Beiersdorf hat seine Server-Landschaft vollständig virtualisiert. Sie besteht aus zwei Rechenzentren am Firmencampus des Kosmetikherstellers in Hamburg sowie rund 80 weiteren Standorten in aller Welt. Die Beiersdorf Shared Services GmbH (BSS) als hauseigener IT-Dienstleister stemmte das Großprojekt über viele Jahre hinweg - und zwar mit Hilfe einer Reihe von Produkten des Herstellers VMware, der stets eng an der Seite des Anwenders agierte.
Abgeschlossen ist die langjährige Kooperation mit dem erreichten Meilenstein allerdings noch lange nicht. "Wir verfolgen nach wie vor unser großes Ziel, alle Bereiche zu virtualisieren, um die vollständige Automatisierung zu erreichen - eben ein Software-Defined Data Center", sagt Andreas Liehmann, Manager Server Platform bei BSS. "Und das mit Hilfe von VMware."
Zweifel im Mutterkonzern
Um weltweit agiler, flexibler und schneller auf Anfragen reagieren zu können, entschieden sich die IT-Verantwortlichen des Herstellers von Markenprodukten wie Nivea und Eucerin bereits vor einem Jahrzehnt für die Virtualisierung. Startschuss war im Jahr 2004. Damals begannen die IT-Administratoren, am Standort Hamburg virtuelle Maschinen mit Hilfe von VMware vSphere einzuführen. 500 physikalische Maschinen hatte Beiersdorf damals an Elbe und Alster im Einsatz. Virtualisiert wurden seinerzeit auch die Außenstellen der BSS mit Produkten anderer Hersteller.
Technische Schwachstellen und produktbedingte Management-Defizite führten zu dem Entschluss, weltweit auf eine einheitliche Lösung zu setzen. Für den Umzug wurde der VMware Converter eingesetzt. Dieser zog die verbliebenen physikalischen Server und virtuellen Maschinen lesend ab, erstellte neue virtuelle Maschinen und nahm sie in Betrieb.
Seinerzeit konnte BSS den ständig neuen Aufträgen des Mutterkonzerns - zum Beispiel Anfragen nach neuen Architekturen oder Servern - nur eingeschränkt gerecht werden, weil es der IT schlicht an Agilität und Schnelligkeit fehlte. Für Abhilfe sorgte zunächst die Virtualisierung kleinerer Applikationen wie Print-Server, später dann auch die Virtualisierung kritischer Produktionssysteme.
Ohne Zweifel und Widerstände verlief das zunächst nicht. "Wir sind zu Beginn auf Misstrauen und Zurückhaltung beim Management unserer internen Kunden gegenüber dieser neuen Technologie gestoßen", erinnert sich Liehmann. "Deshalb mussten wir innerhalb der Firma Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit leisten und die Vorteile und Möglichkeiten aufzuzeigen, die mit den neuen Lösungen möglich sind."
Nach SAP kam Microsoft an die Reihe
Das Umdenken ist mittlerweile längst erfolgt. Statt als Kostenfaktor sieht Beiersdorf seine IT heute als Instrument, um Kosten zu sparen und Prozesse zu beschleunigen. Durch die Investition in die IT könne man heute bereits innerhalb von ein bis zwei Tagen statt wie früher erst nach vier bis sechs Wochen auf Geschäftsanfragen und auf Projekte der Konkurrenz reagieren. Diese durch die IT ermöglichte Agilität stelle einen klaren Wettbewerbsvorteil für das gesamte Unternehmen dar.
Vorangetrieben hat diesen Sinneswandel im Unternehmen vor allem Jörg Meier, Department Manager Enterprise Application Management & Support bei der BSS. Auf seinen Vorschlag hin beschloss der Konzern 2011 die Virtualisierung zu 100 Prozent: Auch die letzten Mainframe-Systeme sollten auf die VMware-Plattform migrieren. Es folgte die wichtige Etappe der SAP-Virtualisierung. "SAP läuft sehr viel schneller als auf dem Mainframe", lobt Liehmann das Ergebnis der Anstrengungen. "Zudem kann die Applikation, auch wenn diese in Betrieb ist, ohne Einschränkungen über VMware vMotion auf den ESXi-Servern verschoben werden."
