Die Presse ist voll davon: groß angekündigte Outsourcing-Projekte scheitern spektakulär, enttäuschte Kunden sprechen von "verhängnisvollen Fehlentscheidungen“ oder "katastrophaler Umsetzung“ durch die Dienstleister. Dabei handelt es sich nicht nur um kleine oder mittelgroße Deals - gerade die Auslagerungsabwicklung von Abteilungen oder Geschäftsprozessen renommierter Marktgrößen ist dem Anschein nach von Krisen und Fehlschlägen geprägt.
Weltweit geht der Wert der großen Auslagerungsdeals zurück. Wurden beispielsweise im ersten Halbjahr 2004 noch Verträge im Wert von rund 26,4 Milliarden Euro abgeschlossen, sind es Markterhebungen zufolge in 2005 nur noch 22,8 Milliarden Euro; die Tendenz: weiter fallend. Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung in den USA – Marktforscher wollen sogar einen "Trend zum Insourcing“ erkennen. In Europa dagegen stagniert der Markt eher.
Spektakuläre Patzer im Brennpunkt
Kein Wunder, denn der Ruf des Outsourcing leidet unter öffentlichkeitswirksamen Patzern. So berichtet der Deutsche Ring beispielsweise in den Medien, sein Outsourcing-Partner habe in den Verträgen so ungenau formuliert, dass er die erbrachten Services gleich mehrfach abrechnen konnte. Zudem habe es Probleme bei der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen gegeben. Die Verkehrsbank begründet ebenfalls öffentlichkeitswirksam ihr Insourcing damit, dass der von ihr beauftragte Dienstleister keine passende Antwort auf die veränderten Geschäftstätigkeiten des Unternehmens hatte. Gleich 65 Verstöße gegen Vertragsvereinbarungen listete auch die US-amerikanische Kaufhauskette Sears im Frühjahr 2005 vor Gericht auf, um den Auflösungsvertrag mit ihrem Outsourcing-Partner zu untermauern.
Outsourcing ist nur so gut wie sein Anbieter
So ist es nur zu verständlich, dass der CIO es sich heute zwei Mal überlegt, ob er sich wirklich auf ein solches Projekt einlassen soll: Einerseits verspricht das Outsourcing zwar deutliche Effizienzverbesserungen in den Abläufen und beachtliche Kosteneinsparungen, andererseits aber wird es ihn in der Implementierungsphase wahrscheinlich vorzeitig ergrauen lassen. Vielleicht scheitert es sogar gänzlich. Auf dem Papier ist die Lösung des Problems eigentlich ganz einfach: Nahezu alle Markterhebungen kommen zu dem Ergebnis, dass ein Outsourcing Projekt - in der Regel - so gut oder eben so schlecht ist, wie der Dienstleister, der es anbietet.
Was macht einen guten Anbieter aus?
Für den CIO bedeutet das, dass er sich eigentlich “nur“ auf die Suche nach einem guten Anbieter machen sollte. Fragt sich, wie man einen solchen definiert und in der Vielfalt der Angebote auch findet. Dabei empfiehlt es sich beispielsweise, die häufigsten Gründe für das Scheitern eines Projektes als Basis zu nehmen und die Bewerber dahin gehend abzuklopfen. Ein Querschnitt aus aktuellen Marktstudien sowie aktuelle Befragungen unter Outsourcing-Kunden ortet die fünf häufigsten Vorbehalte gegen das Auslagern von Geschäftsprozessen an folgenden Stellen:
1. Weit über die Hälfte der deutschen Unternehmer fürchten einen hohen Steuerungsaufwand des Outsourcing.
Problem: In vielen Fällen erweist sich der Management-Aufwand zur Organisation und Steuerung des Projektes für den CIO sehr viel höher, als sie ursprünglich erwartet hatten. Denn, so das leidvolle Fazit so manch eines Befragten, kaum wären die Verträge unter Dach und Fach, legen die Outsourcing-Dienstleister auch schon die Hände in den Schoß. Ergo: Der Kunde beruft eine Kontrollmannschaft ein, die dem Outsourcer regelmäßig über die Schulter schaut. Das kostet Geld, Zeit und Nerven.
