Sieger Real I.S.

Benchmark-Ergebnisse: IT-Anwenderzufriedenheit

08.03.2013 von Nicolas Zeitler
Der Immobilienfonds-Dienstleister der Bayern LB hat die zufriedensten IT-Anwender Deutschlands. Beim IT Excellence Benchmark erzielten die Münchner die besten Werte – obwohl sie bei angesagten Themen wie mobiles Arbeiten und Social Collaboration erst am Anfang stehen.
Frank Kühnl, Projektverantwortlicher bei Real I.S.: "Die ganzen Social-Media-Funktionen der Plattform (SharePoint) werden wir zunächst deaktivieren."
Foto: Joachim Wendler

Zufriedene Anwender gibt es auch ohne iPhones und Firmen-Facebook. Das belegen die Erfahrungen von Christian Gebert und Frank Kühnl von Real I.S., der Immobilienfondstochter der Bayern LB. Zwar suggerieren Umfragen gelegentlich, ohne die neueste mobile Hardware oder Collaboration-Tools könne die IT-Abteilung heute keinen Mitarbeiter mehr glücklich stimmen. Doch mit Real I.S. hat bei der sechsten Erhebungswelle des seit 2007 durchgeführten IT Excellence Benchmark (ITEB) ein Unternehmen gewonnen, dessen Informationstechnologie auf diesen Feldern eher konservativ aufgestellt ist. Bei der aktuellen Auswertung, die Ende 2012 abgeschlossen wurde, schnitt Real I.S. unter allen Teilnehmern am besten ab - mit einer Zufriedenheitsnote von 2,1 auf der Skala von 1 bis 5.

Durchschnitt: 2,65

Das ist zwar etwas schlechter als die 2,02 von 2009, als Real I.S. zum letzten Mal am Benchmark teilnahm, aber immer noch mehr als eine halbe Note über dem Durchschnitt von 2,65 im Jahr 2012 (siehe Grafik: So beurteilen Anwender ihre Unternehmens-IT). Gebert, der als Leiter Corporate Development die Funktion des CIOs ausfüllt und direkt an den Vorstand berichtet, und IT-Teamkoordinator Kühnl freut dieses Ergebnis natürlich. Gleichzeitig betonen sie allerdings, dass sie mit ihrer Arbeit gar nicht immer direkt auf die Zufriedenheit der Nutzer zielten. "Der Anspruch ist nicht, sich beim Anwender beliebt zu machen, sondern das Business zu unterstützen", sagt Gebert. Er verweist auf Entscheidungen, die "sicher nicht immer die populärsten" gewesen seien.

So beseitigte er etwa die Vielfalt der Druckertypen und zugehörigen Wartungsverträge. In der Real-I.S.-Zentrale in München unweit des Bayerischen Landtags stehen seitdem Multifunktionsgeräte nur noch eines Anbieters. Als Mitarbeiter eigene Arbeitsplatzdrucker abgeben mussten, habe es "einiges Murren" gegeben. Doch letztlich hätten die positiven Effekte überwogen, etwa die hohe Papierersparnis.

Im Jahr vor der Umfrage wechselte Real I.S. außerdem zu Windows 7 und Office 2010. Anwender ärgern sich in aller Regel, wenn sie alte Funktionen in neuen Systemen suchen müssen. Gebert sagt denn auch: "Wir haben damit gerechnet, dass es vor dem Hintergrund schlechtere Noten gibt", und scheint sich dabei fast über das gute Abschneiden zu wundern. Für die Arbeitsplatzausstattung insgesamt vergaben seine befragten Anwender eine 2,19 (Durchschnitt 2,44). Und auch bei den Einzelfragen nach Druckern und Office-Anwendungen stechen die Bewertungen positiv aus dem Feld der übrigen ITEB-Teilnehmer hervor.

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Der IT Excellence Benchmark misst die Zufriedenheit von IT-Anwendern im Unternehmen. Seit 2007 führen die TU München, das Beratungshaus Business Group Munich und die Medienmarke CIO die Studie durch. Mehr Infos zum IT Excellence Benchmark.

