Das IT-Dienstleistungszentrum Berlin (ITDZ Berlin) hat HP Deutschland mit der Bereitstellung eines Private Cloud-Systems beauftragt. In einem Pressegespräch betonte Konrad Kandziora, Vorstand des ITDZ Berlin, die Vorteile der neuen Cloud-Infrastrukturlösung „HP Cloud System Enterprise", bestehend aus Hardware, Software und Services. „Wir erwarten dadurch Einsparungen von zehn bis 15 Prozent der jährlichen bisherigen Kosten", sagte er. „Das ist ein Millionenbetrag." Für das Projekt selbst sind laut Kandziora zwei Millionen Euro budgetiert.
Bisher sind alle 5000 Server der Berliner Verwaltung dezentral aufgestellt. Berlin muss als Stadtstaat sowohl Landes- als auch kommunale Aufgaben IT-mäßig verwalten. Das ITDZ Berlin versorgt als zentraler IT-Dienstleister der Stadt und des Landes Berlin zahlreiche Dienststellen mit der nötigen IT-Infrastruktur, mit Services wie E-Mail und den Software-Anwendungen für das Tagesgeschäft.
Server-Auslastung nur 60 Prozent
„Auf jedem der einzelnen Systeme werden Speicher und CPU vorgehalten, die Auslastung beträgt auf den Servern jedoch nur rund 60 Prozent", sagte Kandziora. Das soll mit der Cloud-Lösung, die die gewünschten Leistungen zentral bereitstellt, anders werden. „Wir wollen die Standardisierung ein Stück weit voranbringen." Das sei auch angesichts des IT-Fachkräftemangels nötig. Auch wolle das Land Berlin in Zukunft die eigenen Daten mit Angeboten der Wirtschaft verknüpfen können.
Die Cloud-gestützte Service-Plattform „Go Berlin" solle zukünftig Online-Dienstleistungen von Behörden und Unternehmen für die Berliner Bürger je nach Lebenslage bündeln. In einem ersten Schritt will das ITDZ Berlin Dienstleistungen für Menschen, die umziehen, realisieren. Wer nach Berlin zieht, bekommt etwa ein Zeitungsabo angeboten, so die Vorstellungen der IT-Chefs und der Verwaltung.
Das System wird alle an das Berliner Landesnetz angeschlossenen Dienststellen mit automatisierten Infrastructure- und Platform-as-a-Service-Diensten versorgen (IaaS bzw. PaaS). Vor der Auftragserteilung hatte sich HP in einem mehrstufigen, europaweit veröffentlichten Vergabeverfahren durchgesetzt. Am Ende gab es nur noch zwei Teilnehmer: HP und die Deutsche Telekom, verriet Kandziora.
Ausschreibung: HP setzt sich gegen T-Systems durch
HP machte das Rennen unter anderem auch deswegen, weil sie die IT des Landes auch bei für die Verwaltung wichtigen aber bisher unbekannten zentralen Fragen wie etwa der Preisbildung für die neuen Angebote beraten könne.
„Für Entwicklung und Aufbau seiner Private Cloud suchte das ITDZ Berlin einen Dienstleister, der neben geeigneter Hard- und Software und Beratungs- sowie Supportdienstleistungen auch weit reichende Erfahrung in Planung, Auf- und Ausbau von Private Clouds bieten kann", heißt es bei HP.
„Für uns war neben der Konzeption vor allem überzeugend, dass HP alle darin enthaltenen Vertragsbestandteile aus einer Hand liefern würde - einschließlich der Software. Das konnten uns nicht viele Hersteller bieten", sagte Peter Schlicht, Senior Betriebsmanager Data-Center im ITDZ Berlin.
In 6 Monaten soll die Cloud fertig sein
HP wird nun innerhalb des kommenden halben Jahres im Rechenzentrum des ITDZ Berlin ein flexibel skalierbares HP Cloud System Enterprise einrichten. Zu den vertraglich vereinbarten Leistungen HPs gehören dabei neben der Lieferung des Systems Beratungs-, Implementierungs- und Support-Dienstleistungen.
