Wenn zwei empirische Untersuchungen zum selben Thema sehr unterschiedliche Ansätze verfolgen und dennoch im Kern fast identische Ergebnisse liefern, dann sollte man diese Ergebnisse genau unter die Lupe nehmen.
"Die Zukunft des Consulting bis 2020", so der (übersetzte) Titel eines Forrester-Reports. Für ihre Prognose haben die Analysten 30 Führungskräfte von internationalen Beratungshäusern wie KPMG oder CSC danach gefragt, wie sie die eigene Zukunftsfähigkeit einschätzen.
Der Optimismus - so eine Erkenntnis daraus - hält sich in Grenzen: Die Großen der Szene stellen zunehmend fest, dass sich Märkte und ihre Anforderungen schneller verändern, als sie selbst dazu in der Lage sind. Vor allem die Digitalisierung aller Lebensbereiche zwingt Berater dazu, sich bei jeder Leistung stärker am Endkunden zu orientieren, schneller zu liefern und agil zu bleiben, das heißt Anpassungen an Konzept und Umsetzung bis zur letzten Minute möglich zu machen.
Für all das braucht es veränderte Skills: Rein technische Umsetzungsberatung verliert an Bedeutung, weil Technologie zur Commodity beziehungsweise technische Anpassung zum Endkunden verlagert wird.
Die Wenigsten schaffen den Wandel
Ein Teil der Beratung großer Kunden wird stattdessen - so Forrester - in Form von "trusted advicement" für Führungskräfte ablaufen, was bedeutet, dass Consultants von Umsetzern zu Strategen werden.
Aber abgesehen davon, dass sich dieser Ansatz nicht für jeden Job eignet, wird auch nicht jeder Berater zukünftig zu solcher Meta-Beratung in der Lage sein, glaubt Forrester. Zitat: "Die Umwälzungen durch die Digitalisierung, die wir in sämtlichen Märkten beobachten, haben mittlerweile ein Tempo erreicht, das nur noch die besten Consultants mitgehen können."
Außerdem bräuchten Beratungsunternehmen deutlich mehr unterschiedliche Skills als noch vor wenigen Jahren, um die Wünsche der Kunden erfüllen zu können. Schlaue Industrieexperten zu haben sei längst nicht mehr genug, sagt Forrester, sondern gesucht seien Leute, die wissen, wie sich aus Industrie-Expertise Produkte und Dienstleistungen generieren ließen, die schnell marktfähig sind.
Zitat: "Unternehmen wollen und müssen ihre Kunden heute detailliert verstehen. Deshalb brauchen sie Berater, die ihnen dabei helfen." Renee Borkowski von Razorfish zum Beispiel sagte Forrester, seine Branche müsse heute geradezu eine Obsession entwickeln für die Bedürfnisse der Kunden ihrer Kunden.
Viele Berater sehen sich schlecht vorbereitet
Fast Deckungsgleich sind interessanterweise jene Herausforderungen, die LAB & Company für Berater auf dem deutschen Markt sieht. Das Unternehmen gehört zu den Top 20-Personalberatungen hierzulande und befragte in seinem "2. LAB Consulting-Barometer" 8000 Unternehmensberater aller Segmente in Deutschland.
79 Prozent von ihnen prognostizieren starke Veränderungen ihrer Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung. Und mehr als ein Drittel sieht das eigene Unternehmen schlecht darauf vorbereitet.
Die Vorteile seien zwar unübersehbar, aber die meisten Consultants nicht in der Lage, davon zu profizieren: Digitalisierung, sagte die Mehrheit der Befragten, brächte durchaus Effizienzsteigerungen und eine besser Kommunikation mit Kunden und Kollegen, aber lediglich 44 Prozent der Berater versprechen sich davon auch mehr Umsatz. Mit höherer Mitarbeiterzufriedenheit durch Digitalisierung rechnen sogar nur 17 Prozent.
Bemerkenswert ist die hohe Bedeutung, die der Digitalisierung beigemessen wird und das gleichzeitige Eingeständnis der mangelnden eigenen Fitness auf diesem Gebiet. Dabei hapert es in der Regel nicht an der technischen oder finanziellen Ausstattung, sondern vor allem an geeigneten Prozessen und kompetenten Mitarbeitern beziehungsweise Führungskräften.
Was zählt, ist der Faktor Mensch
Auch umgekehrt wird ein Schuh draus: Consultingunternehmen, die sich gut vorbereitet sehen auf die Digitalisierung, machen dies vor allem am Personal fest und an der Veränderungsbereitschaft ihrer Organisation. Tobias Klein von LAB, Co-Autor der Studie: "Bei aller Standardisierung, Digitalisierung und Industrialisierung der Consultingbranche kommt es am Ende doch vor allem auf den Faktor Mensch an."
So wenig überraschend eine solche Erkenntnis von Seiten des Personalberaters ist: Die Quintessenz der eingangs beschriebenen Forrester-Studie läuft auf dasselbe hinaus.
Change Management wird extrem komplex
Forrester beschreibt in seiner Berater-Prognose bis 2020 am Ende sechs Themen, "die die Zukunft des Consultings definieren."
1. Umsatzstarke rein technische Projekte werden deutlich weniger.
2. Projekte mit flexibler, ergebnisabhängiger Vergütung werden jene mit fixem Salär verdrängen.
3. Zudem wird es in Verträgen immer öfter um Umsatzbeteiligungen beziehungsweise um die Verteilung von Lizenzen an gemeinsam entwickelter Software gehen.
4. Projekte werden kleiner, globaler und immer häufiger von virtuellen Teams erledigt.
5. Strategische Projekte ohne agile, also im Laufe des Prozesses veränderbare Elemente gehen stark zurück.
6. Change Management für Organisationen wird extrem komplex, vor allem weil es dabei immer um den Umgang mit Daten geht.
Auch Nicht-Personalberatern leuchtet in Anbetracht dieses Anforderungskatalogs ein, dass die für erfolgreiches Beraten notwendigen Skills bis 2020 deutlich vielfältiger und komplexer werden.