Außer überdurchschnittlichen Noten zeigte die ITEB den IT-Verantwortlichen gleichwohl auch, dass selbst beim Sieger noch nicht alles zum Besten bestellt ist. Außer dem Standard-Fragenkatalog des ITEB ließen Christian Gebert und Frank Kühnl die Anwender auch nach ihrer Zufriedenheit mit dem Dokumenten-Management-System (DMS) fragen. Wirklich zufrieden äußerten sich nur 44 Prozent der Anwender über die Lösung eines lokalen Anbieters, die Durchschnittsnote von 2,76 fällt gegenüber der guten Gesamtwertung merklich ab. "Ich weiß, dass das System nicht in allen Bereichen gut angenommen wird", sagt Gebert. Eigentlich habe er mit noch schlechteren Ergebnissen gerechnet. Die breite Masse der Anwender schöpfe den Funktionsumfang des Systems nicht aus, sondern erfülle nur die Archivierungsvorgaben.

Grafik: So beurteilen Anwender ihre Unternehmens-IT.
Foto: cio.de

Stattdessen bevorzugten die Mitarbeiter andere Ablagemöglichkeiten: die klassische Papierablage, das File-System oder die öffentlichen Exchange-Ordner. Damit sie künftig stärker das DMS nutzen, arbeiten Christian Gebert und Frank Kühnl derzeit daran, die Usability zu verbessern, etwa beim Massen-Upload von Dateien aus anderen Ablagesystemen.

Die ebenfalls speziell für Real I.S. in den Bewertungsbogen aufgenommene Frage zum selbst entwickelten CRM-System Leonardo förderte hingegen eine hohe Zufriedenheit der Anwender zutage. Zwei Drittel der Befragten gaben an, sie seien mit der Software vollauf zufrieden. Wie sich eine solch hohe Zustimmung erreichen lässt, dafür haben die beiden IT-Verantwortlichen eine simple Erklärung: Die vier für Leonardo zuständigen Entwickler arbeiteten nahe an den Fachbereichen, wüssten also, was die Anwender an Funktionen und Bedienelementen wirklich brauchen.

Völlig glücklich macht Gebert dieser Befund allerdings noch nicht. "Bei Leonardo hätten wir mit noch besseren Ergebnissen gerechnet", gibt er zu. Acht Prozent Anwender, die ein negatives Urteil abgeben, das sei schon ein hoher Wert. Eine mögliche Ursache für ihr Votum hat Gebert bereits ausgemacht. Über die Zeit seien immer neue Funktionen zum CRM-System hinzugekommen, mit denen könnten wohl einige nichts anfangen. Ohnehin hatte Real I.S. vor, im Zuge der Überarbeitung der IT-Strategie im Laufe dieses Jahres ein Application-Lifecycle-Management einzuführen. In diesem Vorhaben habe ihn das ITEB-Ergebnis zu Leonardo nun bestätigt, sagt Christian Gebert.

Schlechte Werte bei Innovation

Deutlich niedriger als ihre allgemeine Zufriedenheit mit der IT stuften die Anwender bei Real I.S. den derzeitigen Stand bei Innovationsthemen ein. Dass die IT-Abteilung immer ausreichend neue Produkte im Angebot habe, findet nur etwas mehr als jeder Dritte (36 Prozent). Und ein mit 23 Prozent sehr hoher Anteil der Befragten gibt ausdrücklich seine Unzufriedenheit über zu wenige Produktneuheiten zu Protokoll. Etwas besser sieht es bei den Möglichkeiten mobilen Arbeitens aus. 47 Prozent sind damit zufrieden, jeder Vierte allerdings unzufrieden. Im Durchschnitt vergaben die Anwender in dem Punkt eine 2,56 – was allerdings noch über dem Durchschnittswert aller Unternehmen der aktuellen Erhebungswelle von 2,73 liegt.