Das HP Cloud System Enterprise besteht, erläuterte Klaus Berle, Director Cloud Computing von HP, aus vorkonfigurierten HP-Servern und HP-3PAR-Storage-Systemen sowie aus Netzwerk-Technik von HP Networking. Die Verwaltung erfolgt über die Cloud-Management-Software HP Cloud Service Automation; für die Virtualisierung von Servern und Speichern sorgt Software von VMware. Die Implementierung der Systeme sowie die Support-Aufgaben leistet HP, den eigentlichen Betrieb übernehmen die Spezialisten des ITDZ Berlin.
„Bei uns sind vier Kollegen damit beschäftigt, HP stellt operativ zwei Mitarbeiter ab. Dazu wird es einen externen Manger bei HP geben", sagte Kandziora. HP betonte, dass es wichtig sei, dass die ITDZ-Mitarbeiter sehr schnell die Cloud alleine betreuen können. Die Oberfläche der neuen Cloud-Plattform soll es den Administratoren sehr einfach machen, neue Service zu bestellen oder auch wieder zu kündigen.
Über das bereitgestellte Self-Service-Portal bestellte Infrastruktur-Ressourcen werden je nach Bedarf zugeteilt und - sobald sie nicht mehr benötigt werden - wieder in den Pool der Cloud zurückgegeben, so HP. Diese Flexibilität verbessere die Auslastung von Server-, Speicher- und Netzwerkhardware.
Probleme mit Lastspitzen montags und vor den Ferien
Das ist für das IT-Dienstleistungszentrum von besonderer Bedeutung: Die zwei Data Center des ITDZ Berlin sind immer wieder kurzzeitigen Lastspitzen ausgesetzt - etwa montags oder vor der Ferienzeit, wenn besonders viele Bürger Behördengänge erledigen und die IT-Services der Dienststellen mehr Ressourcen brauchen als üblich. Der Zusatzbedarf lässt sich ohne zusätzliche Kosten mit den Services des Cloud System Enterprise decken.
„Die Bereitstellung von Services aus dem Cloud System dauert nur wenige Minuten. Virtualisierte Infrastrukturen sind 20 oder 30 Minuten nach der Bestellung einsatzbereit. Auch physikalische Systeme lassen sich automatisiert bereitstellen. Händische Vorgänge wie Ausschreibung, Beschaffung, Vor-Ort-Installation und Inbetriebnahme von Hardware entfallen vollständig", erläutert Tobias Föster, Account Manager bei HP. „Die Bestellung per Self-Service-Portal ist dabei so einfach, dass jeder Kunde des ITDZ Berlin in der Lage ist, benötigte Services selbständig und ohne Unterstützung einzukaufen", verspricht er.
Das selbsterklärende Self-Service-Portal, über das Kunden die verfügbaren Infrastruktur- oder Plattformdienste bestellen können, ist so vorkonfiguriert, dass Benutzer unter standardisierten Infrastrukturen und Plattform-Services auswählen können. Benutzerrechte und Regeln verhindern laut HP, dass Dienststellen oder Mitarbeiter Services bestellen, die für sie ungeeignet sind oder für die sie keine Genehmigung haben. Zu dem System gehört auch ein Service-Designer mit grafischer Oberfläche, mit dem Mitarbeiter des ITDZ Berlin Teildienste per Drag-and-Drop zu Cloud-Diensten zusammenstellen können.
„Das ITDZ Berlin hat eine für öffentliche Unternehmen und Behörden wegweisende Cloud-Computing-Plattform konzipiert. Wir freuen uns, dass wir die Umsetzung mit unserem Cloud- und Service-Portfolio unterstützen können", sagte Heiko Meyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hewlett-Packard in einem offiziellen Statement. Projekte wie dieses würden zeigen, dass Cloud-Technologien und -Systeme reif sind für den Einsatz in Behörden und Verwaltungseinrichtungen seien so Meyer weiter." Sie stiften erhebliche Effizienz- und Nutzenvorteile für die öffentliche Hand."
