Auch Big Data ist eine Herausforderung, die vor allem schlau angegangen werden muss. Es kommt für den Erfolg nicht darauf an, am meisten zu investieren, sondern klug die benötigte Software auszuwählen. Das zeigt eine aktuelle Studie des Barc-Instituts, für die Entscheider aus der DACH-Region, Frankreich und Großbritannien befragt wurden.
Vor allem auch scheint Big Data eine Organisationsfrage zu sein. Am besten schneiden bei der Analyse großer und vielfältiger Datenmengen jene Firmen ab, die diese Aufgabe in einem speziellen Team für Business Intelligence (BI) oder einem BI Competence Center (BICC) angesiedelt haben. „Besonders erfolgreich sind Unternehmen, die das Thema Big Data strukturell in einem BICC verankert haben“, heißt es in der Studie. „Besonders schlecht gehen Unternehmen mit ihren Daten um, wenn der einzelne Fachbereich sich darum kümmert.“
Hoheit zu oft bei den Fachbereichen
Leider ist genau das insbesondere hierzulande der Fall. Ein Fünftel der Befragten aus der Deutschland, Österreich und der Schweiz gaben an, die Hoheit über Big Data liege bei einzelnen Fachbereichen. Im Gesamtdurchschnitt ist dies nur in 16 Prozent der Firmen Fall, in Frankreich sogar nur in 5 Prozent.
Auf das Erfolgsmodell einer kompetenten Verankerung setzen demgegenüber 59 Prozent der britischen Firmen. Deutschland, Österreich und die Schweiz sind mit einem Anteil von nur 43 Prozent Schlusslicht. In Frankreich liegt der Anteil bei 45 Prozent. In 23 Prozent der Unternehmen aus der DACH-Region ist die IT-Abteilung insgesamt zuständig.
Der Befund scheint also zunächst eindeutig: Die Briten machen es richtig, die deutschsprachigen Unternehmen hingegen überlassen suboptimal zu viel Terrain den Fachbereichen. Scheinbar wird dieses Ergebnis aber durch ein anderes Studienresultat relativiert, das die DACH-Anwender in ein günstiges Licht taucht. Dies dürfte aber nahezu ausschließlich der Studienkomposition geschuldet sein.
Diese unterscheidet nämlich zwischen „Best-in-Class“-Firmen, Durchschnitt und Nachzüglern – eine naheliegende Differenzierung, wenn man die Kriterien für Erfolg beleuchten will. Zunächst eigenartigerweise ist der Anteil der Top-Firmen mit einem Drittel nirgends so hoch wie in der DACH-Region; ausgerechnet in Großbritannien liegt er hingegen nur bei 27 Prozent. Ein tolles Ergebnis für die hiesigen Unternehmen, denkt man zunächst. Richtig ist wohl eher das genaue Gegenteil.
5 Kriterien für Erfolg bei Big Data
Denn in der Studie sind die „Best-In-Class“-Firmen per Selbsteinschätzung ermittelt. Als besonders erfolgreich gelten diejenigen Unternehmen, die von sich selbst sagen, sie nutzten ihre Daten besser als die Wettbewerber. Selbst wenn diese Einschätzung summa summarum die Wirklichkeit treffend abbilden sollte, gibt es eine Unschärfe: Denn die Wettbewerber der britischen Firmen dürften vermehrt jene Firmen sein, die ebenfalls Big Data in einem BICC organisiert haben, während in DACH ein absolut betrachtet niedrigeres Niveau für ein vergleichsweise gutes Abschneiden ausreichen sollte. Als Ruhmesblatt sollten die hiesigen Anwender die Barc-Studie also besser nicht interpretieren.
Lehrreicher als dieser Ländervergleich dürften ohnehin die fünf Kennzeichen der Klassenbesten insgesamt sein, die die Studie ermittelt:
-
Erstens die organisatorische Verankerung von Big Data in einem BICC
-
Zweitens der breite Einsatz von Big Data in unterschiedlichen Unternehmensbereichen
-
Drittens die stärkere Nutzung von unstrukturierten Daten und Daten aus Social Media-Kanälen
-
Viertens die höhere Datenaktualität
-
Fünftens die Nutzung spezieller Big Data-Werkzeuge.
In jedem Fall geben die Klassenbesten nicht mehr Geld für Big Data aus als andere Unternehmen. „Die Mittel werden nur anders und wahrscheinlich auch effizienter eingesetzt“, schreiben die Studienautoren. Eine dezidierte Big Data-Strategie haben derzeit nur 14 Prozent der gut 270 Firmen entwickelt, die Barc befragt hat. 23 Prozent planen die Einführung einer derartigen Strategie. „Gleichwohl ist eine Big-Data-Strategie allein keine Garantie für einen besseren Umgang mit den Unternehmensdaten“, warnt Barc.
Schon heute sei eine breite Nutzung von Big Data über alle Unternehmensbereiche hinweg festzustellen, heißt es weiter in der Studie. 24 Prozent der Unternehmen setzen Big Data-Technologien im Controlling ein, 19 Prozent im Marketing, 18 Prozent in der IT-Abteilung und im Vertrieb sowie 17 Prozent in der Produktion. „Vorteile versprechen sich Unternehmen vor allem für strategische Unternehmensentscheidungen und die Verbesserung operativer Prozesse“, kommentiert Barc: „Ein weiter Bogen.“
Social Media-Potenzial liegt brach
55 Prozent der Nutzer analysieren Log-Daten, 44 Prozent Sensorik-Daten und zwei Fünftel unstrukturierte Daten. „Das weitaus größte Potenzial existiert im Bereich Social-Media-Daten“, so die Studienautoren. „Es arbeiten zwar derzeit nur 14 Prozent der befragten Unternehmen damit, ihre Nutzung steht aber bei weiteren 50 Prozent auf der Agenda.“ 36 Prozent der Firmen planen künftig den Einsatz spezieller Big-Data-Werkzeuge wie analytische Datenbanken, Big Data Appliances, Hadoop File System und Streaming-Datenbanken. Investieren wollen sogar 38 Prozent der kleinen und 41 Prozent der mittelgroßen Unternehmen.
„Die Hauptprobleme beim Einsatz von Big Data ergeben sich aus fehlendem Wissen“, heißt es in der Studie. Das betrifft in jeweils rund 45 Prozent der Firmen sowohl technisches als auch fachliches Know-how. Daneben sind fehlende überzeugende Einsatzszenarien, technische Probleme und Kosten Schwierigkeiten, die jeweils von mehr als einem Drittel der Befragten genannt werden.
Die größten Treiber für Big Data
Zu den größten Treibern für Big Data zählen bessere oder neue Daten-Analysemöglichkeiten mit 75 Prozent, größere Datenvolumen mit 72 Prozent, polystrukturierte Datenquellen mit 66 Prozent sowie eine höhere Datenaktualität mit 43 Prozent. Hinsichtlich größerer Datenvolumen erwarten 49 Prozent der Unternehmen ein Datenwachstum von über 25 Prozent im kommenden Jahr.
Die Studie „Big Data Survey Europe“ ist bei Barc erhältlich.