Brigitte Walter, Corporate Management bei Real I.S.: "Wikis, Blogs und Instant Messaging halte ich nicht unbedingt für sinnvoll oder notwendig."
Foto: Joachim Wendler

Auch abgesehen von diesem überdurchschnittlichen Wert ist das Ergebnis keines, das die IT-Chefs Gebert und Kühnl allzu sehr beunruhigt. Eher zeigt sich an ihrem Umgang damit, was sie mit ihrer Einstellung meinen, weniger dem Anwender gefallen zu wollen, als vielmehr das Geschäft bestmöglich zu unterstützen. Natürlich, man habe mit dem Vorstand über mehr Möglichkeiten für mobiles Arbeiten gesprochen, sagt Christian Gebert. Doch dort sei das derzeit kein vorrangiges Thema. "Die Strategie hier im Haus ist eher auf lokale Zusammenarbeit ausgerichtet", sagt Gebert.

Als Zielgruppen für mobiles Arbeiten gälten bei Real I.S. Mitarbeiter im Außendienst wie zum Beispiel Immobilienakquisition, Vertrieb und Asset-Management. Ihnen stelle das Unternehmen die Ausrüstung fürs Arbeiten von unterwegs zur Verfügung - "und von ihnen kommen auch keine Klagen", wie Gebert sagt. Allen anderen Anwendern stellt der Leiter Corporate Development in Aussicht, dass sie nach und nach - je nach Anwendungsfall - ebenfalls mobile Geräte zum Arbeiten bekämen.

Die Zurückhaltung gegenüber IT-Modethemen bei Real I.S. wird auch deutlich beim Stichwort Collaboration. Vielerorts wird das Thema als einer der Katalysatoren für schnellere und produktivere Zusammenarbeit gesehen, der nebenbei auch noch den Teamgeist stärken und Freude bei der Arbeit bringen soll. Konzerne bauen interne Social Networks auf und lassen ihre Mitarbeiter Wissen über Firmen-Wikis oder interne Blogs teilen. Dass Real I.S. auf diesem Feld gar nicht versucht, Early Adopter zu sein, wurde schon bei der ITEB-Teilnahme im Jahr 2009 deutlich. Auf die eher schlechten Werte zu Wikis, Blogs und Instant Messaging angesprochen, sagte Vorstandsmitglied Brigitte Walter, zu deren Ressorts auch die IT zählt, derlei Werkzeuge halte man bei Real I.S. "nicht unbedingt für sinnvoll oder notwendig".

E-Mail bleibt der wichtigste Kanal

Grafik: Die IT ist besser als ihr Ruf.
Foto: cio.de

Ein direkter Vergleich der Anwenderzufriedenheit zu damals lässt sich nicht ziehen, weil die Detailfragen zu Collaboration mittlerweile nicht mehr zum Standard-Fragenkatalog von ITEB gehören. An aktuellen Projekten zeigt sich aber: Das Unternehmen nähert sich dem Thema, wenn auch mit Bedacht. So baut die IT-Abteilung gerade an einem Intranet. Ob neu ins Unternehmen gekommene Mitarbeiter vorgestellt werden oder die IT Wartungsarbeiten ankündigt: "Bisher läuft die Unternehmenskommunikation intern noch komplett über E-Mail", sagt Frank Kühnl. Ab April dieses Jahres soll damit Schluss sein. Dann werden derlei Nachrichten im Intranet auf Basis von Microsoft SharePoint 2013 zu lesen sein.

Allerdings: "Die ganzen Social-Media-Funktionen der Plattform werden wir zunächst deaktivieren", sagt Kühnl. Technisch wäre es ohne Weiteres möglich, dass Angestellte auf SharePoint ihre Profile pflegen, dort nicht nur ihre Position und ihre fachlichen Schwerpunkte, sondern auch ihre Hobbys eintragen. Sie könnten auch Dokumente austauschen und kommentieren. Doch an diese neue Art des Austauschs im Unternehmen will sich Real I.S. langsam herantasten, wie Frank Kühnl sagt.