Services automatisieren und Prozesse stabilisieren
Mit der neuen Private Cloud wird das ITDZ Berlin die Bereitstellung bestehender Dienste automatisieren, um diese wiederum seinen Kunden gegen Bezahlung effizienter, schneller und günstiger zur Verfügung zu stellen als bisher. Versprochen wird von HP eine sehr hohe Prozessstabilität und ein sehr hohes Sicherheitsniveau, das den strengen Datenschutzrichtlinien des öffentlichen Dienstes entspricht.
Zudem sollen über die Private Cloud neue Infrastructure-as-a-Service-Dienste für Server und Speicher bereitgestellt werden sowie weitere Plattform-Services. Diese sollen die Grundlage für die neuen Software-Services sein, die Kunden und Bürgern Leben in Berlin erleichtern sollen, so HP.
„Wir wollen unsere IT stärker zentralisieren, virtualisieren und automatisieren, um unsere Serviceleistungen weiter zu verbessern. Das bedeutet neue Dienste und verkürzte Beschaffungs- und Bereitstellungsvorgänge für unsere Kunden und erhebliche Produktivitätssteigerungen für uns", sagte Kandziora. Darüber hinaus werde das Cloud-System dazu beitragen, die IT von Stadt und Land zu verschlanken: Kandziora will eine Vielzahl der von Berliner Behörden betriebenen Server, entsprechend den Vorgaben des Berliner Rechnungshofs, in die neue Private Cloud verlagern.
Hier noch die technischen Eckdaten der HP-Cloud: Zum Cloud System Enterprise gehört die Verwaltungssoftware HP Cloud Service Automation in der Version 3.0. Damit lässt sich die Private Cloud des ITDZ Berlin hochgradig automatisiert betreiben; die Software bietet Werkzeuge für die Verwaltung des gesamten Bereitstellungszyklus der Cloud, von der virtuellen Infrastruktur bis zur Cloud-Service-Anwendung ("Infrastructure-to-Application-Lifecycle").
Auch den verbesserten Schutz der Daten hat das ITDZ mit der neuen Lösung im Auge: Das ITDZ Berlin will das Cloudsystem nicht nur nutzen, um bestehende Strukturen und Dienste zu verbessern - die Private Cloud solle laut HP und ITDZ Berlin auch zur hoch-sicheren Infrastruktur für die neuen Services werden. „Deshalb haben die Berliner IT-Spezialisten gemeinsam mit HP ein Konzept erarbeitet, wie sich die Private Cloud und die in ihr gespeicherten, privaten Daten der Berliner Bürger besonders gut schützen lassen", sagt HP.
Cloud läuft über 1000 Kilometer Glasfasernetz
Die Bereitstellung von Services aus der Private Cloud erfolgt über ein eigenes, vom Internet unabhängiges Glasfasernetz, das 1000 Kilometer lange „Berliner Landesnetz". Das dem Projekt „Go Berlin" zu Grunde liegende Sicherheitskonzept sei sogar so gut, dass „Go Berlin" vom Bundeswirtschaftsministerium für eine Förderung im Rahmen der Initiative „Trusted Cloud" ausgewählt worden sei, heißt es.
Die Lieferung des Cloudsystems ist bereits der zweite Auftrag, den das ITDZ Berlin an HP vergibt: Das öffentliche Unternehmen hatte sich 2011 schon einmal für HP entschieden, als es um die Umsetzung einer Teststellung ging: In deren Rahmen prüfte das ITDZ Berlin Sinn und Nutzen des Private-Cloud-Betriebs. Schon damals setzte sich HP in einem Ausschreibungsverfahren gegen mehrere Wettbewerber durch und lieferte anschließend Hard- und Software sowie Beratungsleistungen.