Sie gründen einen Bachelor-Studiengang Informatik und Wirtschaft für Frauen. Warum?
Weber-Wulff: Nach wie vor herrscht in der Wirtschaft Frauenmangel in IT und Ingenieurwesen. Deshalb haben der Dekan und ich uns hingesetzt und uns gefragt: Wo bleiben die Frauen? Unsere These lautet: Das Studium muss familiengerechter werden.
Wie wollen Sie das erreichen?
Weber-Wulff: Wir wollen für diesen Studiengang neuartige Studien- und Prüfungsordnungen schaffen. Zum Beispiel liegen unsere Prüfungszeiten mitten in den Schulferien. Da habe ich auch selbst schon Ärger mit meinem 17-jährigen Sohn bekommen! (lacht) Wir versuchen auch, eine eigene Kindertagesstätte auf die Beine zu stellen. Es geht um mehr Flexibilität.
Nutzen Sie dabei moderne Kommunikationsmittel?
Weber-Wulff: Auf jeden Fall. Das ist ein weiteres Glanzlicht in der Studienordnung: Wir wollen mehr Lehrstoff über E-Learning anbieten. Dann sind die Studentinnen unabhängiger von festen Kinderbetreuungszeiten.
Warum soll das nur für Frauen gelten?
Weber-Wulff: Soll es gar nicht. Mein Traum wäre, eine solche Studienordnung auch auf andere Studiengänge zu übertragen. Vielleicht klappt das, wenn wir mit dem Frauenstudiengang Erfolg haben.
Wann gilt der Frauenstudiengang als Erfolg?
Weber-Wulff: Wenn viele Studentinnen ein Jahr nach dem ersten Durchlauf einen Job haben. Ich könnte jetzt sagen: 80 Prozent. Aber diese Zahl möchte ich nicht in Stein meißeln. Wir wissen aber aus einem vergleichbaren Studiengang in Bremen - dort gibt es Medieninformatik für Frauen - dass ein solches Modell sehr erfolgreich laufen kann.
Es geht Ihnen mit dem Frauenstudiengang also mehr um einen Blick in die Zukunft als um Klagen über Diskriminierung.
Weber-Wulff: Leider fallen immer noch dumme Sprüche, auch bei den jungen Studenten. Bis geschlechtsspezifische Benachteiligung von Mädchen und Frauen abgebaut ist, gibt es immer noch viel zu tun. Aber es stimmt schon: Wir denken vor allem daran, dass der Fachkräftemangel in Zukunft ein erhebliches Problem darstellt und Frauen schon daher schlicht und einfach gebraucht werden.
Fehlen den heranwachsenden Mädchen weibliche Vorbilder?
Weber-Wulff: Nicht nur die Vorbilder. Sie haben nach wie vor ein falsches Bild von der IT und glauben, da hockten lauter Nerds, die vor sich hinprogrammieren und mit dem richtigen Leben nichts zu tun haben. Das Faszinierende: Wenn die Mädchen erst einmal verstanden haben, wie Praxis-nah das Entwickeln von Anwendungen ist, macht es ihnen richtig Spaß. Das wollen wir nutzen.
Debora Weber-Wulff ist Medieninformatik-Professorin und Prodekanin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin. Was halten Sie von der Idee eines Frauenstudiengangs Informatik? Beteiligen Sie sich an unserer Umfrage!