Dank der von Jörg Meier durchgesetzten "Virtualization First"-Regelung wurden im Anschluss an das abgeschlossene Projekt auch weitere unternehmenskritische Applikationen wie Microsoft Sharepoint, Microsoft Exchange und Microsoft SQL Server erfolgreich virtualisiert und das Ziel der vollständigen Automatisierung weiter verfolgt.
Erwartungen um Längen übertroffen
Heute laufen am Standort Hamburg alle Applikationen und deren Server virtuell. Die Plattform wird unter Zuhilfenahme von vRealize Operations und vRealize Log Insight betrieben und kontinuierlich optimiert. Dies gilt für Kapazitätsplanung, schnelle Identifikation von Problemen und proaktive Architekturdiskussionen mit den internen Kunden.
Als langjähriger Kunde im VMware TAM-Programm hat BSS auch an verschiedenen Beta-Programmen teilgenommen und die Produktentwicklung beeinflusst. In den Außenstellen werden kleine virtuelle Rechenzentren mit lokalen Print-Servern selbstständig betrieben. Diese sind jedoch meist für notwendige lokale Dienste gedacht.
Generell ist die Unternehmens-IT sehr zentralistisch ausgelegt. Deshalb werden alle zentralen Komponenten wie Exchange, SAP und Sharepoints in Hamburg gehostet. Dadurch soll auch das Ziel erreicht werden, die Anzahl der Server an den Außenstellen zu minimieren.
Als größten Stolperstein für Projekt benennt BSS nicht die Technik, sondern die Lizenzbestimmungen der Applikationsanbieter wie IBM, Oracle und Microsoft. Die Benefits des Projekts überstiegen indes die ursprünglichen Prognosen. "Die Flexibilität, Stabilität und Agilität, die wir durch unsere Private Cloud erlangt haben, übertreffen die Erwartungen, die wir in unseren Projektzielen definiert hatten, bei weitem", sagt Jörg Meier.
Das gilt auch für den Energieverbrauch. "BSS senkte den IT-Stromverbrauch durch Konsolidierung auf die virtuelle Plattform und sparte bereits 2012 Jahresfixkosten von etwa 100.000 Euro ein", so Meier weiter. Mit dieser Green-IT-Initiative werde auch das unternehmensübergreifende Ziel der Nachhaltigkeit erfolgreich unterstützt.
Ohne die Virtualisierung wäre überdies der Neubau eines weiteren Rechenzentrums unausweichlich geworden - auch deshalb wurde das Projekt immer schneller vorangetrieben. Derzeit sind alleine in der Hamburger Zentrale 1300 virtuellen Server im Einsatz.
Im Rahmen der Umstellung auf virtuelle Maschinen entschied BSS außerdem, die Hochverfügbarkeit auf der Virtualisierungs-Ebene zu realisieren und Betriebssystem-Cluster abzubauen. Bei einem Server-Ausfall übernimmt einfach ein verbleibender ESXi-Server im Cluster die virtuellen Maschinen. Der Mehrwert ist offensichtlich: Es gelang, die Komplexität der Applikations- und Betriebssystemlandschaft zu reduzieren. Der früher immense Wartungsaufwand konnte signifikant heruntergeschraubt werden. Alles in allem sieht BSS die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Konzerns auf einem sich ständig verändernden IT-Markt deutlich verbessert.
Demnächst steht Selbstheilung auf dem Programm
Während der bislang schon sehr langen Projektlaufzeit arbeitete der Anwender kontinuierlich mit einem VMware Technical Account Manager zusammen. Projektbezogene Unterstützung erhält BSS durch VMware Professional Services; die Ausbildung der Mitarbeiter erfolgt in VMware Education Services. So bleibt das Virtualisierungs-Team fachlich auf dem neuesten Stand und auf neue Herausforderungen vorbereitet.
Die gibt es nämlich immer noch, denn die Automatisierung bei Beiersdorf soll weiter ausgebaut werden. Mit vRealize Orchestrator wurde bereits der Serverbereitstellungsprozess automatisiert und in den Self-Service-Katalog integriert. Nun soll der Zugriff auf weitere Dienstleistungen wie Snapshots und Clones ermöglicht werden. Als nächste Phase steht dann Self-Healing auf der Agenda: die automatische Dokumentation und Behebung bekannter Fehler.
Beiersdorf | Virtualisierung
Branche: Chemie
Zeitrahmen: seit 2004 in mehreren Etappen
Mitarbeiter: für rund 17.000 User
Dienstleister: VMware
Produkte: vSphere und diverse weitere Produkte
Einsatzort: weltweit