SaaS wird auch in Großunternehmen immer beliebter

BI-Trend mit eingebauten Bremsen

10.05.2010 von Werner Kurzlechner
Analysten erkennen in BI auf SaaS-Basis sogar einen kleinen Boom. Mehr als ein Nischenmarkt werden die BI-Angebote auf kostengünstiger Leihbasis zwar auch in den kommenden Jahren nicht sein. Aber immerhin sind sie inzwischen auch für manches Großunternehmen attraktiv.

Die Kinderkrankheiten von Software-as-a-Service (SaaS) scheinen im Bereich Business Intelligence (BI) ausgeheilt. Mängel in Sachen Zuverlässigkeit und Sicherheit stehen der Leihsoftware also nicht mehr im Weg – und so sehen die Branchenkenner aus den Häusern IDC und Forrester sogar einen Trend für die kommenden Jahre. Allerdings ist SaaS-BI längst nicht für jedes Unternehmen eine Alternative.

Die klassische Zielgruppe in diesem Segment sind kleine und mittlere Unternehmen. SaaS-Angebote erlauben eine BI-Nutzung, ohne eine eigene IT vorhalten zu müssen. „Mittelständler haben ähnliche Anforderungen an Integration, Reporting und die Analyse von Daten aus einer Vielzahl von Quellen wie Konzerne, aber sie verfügen weder über das nötige Personal noch über die Infrastruktur“, schrieben die Marktforscher von Gartner bereits vor zwei Jahren. Daran hat sich ebenso wenig geändert wie an dem Umstand, dass sich Mittelständler in häufig in volatilen Business-Zyklen befinden: Die Erträge schnellen ebenso rasch in die Höhe wie sie einbrechen.

Jüngeren Datums ist die zunehmende Attraktivität von SaaS-Lösungen auch in größeren Unternehmen. Trotz der zu erwartenden Kosteneinsparungen und der schnellen Implementierung heißt das aber nur selten, dass Großunternehmen komplett auf On-Demand-BI setzen. Stattdessen ergänzen SaaS-Services immer öfter punktuell die vorhandene Unternehmens-BI. Forrester nennt in einer aktuellen Studie das Beispiel einer Handelsfirma, die 90 Prozent ihres Umsatzes während der Weihnachtsferien macht. Gezielt für die Stoßzeiten kauft das Unternehmen die Dienste eines SaaS-Anbieters ein.

Mehrere Erwägungen erschweren die Nutzung von SaaS-Angeboten. Ein Unternehmen, das bereits über eine Vielzahl an maßgeschneiderten Anwendungen und Daten-Modellen verfügt, wird seine Investitionen in diesem Bereich als „sunk costs“ verbuchen. Die Einsparungen an Zeit und Geld, die Leihsoftware verspricht, sind in diesem Fall kaum zu realisieren. Die Aufbereitung und Bereinigung der vorhandenen Daten für ein BI-Projekt wäre nach Einschätzung von Forrester derart aufwendig, dass die Entwicklung einer hauseigenen BI-Plattform als leicht gangbarer letzter Schritt erscheint.

Eine entscheidende Rolle spielt die Frage nach dem Analyse-Bedarf eines Unternehmens. Wer lediglich an der Erstellung von Berichten und Dashboards interessiert, wird bei den Anbietern von Leihsoftware unter Umständen fündig. Wer Extras wie Text-Analyse oder Ad-hoc-Abfragen einsetzen will, ist tendenziell ein Kandidat für eine eigene BI-Lösung.

Plan B sollte immer in der Schublade liegen

Weitere Risiken bestehen im SaaS-Segment etwa in Sachen Sicherheit. Damit sind inzwischen nicht mehr unbedingt technologische Defizite. Aber ein Geschäftsmodell, bei dem Daten außer Haus gegeben werden, ist nie risikolos. Und es gilt, genau auf die Einhaltung von Compliance-Anforderung zu achten. Forrester rät auch dringend zu einem Plan B, falls der Anbieter vom Markt verschwindet – wie es im vergangenen mit dem Startup LucidEra der Fall war. Neben Dutzenden reiner SaaS-Spezialisten gibt es mittlerweile auch von BI-Riesen wie Oracle SaaS-Angebote, die möglicherweise den gewünschten Mix aus Kostensenkung und Zuverlässigkeit bieten.

Erfolgsbeispiele aus der Praxis sind mittlerweile für SaaS-BI in jedem Fall vorhanden. Unsere Schwesterpublikation CIO.com veröffentlichte unlängst einige davon. Mit dem Marmeladen- und Safthersteller Welch’s stieg etwa ein großes Unternehmen mit 654 Millionen US-Dollar Jahresumsatz erfolgreich auf SaaS-BI um. „Wir sammeln im wesentlichen jedes Element – von den Kundenbestellungen über die Rechnungen für sämtliche Lieferungen bis hin zu jedem Daten-Detail jeder Rechnung, die wir zahlen“, berichtet Bill Coyne, verantwortlich für Einkauf und Logistik bei Welch’s. Alle Informationen wandern in ein zentrales Data Warehouse. Dort kann sie das Unternehmen nach Bedarf aufbereiten und vergleichen, was bei der Vorgängerlösung nicht problemlos möglich war. Erst durch die neu genutzte Datenanalyse war das Unternehmen in der Lage, eines seiner Dauerärgernisse zu entschärfen: die Auftragsballung an Freitagen.

Ebenfalls gute Erfahrungen macht die Distribution Market Advantage (DMA), eine Einkaufsgenossenschaft für Lebensmittel in den USA. Gegen eine hauseigene BI sprach in diesem Fall, dass der Bedarf an Reporting und Analyse bei dem DMA eher gering ist. Das gilt allerdings nicht für die Kunden, die von DMA jetzt dank SaaS-BI mit den benötigten Informationen versorgt werden können. Außerdem ermöglichte die BI-Lösung der Genossenschaft, Sparpotenziale in der Lieferkette aufzuspüren – mit diesen wenigen Funktionalitäten ist DMA nach eigenem Ermessen bestens bedient.