Nur wenige Tage brauchte der Autozulieferer Eberspächer aus Esslingen bei Stuttgart, um Linux auf einem Großrechner zum Laufen zu bringen. Vor einem Jahr setzte der Hersteller von Katalysatoren, Schalldämpfern und Fahrzeugheizungen in seinem Rechenzentrum in Neunkirchen/Saar als eines der ersten Unternehmen in Deutschland SAP R/3 auf dem Mainframe unter Linux ein. Damals bestand das größte Problem für die Verantwortlichen darin, dass es nur wenige Ansprechpartner gab, bei denen sie sich Rat holen konnten. Dennoch war Theo Krämer, Leiter des Rechenzentrums, positiv überrascht: "Die Einführung verlief erstaunlich reibungslos."
Krämer wollte die Betriebskosten des IBM-Mainframe Z-900 deutlich senken. Dazu musste er den Verbrauch von Prozessorressourcen im Systemumfeld des IBMBetriebssystems z/OS verringern. Anfangs setze er dazu die Millenux-Linux-Distribution um, weil sie damals als einzige 64-Bit-Prozessoren unterstützte. Als Suse nachgezogen hatte, wechselte man zum Nürnberger Distributor. Zunächst ließ Krämer den SAP-Application-Server unter Linux (Linux/390) im Test und anschließend auch produktiv laufen, denn die Antwortzeiten waren gut, und das System lief stabil. Ausfälle kann sich Eberspächer - Umsatz 1,6 Milliarden Euro, 5000 Mitarbeiter, 23 Gesellschaften in zwölf Ländern - nicht leisten. "Der Großrechner muss rund um die Uhr verfügbar sein", betont Krämer.
Application-Server zuerst umstellen
Zur Sicherheit betreibt Eberspächer den ApplicationServer weiterhin parallel unter dem alten IBM-Betriebssystem (z/OS). Doch Ende April soll auch damit Schluss sein: Dann sollen drei der vier Mainframe-Prozessoren mit Linux arbeiten, der Application-Server nur noch auf dem freien Betriebssystem laufen. "Nach unseren Messungen verbraucht Linux im R/3-Betrieb gegenüber dem alten Betriebssystem rund 15 Prozent weniger Ressourcen", bilanziert Krämer. "Bei den Lizenzkosten sparen wir mit Linux jetzt 40 Prozent."
Ginge es nach Krämer, könnten die Ersparnisse noch höher liegen. So kostet die Wartung für drei Prozessoren laut Suse-Listenpreis 39000 Euro pro Jahr. Auch technische Gründe verhindern derzeit höhere Einsparungen, weil sich das Altbetriebssystem nicht völlig ablösen lässt. Während Linux prozessorintensive Arbeiten verrichtet, laufen die datenintensiven Anwendungen der IBMDatenbank (DB2) weiterhin auf dem Altsystem.
Es fehlt eine Linux-Datenbank
Das liegt daran, dass SAP das R/3-System nicht für die Zusammenarbeit mit der IBM-Datenbank unter Linux zertifiziert hat; Bestrebungen von SAP sind auch nicht zu erkennen. "Andererseits gibt es noch keine ausgereiften und zertifizierten Linux-Datenverwaltungsprogramme", sagt Krämer. Bislang fehlt es an Ersatz für die hochgradig automatisierte Datenverwaltung und -sicherung des Altsystems. "Da besitzt IBM mit z/OS noch einige Jahre Vorsprung."
Dagegen hat sich Open Source Software (OSS) bei Servern schon lange etabliert. So löste das OSS-ServerProgramm Samba in Esslingen die Novell- und Windows-NT-Server ab. Damit konsolidierte Eberspächer nicht nur seine Datenlandschaft, sondern auch die ServerStruktur. Die Server-Zahl sank, der Wartungsaufwand verringerte sich, weil nun die Daten der Druck- und File-Server unter Samba verwaltet werden. Außerdem entfielen Lizenzkosten für die Software. "Unter dem alten Mainframe-Betriebssystem hätte allein der Betrieb des Drucker-Servers pro Jahr etwa 50000 Euro extra gekostet, unter Linux ist die Software CUPS kostenfrei", rechnet Krämer.
Der Wartungsaufwand verringerte sich auch bei einer weiteren Linux-Anwendung. Der Mainframe dient unter Linux auch als Boot-Server für 120 abgespeckte Rechner (Thin Clients) mit SAP-Bedieneroberfläche und 80 angeschlossene Drucker in den Fertigungshallen. Weil alle 120 Netzwerkrechner auf dem Großrechner arbeiten und dort zentral ihre Daten ablegen und abholen, müssen die IT-Mitarbeiter im Neunkirchener Rechenzentrum bei Saarbrücken Änderungen am Programm nur noch am Mainframe vornehmen und nicht mehr an jedem Client einzeln in den Werkhallen. Nicht nur wegen der Unix- und Mainframe-Erfahrungen bei Eberspächer seit Anfang der 70er-Jahre macht sich Krämer um das Linux-Know-how seiner Mitarbeiter keine Sorgen. In vielen Bewerbungsgesprächen macht er die Erfahrung: "Uni-Absolventen fühlen sich bei Linux zu Hause, z/OS kennen die meisten leider gar nicht mehr."
Deutlich einfachere Wartung
Auch die Investitionssicherheit bereitet Krämer keine schlaflosen Nächte. Letztlich überzeugten die Geschäftsführer neben der großen Kostenersparnis auch die breite Unterstützung von Linux durch Anbieter wie IBM, SAP oder Oracle. Selbst wenn Hard- und Software-Hersteller die freie Software nur noch mangelhaft unterstützen sollten, sieht er darin kein großes Problem: "Wir könnten jederzeit wieder kommerzielle Software einsetzen. Der Weg zurück geht immer." Aber Krämer ist sich ganz sicher: "Es wird kein Zurück geben."
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