Christian Gebert, Leiter Corporate Development bei Real I.S.
Foto: Joachim Wendler

Das zeigt erneut: Die IT legt weniger Wert darauf, der Liebling der Anwender zu sein, als einen Beitrag zum Business zu leisten. Deutlich wird das an einem weiteren Collaboration-Projekt: Die IT prüft gerade, wie sie eine Unified-Communications-Strategie umsetzen kann. Hintergrund ist das Wachstum von Real I.S. Unlängst sind zu den bestehenden Niederlassungen in Luxemburg, Leipzig, Dresden, Jena, Berlin und Hamburg Standorte in Australien und Frankreich dazugekommen. Künftig sollen alle Mitarbeiter auf einer einheitlichen Plattform miteinander in Kontakt treten können. "Im Augenblick evaluieren wir, welche Lösung wir dafür einsetzen wollen", sagt Frank Kühnl.

Im Zuge der Überlegungen für eine bessere Zusammenarbeit über die Standorte hinweg habe man auch sogenannte Smartboards getestet, berichtet Christian Gebert. Mit ihrer Hilfe lassen sich beispielsweise Konferenzen abhalten, bei denen Teilnehmer an unterschiedlichen Orten interaktiv zusammenarbeiten. Vorstellbar wäre, mittels solcher Tafeln etwa Webcasts zu veranstalten, bei denen sich Mitarbeiter zu bestimmten Themen austauschen. Diese Überlegung klingt nun wieder alles andere als zurückhaltend gegenüber Innovationen. Gebert sagt: "Uns geht es eben darum, Neuheiten annehmbar zu dosieren."

Grafik: Schwachpunkt Innovation.
Foto: cio.de

Womöglich liegt es genau darin, das Erfolgsgeheimnis der Real-I.S.-IT: Entwicklungen beobachten, ohne zu große Hektik Neuerungen einführen, die einen direkten Nutzen fürs Geschäft haben, aber keinesfalls übereilt dem Hype-Geschrei von Anbietern und Analysten oder jedem Wunsch der Anwender nachgeben. Denn eines hat das ITEB-Ergebnis für Real I.S. auch gezeigt: Den Wertbeitrag der IT zum Erfolg des Unternehmens bewerten die Anwender außerordentlich hoch. Sie vergaben dafür die deutlich über dem Durchschnitt von 2,35 liegende Note 1,89. Und im Vergleich zur Teilnahme drei Jahre zuvor stieg der Wert sogar noch: 2009 hatte Real I.S. hier eine glatte 2 erhalten. Den leichten Rückgang in der Gesamtzufriedenheit gleicht das aus Sicht von Gebert auch nahezu aus.

Es geht nicht um hippe Smartphones

Bei den Antworten auf die zum Schluss bei ITEB gestellte offene Frage ließ sich die Mehrzahl der Äußerungen denn auch der Kategorie "Weiter so" zuordnen. Soll heißen: Anwender haben nichts Grundsätzliches auszusetzen an der Arbeit der IT-Abteilung. Natürlich schrieben Mitarbeiter bei der Gelegenheit auch nieder, was aus ihrer Sicht besser werden muss. Mehrere kritisierten den Support, wünschten sich beispielsweise mehr Rückmeldung zum Bearbeitungsstand ihrer Anfrage. Auch die Reaktion von Christian Gebert und Frank Kühnl darauf zeigt, dass es eben nicht immer das hippe Smartphone oder der Unternehmens-Chat ist, mit dem IT-Chefs für mehr Zufriedenheit kämpfen: Bisher schicken Mitarbeiter bei Real I.S. ihre Helpdesk-Anfragen per E-Mail an ein Support-Postfach. Nach der aktuellen ITEB-Auswertung haben die IT-Verantwortlichen entschieden, dass es künftig ein Ticket-System geben soll.

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Der IT Excellence Benchmark misst die Zufriedenheit von IT-Anwendern im Unternehmen. Seit 2007 führen die TU München, das Beratungshaus Business Group Munich und die Medienmarke CIO die Studie durch. Mehr Infos zum IT Excellence Benchmark.