobilitätswende dezentral und digital vorantreiben."
Klaus Straub, BMW
Klaus Straub, CIO von BMW: „Neue Technologien sind für uns momentan besonders in den Bereichen AI, Big Data und Cloud von entscheidender Bedeutung. Aber wir prüfen genau wo wir investieren. Ein Beispiel ist das Thema Blockchain, bei dem wir auf Grund vielversprechender Use Cases entschieden haben zu investieren. Hier gibt es in der gesamten BMW Group zahlreiche Anwendungsfälle mit großem Potenzial."
Gerald Fehringer, QSC
Bei Gerald Fehringer, Leiter Multi-Cloud Consulting bei QSC ganz oben auf der Prioritäten-Liste: Die Radikalisierung der Applikationstransformation (Container-as-a-Service, Serverless) und der Multi Cloud Betrieb (smarter Management Layer, Kostentransparenz und Wahlfreiheit des Cloud Modells).
Martin Blach, Vodafone Group Services
Martin Blach, Head of Solution Design Group Data Center bei Vodafone Group Services: “Digitale Transformation ist das Top Thema in 2018. Im Fokus stehen die Umsetzung von Ende-zu-Ende-Automation, Robotics und die Transformation traditioneller Services in die Cloud. Agile Arbeitsmethoden werden auf breiter Basis umgesetzt, um schneller auf Kundenanforderungen reagieren zu können.“
Professor Gunter Dueck
Professor Gunter Dueck: "Viele CIOs sehen es sehr kritisch, wenn neben ihnen Chief Digital Officers, Inno-Labs, Digi-Design-Tanks und so weiter das Unternehmen retten sollen. Warum denn die, wo doch die Umsetzung am Ende doch an der IT hängen bleibt? Da stelle ich die Frage: Warum bilden sich solche Strukturen denn erst? Hätte nicht der CIO alles schon selbst initiieren können?"
Bettina Uhlich, Evonik
Bettina Uhlich, CIO von Evonik: „In unserem DigitalLab werden täglich Ideen geboren und agil entwickelt, Teams aus Business und IT Experten arbeiten schnell an Lösungen bis zu Prototypen. Der Weg vom Labor in operative Business Prozesse oder Geschäftsmodelle ist viel langsamer und endet oft vorher. The Next Level of Innovation muss 2018 ins Business führen."
Hubert Hoffmann, MSC
Hubert Hoffmann, CIO/CDO bei der MSC Germany S.A. & Co. KG.: „Mittels Digitalisierung neue Wege in der maritimen Welt zu erschließen und alte Denkmuster zu verlassen.“
Hans-Werner Feick, Kobaltblau
Hans-Werner Feick, Geschäftsführer von Kobaltblau: „Innovationen bringen erst dann einen Nutzen, wenn sie auch umgesetzt werden können. In Labs werden viele kreative Gedanken produziert, von denen der Großteil nie realisiert wird."
Christian Graszt, Knüppel Verpackungen
Christian H. Graszt, CIO von Knüppel Verpackungen: „Im Fernbereich ,Innovation-Scouting‘: Lassen sich Blockchain und KI mit unserem Geschäftsmodell verbinden und wie kommen wir dadurch zu echten Vorteilen im Business? Im Nahbereich die Auslotung der konkreten Möglichkeiten des in 2017 eingeführten SAP S/4 HANA, insbesondere in Bezug auf BI/Reporting über das Embedded Businesswarehouse und der FIORI-Apps.“
Kai Bender, Oliver Wyman
Kai Bender, Partner bei Oliver Wyman erläutert seine Prioritäten so: „2018 werden wir eine weitere Beschleunigung der Innovationsgeschwindigkeit in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Machine Learning erleben. Die Priorität unserer Klienten – und damit auch unsere – liegt auf der praktischen Nutzbarmachung und dem Nachweis des messbaren Impacts, den diese Technologien auf das Tagesgeschäft haben."
Andres Dickehut, Consultix
Andres Dickehut, CEO von Consultix: "Unsere Prioritätenliste wird von den Herausforderungen dominiert, vor denen die komplette Branche steht: Datenschutz und die damit verbundenen Change Prozesse nachhaltig in alle Geschäftsabläufe zu integrieren. CRM, seine Systeme und Technologien müssen mit den neu gestellten Anforderungen an Compliance, Datenschutz und Datensicherheit zusammenwachsen."