Lösung: Besonders wichtig für den CIO ist es daher, bereits vor Vertragsabschluss einen Partner auszuwählen, der die Verantwortlichkeiten und das Service Management eindeutig mit ihm zusammen erarbeiten, formulieren - und letztendlich auch erfüllen kann. Im Vertrag sollte daher nicht nur die Gewährleistung eines reibungslosen Betriebs festgelegt werden, sondern auch klare Definitionen des Potenzials für Prozessverbesserungen und Innovationen. Es ist selbstverständlich, dass ein professioneller Partner die Aufgaben als "Bringschuld“ betrachtet - ohne dazu erst nachdrücklich vom Kunden aufgefordert werden zu müssen. Der Outsourcing-Partner sollte daher über eine eigene, erfahrene Service-Management-Mannschaft verfügen und keine vordefinierten Pauschalangebote, sondern individualisierte Governance Modelle anbieten können.
2. Ebenso viele hegen Befürchtungen hinsichtlich des Mitarbeiterübergangs.
Problem: Das Auslagern von Geschäftsbereichen bringt immer Veränderungen - auch und besonders im personellen Umfeld - mit sich. Mitarbeiter müssen sich umstellen - entweder weil sie neue Aufgaben zugewiesen bekommen oder weil sie einem anderen Arbeitgeber unterstehen. Schon im Vorfeld - eigentlich ab dem Zeitpunkt, an dem die ersten Gerüchte über ein bevorstehendes Outsourcing in der Firma die Runde gemacht haben - bauen sich Ängste bei Mitarbeitern und Managern auf, die oft den reibungslosen Ablauf eines Projektes stören können. Kurz: die Moral der Truppe leidet - und darunter leidet oft das gesamte Projekt.
Lösung: Dieses Problem wird von vielen Anbietern zu sehr auf die leichte Schulter genommen. Doch die Mitarbeiter sind das beste Kapital eines Unternehmens - daher muss von Anfang an dafür Sorge getragen werden, dass die Kollegen über den Ablauf, die Konsequenzen und die Ergebnisse des Projekts kontinuierlich auf dem Laufenden gehalten und unberechtigte Ängste zerstreut werden. Ein Plan für die sorgfältige Integration und Förderung der Mitarbeiter gehört daher als fester Bestandteil des Projektes in die Abwicklung eingebunden. Typischerweise kann das von Seiten eines professionellen Outsourcers über ein frühzeitiges Einbinden des Betriebsrats, Informationsveranstaltungen, individuelle Einzelberatungen mit den Mitarbeitern und regelmäßige Newsletter erfolgen.
3. Etwa 40 Prozent fürchten um die Qualität im Unternehmen.
Problem: Unternehmer wie CIOs gleichermaßen fürchten, dass durch das Outsourcing die Qualität des ausgelagerten Services - und dadurch auch der gesamten Abläufe in ihrem Unternehmen sowie bestimmter Produkte oder Dienstleistungen - leiden könnte. Zu der Angst vor Kontrollverlust kommen oft noch Befürchtungen hinsichtlich der mangelhaften Diskretion hinzu.
Lösung: Natürlich verlässt sich bei diesem Problem kein CIO auf die reinen Lippenbekenntnisse eines potenziellen Outsourcing-Partners. Schließlich hat die Qualität der IT Services Auswirkungen auf die Kernprozesse im Unternehmen. Deshalb ist auch für dieses Kriterium bereits die Vertragsformulierung von essentieller Bedeutung. Faire Leistungsspezifikationen und individuelle Ausarbeitung von Service Level Agreements sind nur das Grundgerüst: Mindestens ebenso notwendig ist die Aufnahme von Kontrollvereinbarungen in den Vertrag.
Besonders wichtig bei der Auswahl eines Partners kann für die Qualitätssicherstellung ein Blick auf die Referenzkundenliste des Anbieters sein: Stammen die Kunden aus einer ähnlichen Branche wie mein Unternehmen? Sind deren Beurteilungen auch auf meine Anforderungen übertragbar? Selbstverständlich empfiehlt sich hier auch eine kurze Recherche – eventuell bei den einschlägigen Fachmedien. Im Idealfall verfügt der Anbieter über langjährige Erfahrung in der Beratung, Entwicklung, Wartung, Unterstützung, Verbesserung und Weiterentwicklung von Applikationen und Infrastruktur und beschäftigt interdisziplinäre Teams, die über die nötige Branchenkompetenz verfügen, die Business-Relevanz der IT Systeme für den Kunden richtig einzuschätzen.
