Jeder dritte Entscheider identifiziert das Verhalten der Mitarbeiter und die eigene Firmenkultur als größte Hürde in der digitalen Transformation. Das dokumentiert die McKinsey-Studie "Culture for a digital age".
Wie die Antworten der gut 2.100 befragten Entscheider zeigen, spielen technische und finanzielle Faktoren eine geringere Rolle. Nach dem Punkt Firmenkultur (33 Prozent) nennen die Studienteilnehmer das fehlende Verständnis für digitale Trends (25 Prozent) und fehlende personell Ressourcen (24 Prozent) als Probleme. Erst dann folgen beispielsweise die IT-Infrastruktur (22 Prozent), Budget (21 Prozent) und fehlende Daten (dreizehn Prozent).
McKinsey fasst alle genannten Faktoren unter drei Oberbegriffen zusammen: erstens Unternehmenskultur, zweitens fehlende Risikobereitschaft und drittens eine siloartige Organisation.
1. Veränderungen bei der Firmenkultur
Die Berater sehen Firmenkultur nicht als "weichen" Faktoren, der kaum beeinflussbar ist. Sie appellieren an Entscheider, Metriken dafür zu entwickeln und anzuwenden. Ein externer Coach für agile Methoden kann helfen, kulturelle Aspekte bewusst anzugehen, statt zu erwarten, dass sie sich automatisch mitverändern.
Es geht dabei um Fragen von Hierarchie und Entscheidungsmacht und deren Auswirkungen auf die Customer Experience. McKinsey nennt das konkrete Beispiel eines Call Centers, in dem den Mitarbeitern die Kundenhistorie in Echtzeit bereitgestellt wird. Jeder Mitarbeiter kann sich auf Knopfdruck informieren und darf selbst entscheiden, ob er dem Kunden in der Leitung einen Discount gewährt oder ein Incentive zukommen lässt. Solche sofortigen Reaktionen etwa auf Beschwerden steigern Kundenzufriedenheit und Kundenbindung messbar.
Auf einem weit höheren Level muss jedes Unternehmen diskutieren, ab welchem Betrag die Unterschrift des Chief Financial Officer bei einer Investition nötig ist. Dürfen Sachbearbeiter auf allen Ebenen mehr selbst einkaufen, erhalten sie mehr Verantwortung.
2. Fehlende Risikobereitschaft
Der Abbau von hierarchischen Entscheidungsstrukturen und die großzügigere Verteilung von Verantwortung berühren Fragen der Risikokultur. Die Angst vor einem möglichen Scheitern ist schlicht menschlich, betont McKinsey. Je transparenter ein Unternehmen - und Transparenz ist ein positiver Wert an sich - umso deutlicher zeigt sich, wer welchen Fehler begangen hat.
Digital Natives sind risikobereiter
Die Analysten sehen daher Führungskräfte gefordert, eine positive Fehlerkultur zu etablieren und zu propagieren, dass ein Unternehmen aus Fehlern lernt. Diese Haltung brauche, wer innovativ sein wolle, betont McKinsey. Die Analysten setzen hier auf die sogenannten Digital Natives - junge Arbeitnehmer, die schon mit der Technologie aufgewachsen sind - und ihre vergleichsweise höhere Risikobereitschaft.
3. Das Aufbrechen von Silos
McKinsey betrachtet eine siloartige Organisation ebenfalls als Kulturfrage. Denn wenn Abteilungen isoliert voneinander arbeiten, hat das mit fehlender Collaborations- und Kommunikationskultur zu tun.
Francisco D'Souza, CEO von Cognizant, sprach gegenüber McKinsey von den finanziellen Nebenwirkungen eines in Silos aufgebauten Unternehmens. Er sagt, eine Firma könne es sich nicht mehr leisten, das Datenwissen, Design und Mitarbeiterwissen in jeder Abteilung isoliert liegen zu lassen. Das sei mittlerweile ein Kostenfaktor geworden.
Auswirkungen auf das Firmenergebnis
Stichwort Kosten: McKinsey hat die Auswirkungen auf das Firmenergebnis in allen drei Punkten errechnet. Am stärksten schlägt demnach das Fehlen einer digitalen Kultur insgesamt zu Buche, die Analysten verorten einen Wert von minus 0,47. Für Silostrukturen errechnen sie einen Wert von minus 0,44 und für zu geringe Risikobereitschaft einen Wert von 0,36.
Kulturwandel ist zeitaufwändig und komplex
Eine ganz handfeste Möglichkeit, den firmeninternen Austausch zu fördern, besteht im Rotationsprinzip für Manager-Positionen. So hat der US-Händler Nordstrom 2014 seine Chefs von stationärem und digitalem Handel die Rollen wechseln lassen. Das lasse sich auf jeder Ebene eines Unternehmens praktizieren. Im Ergebnis wuchs nicht nur das Verständnis der einen Sparte für die andere, sondern stabilisierte und erweiterte auch interne Netzwerke.
Anders gemacht hat es die Café-Kette Starbucks. Um digitaler zu werden, baute das Unternehmen ein Digital-Ventures-Team auf. Dafür wurden Vice Presidents von Google, Microsoft und Razorfish angeheuert. Eine weitere Möglichkeit ist die Zusammenarbeit mit Startups.
In einer Gesamtbetrachtung kommt McKinsey zu dem Schluss, dass ein Kulturwandel immer langsamer und komplexer vor sich geht als ein technologischer Change. Umso wichtiger sei, dass Entscheider den kulturellen Wandel aktiv betreiben.