Markus Warg, Signal Iduna
Markus Warg, IT-Vorstand der Signal Iduna: "Die Weiterentwicklung der Architektur unserer Service-Plattform SDA sowie der Aufbau von plattformbasierten Ökosystemen. SDA steht für Service Dominierte Architektur und diese Architektur haben wir auf einer open stack Plattform etabliert, um Offenheit, Unabhängigkeit und die Wiederverwendung von Lösungen sicherzustellen."
Heiko Packwitz, LHI
Heiko Packwitz, Chief Marketing & Communications Officer der Lufthansa Industry Solutions (LHI): "Den nächsten Level erreichen nur die Unternehmen, die es schaffen, den Prozess der Weiterentwicklung einer Innovation bis zur Enterprise Readiness zu bewältigen. Dabei gilt es, für jede Stufe den jeweiligen Fokus auf die Betreibbarkeit, User Experience, Sicherheit und so weiter zu setzen. Es geht also vor allem darum, Innovationen richtig zu managen und auch wirklich umzusetzen, und zwar unabhängig davon, um welche Technologie auf der Prioritätenliste es geht."
Julius Ganns, Vorwerk
Julius Ganns, Vice President Digital bei Vorwerk: "Vorwerks Strategie ,Embrace Home' richtet große Teile des Unternehmens noch stärker auf den Kunden aus. Im Zentrum stehen Innovation, ein Omni-Channel-Konzept mit unseren Beratern im Mittelpunkt, und der Ausbau unserer digitalen Lösungen. Teil dieser Strategie ist die Gründung des internen Joint Ventures „Vorwerk Digital“ – eine virtuelle Organisation, welche Digitale Transformation, Agilität, Kulturwandel, IT und Produktentwicklung zusammenführt."
Andreas Klein, Deloitte
Andreas Klein, Director Technology Advisory bei Deloitte: "Für die Umsetzung von Innovationen und die Begleitung der zugrundeliegenden digitalen Transformation, steht für uns klar der Aufsatz einer passenden „End-to-End“-Strategie im Vordergrund: Um die digitale Transformation erfolgreich zu gestalten und neueste Technologie-Trends ganzheitlich zu adressieren, ist es notwendig, über alle Dimensionen des Operating Models hinweg – vom kundenorientierten Front Office über Middle und Back Office Aktivitäten – technologieunterstütze Lösungen zu implementieren. Hier kann der CIO als Integrator zwischen unterschiedlichen Geschäftsbereichen agieren."
Güner Aksoy, Pure Storage
Güner Aksoy, Regional Sales Director Central Europe bei Pure Storage: "Daten sind das neue Öl, aber Informationen sind das neue Gold. Das bedeutet, dass Unternehmen nicht nur in der Lage sein müssen immense Datenmengen zu sammeln und zu speichern, sondern dass sie diese auch effizient verarbeiten müssen, sprich schnell, sicher und flexibel. Da sich der Trend weg von Cloud Computing-Architekturen und hin zum Edge Computing entwickelt, steigen die Anforderungen der Datenverarbeitung an die Infrastruktur noch stärker."
Fatmir Kqiku, DXC Technologies
Fatmir Kqiku, Robotics Advisory Leader Central+North Europe bei DXC Technology: "Die Roboter-Automation ist auf dem Sprung, das Backoffice zu erobern. Wie bereits bei der verarbeitenden Industrie werden wir dabei eine technologische Revolution erleben – ineffiziente Prozesse werden maschinell erledigt. Der Kollege Mensch wird künftig von langweiligen Routineaufgaben entlastet und kann sich verstärkt Aufgaben widmen, bei denen es auf menschliche Stärken entscheidend ankommt."
Christian Langer, Lufthansa
Christian Langer, Vice President Digital Strategy, Innovation and Transformation, Lufthansa Group, und Vice President Digital Fleet Solutions, Lufthansa Technik: "Was sind die Wachstumsinitiativen mit hohem Potenzial, die eines Tages zu neuen, eigenständigen Geschäftsbereichen werden könnten? Welche Chancen bietet die Verwandlung von internen (Planung-)Prozessen zu eigenständigen Geschäftsmodellen? Wie entwickeln wir die tägliche Arbeit mit einer experimentellen und iterativen Denkweise weiter? Und – welcher Input, welche Technologie, welche Konferenz und welcher Beraterbeitrag helfen wirklich weiter?"
Matthias Frühauf, Veeam
Matthias Frühauf, Director Technical Sales CEMEA bei Veeam: "Die Verfügbarkeit von Services – egal wo sie betreiben werden – ist ein Schlüsselelement für erfolgreiche Go-to-Market Strategien. Die Toleranz gegenüber Ausfällen ist gleich Null – egal ob bei Kunden, Usern oder Stakeholdern im eigenen Unternehmen."