4. Genau so viele gehen davon aus, dass durch Auslagerungsprozesse die Transparenz der Abläufe verloren gehen kann.
Problem: Ist ein Projekt komplex, so klagen viele Kunden, geht die Transparenz der Abläufe ganz schnell verloren. Niemand scheint mehr so recht zu wissen, was ursprünglich einmal vereinbart war, die Verantwortung für Fehler oder Schwächen wird von einer Stelle zur anderen geschoben und Kosten entstehen quasi aus dem Nichts. Kaum ein Faktor trägt so außenwirksam zum Unmut eines Kunden bei, wie fehlende Transparenz. Schließlich zieht sie eine Kettenreaktion nach sich: Ist der Dienstleister nicht in der Lage, für Zeit- oder Kostenüberschreitungen Erklärungen zu liefern, ist auch der CIO, der schließlich an seine Vorstandskollegen berichtet, in tausend Nöten.
Lösung: Ein Outsourcing-Dienstleister hat viele gute Möglichkeiten, die Transparenz eines Projektes zu gewährleisten. Zum einen durch eine saubere, professionelle Dokumentation. Dabei lautet das erste Gebot: Verständlichkeit. Nichts ist ärgerlicher, als verklausulierte Vereinbarungen, mit Fachkauderwelsch gespickte Zusätze und Verwirrendes im Kleingedruckten. Sie ist das Werkzeug, das es dem CIO erlaubt, auch den Vorstandskollegen, die nicht so tief in der Materie eingearbeitet sind, zu berichten, wie der aktuelle Stand des Projektes ist. Wichtig ist zudem, dass die Kommunikation der vom Outsourcing betroffenen Abteilungen untereinander - und mit dem Dienstleister - sachlich und verständlich funktioniert. Missverständnisse werden so weitestgehend ausgeschlossen.
5. Etwa jeder Dritte Unternehmer in Deutschland fürchtet den Know-how Verlust im eigenen Unternehmen.
Problem: "Wenn diese Abteilung aus meinem Unternehmen ausgelagert wird, verschwindet damit auch das entsprechende Know-how aus dem Betrieb“, so zumindest lautet die Befürchtung von rund einem Drittel der Unternehmer. Know-how ist und bleibt aber im Ansehen aller Branchen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Niemand mag sich also davon trennen.
Lösung: Hier trennt sich im Outsourcing-Markt die Spreu vom Weizen: Viele Dienstleister versprechen, dass sich durch das Projekt am Know-how des Unternehmens nichts ändert. So manch einer von ihnen hält dieses Versprechen sogar. Wirklich professionell sind allerdings nur die Outsourcing-Partner, die nicht nur das Know-how im Unternehmen halten, sondern auch verbessern und steigern können. Sei es durch eine professionelle Beratermannschaft, die kontinuierlich zur Verfügung steht, durch Schulungen - beispielsweise zum Thema Best Practices - oder sogar durch ein international geknüpftes Netzwerk an Experten, das dem Kunden jederzeit zugänglich ist.
Noch eine Bemerkung zum Schluss: Fest steht, dass gerade in der Anfangsphase des Outsourcing-Trends entscheidende Fehler gemacht wurden. Besonders, wenn es sich bei den Geschäftspartnern um allgemein bekannte Marktgrößen handelte, lagen die Deals natürlich unter der Lupe: Jeder sieht hier genau hin, um eventuell Rückschlüsse für ein eigenes Projekt zu ziehen. In so manchem Fall erweist sich die Lupe allerdings eher als Brennglas: Statt die gesamte Branchenentwicklung zu beobachten, konzentriert man sich auf die spektakulären und medienwirksamen Einzelfälle. So gelten für viele Unternehmer die geplatzten Deals als meinungsbildend, während die Mehrheit der Outsourcing-Projekte anfangs vielleicht mühsam und verbesserungsfähig, im Endeffekt aber erfolgreich sind.
Bardo Racky ist Vice President Outsourcing bei Capgemini Central Europe.