Die Idee klingt gut: Jeder, egal wie arm oder reich, hat Anspruch auf ein eigenes Girokonto, die Bank darf keinen Kunden abweisen. Seit 2016 gibt es in Deutschland das sogenannte Basiskonto. Aber bei der Deutschen Bank kostet die Kontoführung bisher 8,99 Euro im Monat - für den Bundesgerichtshof (BGH) Grund genug einzuschreiten. Verbraucherschützer sehen nach dem Karlsruher Urteil vom Dienstag trotzdem noch Handlungsbedarf. (Az. XI ZR 119/19)
Ein Basiskonto - was ist das genau?
Menschen ohne geregeltes Einkommen haben Schwierigkeiten, ein normales Konto zu eröffnen. Und ohne Konto ist es schwer, eine Wohnung zu finden oder eine Arbeitsstelle. Das Basiskonto soll auch Sozialhilfeempfängern, Obdachlosen oder Geflüchteten offenstehen. Sie können darüber alle grundlegenden Bankgeschäfte abwickeln: Geld einzahlen und abheben, Überweisungen veranlassen, mit Karte bezahlen. Das Besondere ist, dass die Bank den Antrag auf Eröffnung nur in sehr wenigen Ausnahmefällen ablehnen darf. Der Kunde muss keinen Wohnsitz angemeldet haben. Es reicht, wenn er eine Kontaktadresse angibt, zum Beispiel von Angehörigen, Freunden oder einer Beratungsstelle.
Darf die Bank sich das Konto bezahlen lassen?
Das darf sie. Das Basiskonto muss nicht kostenlos sein. Im Gesetz steht nur, dass das Entgelt für die Dienste "angemessen" sein muss. Und: "Für die Beurteilung der Angemessenheit sind insbesondere die marktüblichen Entgelte sowie das Nutzerverhalten zu berücksichtigen." Das bedeutet, dass im Zweifelsfall die Gerichte entscheiden müssen. Auch die Finanzaufsicht Bafin kann Banken anweisen, unangemessen hohe Gebühren zu senken. Den Verbraucherzentralen geht das schon länger nicht weit genug: Sie befürchten, dass Menschen, denen eigentlich ein Basiskonto zusteht, es sich am Ende schlicht nicht leisten können.
Wie viel Geld verlangen die Banken?
Das ist sehr unterschiedlich. Die Stiftung Warentest hat aber festgestellt, dass die Basiskonten seit einer ersten Untersuchung 2017 unterm Strich teurer geworden sind. Zum Stichtag 1. Oktober 2019 boten von 124 untersuchten Banken nur zwei das Basiskonto gratis an. Bei den teuersten Banken musste der Kunde in der Modellrechnung mehr als 200 Euro im Jahr für das Konto und seine Transaktionen bezahlen. Die Deutsche Bank, um die es jetzt in Karlsruhe ging, ist also kein Einzelfall. Dort fielen bisher zum Monatspreis von 8,99 Euro noch Extra-Kosten an, wenn der Kunde die Hilfe eines Mitarbeiters benötigt - zum Beispiel pro Überweisung 1,50 Euro zusätzlich.
Wie rechtfertigen die Banken diese Preise?
Die Deutsche Bank hat im Prozess vorgerechnet, dass die Kontogebühr ziemlich genau den eigenen Kosten entspreche. Nach Darstellung des Geldhauses sind die Formalitäten bei der Eröffnung des Kontos und der Umgang mit der speziellen Kundengruppe mit überdurchschnittlich viel Aufwand verbunden. Außerdem gebe es höhere Risiken: Beim Basiskonto müssten die Mitarbeiter ganz besonders darauf achten, dass es nicht zur Geldwäsche oder Terrorfinanzierung missbraucht werde.
Was hat der BGH jetzt entschieden?
Die Deutsche Bank muss den Preis für ihr Basiskonto senken - die Klauseln benachteiligten betroffene Kunden unangemessen. Wer auf eine konkrete Zahl aus Karlsruhe gehofft hatte, wird allerdings enttäuscht. Die Richter stellen lediglich klar, dass Banken den Mehraufwand für die Führung der Basiskonten nicht allein deren Inhabern aufbrummen dürfen. Er muss also über das gesamte Kundengeschäft gegenfinanziert werden. Die Deutsche Bank will die Vorgaben "selbstverständlich umgehend umsetzen". Wie das aussehen soll und wie viele Konten betroffen sind, ließ das Geldhaus offen.
Was bedeutet das Urteil für Verbraucher?
Bei einigen Banken dürfte das Basiskonto billiger werden. Urteile des BGH haben Grundsatzcharakter. Also müssen auch andere Geldhäuser, die wie die Deutsche Bank kalkuliert haben, ihre Preise überarbeiten. Tun sie das nicht aus freien Stücken, würde im Zweifel aber wohl nur eine Klage helfen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband, der das Urteil erstritten hat, fordert deshalb eine Nachbesserung im Gesetz. Auch der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold meint: "Das grundlegende Problem hat das Gericht nicht gelöst und konnte es nicht lösen." Wenn Deutschland die EU-weiten Vorgaben zum Basiskonto nicht einhalte, müsse die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. (dpa/rs)